Heute in der Presse:
Berggeschrey im Erzgebirge - Der lange Weg zum Bergwerk Von Martin Kloth, dpa
Der Goldrausch heißt im Erzgebirge Berggeschrey: Der Ansturm auf Bodenschätze erlebt dort aktuell die vierte Auflage. Aus fünf Dutzend Projekten ist bislang ein Bergwerk entstanden. In absehbarer Zeit könnten weitere in Betrieb gehen.
Schwarzenberg (dpa/sn) - Aufwändig, langwierig, kostspielig - aber im Idealfall auch ertragreich. Angetrieben von dem weltweit seit Jahren steigenden Bedarf an Rohstoffen erlebt das an Bodenschätzen immer noch reiche Erzgebirge eine Renaissance des Erzbergbaus. Seit 2006 wurden beim Sächsischen Oberbergamt in Freiberg 60 Vorhaben auf Erkundung, Errichtung und Betrieb neuer Bergwerke im Bereich Erz und Spat genehmigt, sagt Oberberghauptmann Bernhard Cramer im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Mit Stand vom 26. Juni gab es in Sachsen noch 16 genehmigte Erkundungen, drei weit fortgeschrittene Projekte sowie ein aktives Bergwerk. «Das ist der neue Bergbau-Hype, der sich global auf spezifische Erzlagerstätten ergeben hat», sagt Cramer. Es ist dies das vierte Berggeschrey seit den ersten Silberfunden im 12. Jahrhundert. Als Berggeschrey wird im Erzgebirge ähnlich dem Goldrausch in Amerika der Ansturm auf Bodenschätze bezeichnet.
Dass von einst 60 Projekten nur noch ein Drittel fortgeführt wird, ist für den Oberberghauptmann ganz normal. Bei vielen Unternehmen seien es nur kurzfristige Aktivitäten. «Die Guten bleiben.» Die weltweite Erfahrung besagt laut Cramer, dass auf 100 Projekte ein neues Bergwerk kommt. «Wir hatten jetzt 60, ein Bergwerk steht schon, zwei sind weit entwickelt», bilanziert er für Sachsen. Das neue Berggeschrey unterscheide sich jedoch sehr deutlich von den drei vorherigen, weil es erst ein Bergwerk gebe, sagt Cramer. «Wir werden hier nicht wieder 30 verschiedene Bergwerke im Erzgebirge in den nächsten 100 Jahren haben. Aber der Begriff an sich schlägt die Brücke zwischen dem, was war, und dem Versuch, wieder einen Anschluss herzustellen», betont er.
Das erste und derzeit einzige Untertagebergwerk in Sachsen seit 1992 ist die Grube Niederschlag nahe Oberwiesenthal. Dort wird Fluss- und Schwerspat abgebaut. Weitere aktive Bergwerke könnten im Schwarzenberger Ortsteil Pöhla für Zinn und Wolfram, in Zinnwald für Lithium und in Schleife im Landkreis Görlitz für Kupfer entstehen. «Diese drei Projekte haben ein Recht auf Errichtung und den Betrieb eines Bergwerks», sagt Cramer. In Pöhla erkundet das Unternehmen Saxony Minerals & Exploration AG (SME) aus Halsbrücke (Landkreis Mittelsachsen) seit Dezember 2016 das Erdreich. Der Erkundungsschacht hat fast die vorgesehene Tiefe von 175 Metern erreicht. Man sei dabei auf das erwartete Wolfram- und Flussspat-Lager gestoßen, so die SME. Schon 2012 hatte die Firma die Bewilligung für den Abbau von Wolfram, Zinn und Flussspat erhalten. 2014 waren die Probebohrungen abgeschlossen worden.
Wer in Sachsen Bodenschätze heben will, braucht einen langen Atem. Das Genehmigungsverfahren inklusive Rahmenbetriebsplänen, Umweltverträglichkeitsprüfungen und Raumordnungsverfahren ist kompliziert und dauert lange. Zuerst wird ein Antrag auf eine bergbaurechtliche Erlaubnis erteilt. «Hier fällt noch nicht die Entscheidung über eine Investition für die Nutzung, sondern man guckt sich die Lagerstätten an und entwickelt Pläne», sagt Cramer. Danach folgt der begründete Antrag für die Errichtung und den Betrieb eines Bergwerks. Im Verlaufe dieser Phase würden über Investitionen entschieden und Geldgeber akquiriert. «Wenn das durch ist, dann müssen sie plötzlich eine Investition über 100 oder 200 Millionen Euro tätigen», erläutert Cramer. Und weiter: «Deswegen gibt es diese sehr komplexen, langen Vorgänge, die alle technisch, geologisch, finanziell und rechtlich miteinander abgestimmt sein müssen.»