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Niederösterreich: Oligozänes Kieselholz der St. Marein-Freischling-Formation
oliverOliver:
Niederösterreich: Oligozänes Kieselholz der St. Marein-Freischling-Formation
1. Grundlegendes (Verbreitung und Datierung der Sedimente, Fundsituation)
Die „St. Marein-Freischling-Formation“ (SMFF) ist mein derzeitiger / bisheriger Sammelschwerpunkt für Kieselhölzer in Niederösterreich. Grundlegendes habe ich zwar in Kurzform schon unter einem anderen Thema zusammengefasst:
http://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,7054.msg230549.html#msg230549
Trotzdem hier nochmals einige wesentliche „basics“ für das Thema.
Die Sedimente der SMFF bestehen aus limnisch - fluviatilen Sanden, Schottern und tonigen Komponenten. Es handelt sich um die Ablagerungen des sogenannten „Horner Flusses“. Dieser durchquerte, aus dem heutigen Böhmen kommend, im Oligozän das heutige Waldviertel von Westen nach Osten und bog dann nach Süden um. Er mündete im Raum Langenlois/Krems – je nach Stand der Meeresspiegelschwankungen – im Bereich des unteren Kamptals bzw. etwa auf Höhe der heutigen Donau in das damalige Meer. Im Südosten gab es einen zweiten kleineren Fluss, der von Nordosten nach Südwesten entwässerte. Ob er sich mit dem Hauptfluss vereinigte, oder gesondert ins Meer mündete, ist jedoch noch nicht ganz geklärt.
Die Sedimente des West-Ost verlaufenden Abschnittes des Hauptsystems finden sich heute von Gmünd bis Horn, jene des Nord-Süd verlaufenden Abschnittes etwa von Horn bis Langenlois.
Im Oberoligozän wird im Mündungsbereich (Kremser Raum) eine Verzahnung der SMFF mit der marinen Melk-Formation („Melker Sande“) angenommen – auch in diesen Sedimenten kommen Kieselhölzer vor (http://www.mineralienatlas.de/forum/index.php?topic=30219.0 ).
Im unteren Eggenburgium lag der Mündungsbereich aufgrund der Transgression bereits deutlich nördlicher im heutigen Kamptal und schließlich im Bereich von Horn (transgressive Überlagerung durch Sedimente der Mold-Fm und Loibersdorf-Fm).
(Nehyba und Roetzel 2010; Roetzel und Steininger 1999; Roetzel u. a. 1999; Steininger und Roetzel 1991).
Es handelte sich bei diesem „Horner Fluss“ um ein „braided-river“ - Flusssystem mit mehreren Zuflüssen sowohl aus nördlicher als auch aus südlicher Richtung, für das auch die Bezeichnung „Paläo-Kamp“ erwogen wurde (Nehyba und Roetzel 2010, 74). Denn die Verbreitung der SMFF-Sedimente zeichnet grob bzw. etwas versetzt den Verlauf des heutigen Kamptales vor.
Der Verlauf des SMFF-Flusstales (und auch des Kamptals) ist tektonisch vorgegeben (Nehyba und Roetzel 2010, 50, 72 ff.). Dieses Flusssystem hatte – sicherlich mit variierendem Verlauf und in unterschiedlicher Gestalt – sehr langen Bestand: zumindest vom Oligozän (Beginn ca. 33,5 Mio.) bis ins tiefste Untermiozän (ca. / zumindest bis 22/20 Mio.) – also etwa 13 bis 15 Mio. Jahre (Kiscellium bis unterstes Eggenburgium, Roetzel u. a. 1999, Abb 2.).
Die Rinne dieses Flusssystems war aber anscheinend bereits in der Oberkreide vorgezeichnet (Roetzel u. a. 1999, 38).
Etwas problematischer zu fassen ist der obere zeitliche Abschluss, da dieser – je nach Lage innerhalb des Transgressionsgebietes, bzw. überhaupt außerhalb desselben – variiert: ganz im Süden wird die SMFF von den vollmarinen Sedimenten der Fels-Fm (älteres Unter-Eggenburgium), im Unterlauf transgressiv von in den brackischen (Ästuare) bis marinen Sedimenten der Mold-Fm (fortgeschrittenes Unter-Eggenburgium) überdeckt. Wie lange der Oberlauf existierte, scheint noch nicht ganz geklärt – wohl auch wegen nachfolgender Erosion. Nach der Zuordnung zu den Pollenzonen scheinen die Sedimente aber jedenfalls bis ins unterste Eggenburgium zu reichen (Roetzel u. a. 1999, 38 f., 45).
Kurz zusammengefasst ist zur Datierung der SMFF also zu sagen, dass sie schwerpunktmäßig (und weitaus überwiegend) ins Oligozän gehört, die jüngsten Anteile aber bis ins tiefste Untermiozän (oberstes Egerium / Aquitanium) bzw. sogar bis ins unterste Eggenburgium reichen dürften.
Von den Pflanzenfossilien sind die Kieselhölzer am bekanntesten, es gibt aber auch Kohleflözchen in Stillwasserbereichen, z. T. vermutlich aus „lakustrinen“ Abschnitten, vor allem aber am Übergang zur brackisch-ästuarischen Mold-Fm (Roetzel und Steininger 1999, 76; Cichocki u. a. 1991).
Hervorzuheben sind auch fossile Blätter bzw. Blattabdrücke aus tonigen Sedimenten (Knobloch 1981).
Die meisten Kieselholz-Funde aus der SMFF stammen von Feldern. Viele dieser Fundstellen im Horner Becken sind ziemlich bekannt und dementsprechend abgesucht, die ursprünglich gar nicht so seltenen Kieselhölzer in vielen Sammlungen vertreten. Sie werden – in unterschiedlicher Qualität – auch regelmäßig auf Börsen angeboten. Leider sind die heute noch zutage kommenden Funde durch die intensive Beackerung oft stark „zerschrottet“.
Früher gab es hier auch viele (meist kleine) Sandgruben, aber so gut wie alle sind mittlerweile stillgelegt und fast alle leider auch wiederverfüllt, begrünt, verbaut, zu Fischteichen umgewandelt, etc. So auch die namensgebende Grube zwischen Freischling und Maiersch, die eine der besonders wichtigen Aufschlüsse war (komplexe Abfolge von Kaolintonen, Grobsanden, Kohletonen und Kohleflözchen bis zu den brackisch-marinen Sedimenten der Mold-Fm inklusive einer Austernbank; Roetzel und Steininger 1999, Ab. 2; Steininger und Roetzel 1991, 82 ff.) und in der - angeblich, ich kann das nicht belegen - auch Kieselholz gefunden wurde. Die Fundchancen für größere und nicht durch landwirtschaftliche Tätigkeit beschädigte Stücke sind also deutlich schlechter geworden.
Ein solcher großer und unbeschädigter Altfund befindet sich im Krahuletzmuseum in Eggenburg (vgl. Thema „Bescheidene Hölzer …, AW # 54) – es ist überhaupt eines der beeindruckendsten Kieselhölzer aus der SMFF, das ich bisher kenne (Abb. 1-3; Fotos und Veröffentlichung mit Genehmigung der Museumsleitung).
Mit Ortskundigkeit und guter Geländekenntnis, Erfahrung, Vertrautheit mit den geologischen, sedimentären und postsedimentär-erosiven Verhältnissen, viel Ausdauer und vor allem mit dem nötigen Glück sind aber immer noch ganz gute Funde möglich.
Literatur: (wird in folgenden Beiträgen abgekürzt zitiert)
• Cichocki 1988: O. Cichocki, Zur Histologie tertiärer Hölzer Österreichs. Diss. Formal-naturwiss. Fak., Univ. Wien 1988.
• Cichocki 1991: O. Cichocki, Fossil Wood - Fürwald an der Wild. In: J. Eder-Kovar
(Hrsg.), Paneurop. Paleobot. Conf. 1991, Field Guide, Wien 1991, 20 ff.
• Cichocki u. a. 1991: O. Cichocki, I. Draxler, R. Roetzel u. F. F. Steininger, Flussmündungen und Braunkohlewälder. In: F. F. Steininger u. W. Piller, Eggenburg am Meer. Eintauchen in die Erdgeschichte, Ausst. Kat. Krahuletzmuseum 12, Eggenburg 1991, 63 ff.
• Cichocki 1992: O. Cichocki, Fossile Hölzer aus tertiären und quartären Sedimenten des Mühl-, Wald- und Weinviertels und der Molasse: Vergleichende Untersuchungen über deren Histologie, Paläökologie und Altersstellung. Vorbericht über das Forschungsprojekt P8015-GEO des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Proceedings Pan-Europ. Palaeobot. Conf. 1991 “Palaeovegetational development of Europe“, Tagungsband, Naturhist. Mus. Wien 1992, 117 ff.
• GK 20, 1984: Geologische Karte der Republik Österreich, 20 Gföhl. Geol. BA, Wien 1984.
• Hofmann 1933: E. Hofmann, Verkieselte Pflanzenreste aus dem Horner Becken. In: F. Lukas u. F. Moldaschl, Heimatbuch des Bezirkes Horn 1, Horn 1933, 156 ff.
• Knobloch 1981: E. Knobloch, Pflanzenreste aus dem Tertiär von Horn. Verh. Geol. B.-A. 1981/2, 59 ff.
• Nehyba und Roetzel 2010: S. Nehyba und R. Roetzel, Fluvial deposits of the St. Marein-Freischling Formation – insights into initial depositional processes on the distal external margin of the Alpine-Carpathian Foredeep in Lower Austria. Austrian Journal of Earth Sciences 103/2, Wien 2010, 50 ff.
• Roetzel und Steininger 1991: R. Roetzel und F. F. Steininger, Die tertlären Ablagerungen im weiteren Raum von Eggenburg. In: F. F. Steininger und W. E. Piller (Hsg.), Eggenburg am Meer. Eintauchen in die Erdgeschichte, Kat. Krahuletz-Museum 12, Eggenburg 1991, 27 ff.
• Roetzel und Steininger 1999: R. Roetzel und F. F. Steininger, Älteres Tertiär. In: F. F. Steininger (Hrsg.), Erdgeschichte des Waldviertels, SchrR. Waldviertler Heimatbund 38, Horn-Waidhofen/Thaya 19992, 75 ff.
• Roetzel u. a. 1999: R. Roetzel, O. Mandic und F. F. Steininger, Lithostratigraphie und Chronostratigraphie der tertiären Sedimente im westlichen Weinviertel und angrenzenden Waldviertel. In: R. Roetzel (Hrsg.), Arbeitstagung geol. BA Retz 1999, Wien 1999, 40 ff.
• Steininger und Roetzel 1991: F. F. Steininger und R. Roetzel, Die tertiären Molassesedimente am Ostrand der Böhmischen Masse. In: R. Roetzel & D. Nagel (Hrsg.), Exkursionen im Tertiär Österreichs. Österr. Paläont. Ges., Wien 1991, 59 ff.
Geomaxx:
Hallo Oliver,
danke für den Bericht und das abgebildete Holzstück. Das Teil ist ja wirklich aller erste Sahne, die Maserung und die Hoztextur in Verbindung mit der Größe des Objektes, sowas findet man nicht alle Tage!
Glück Auf!
GEOMAXX
oliverOliver:
hallo Max,
"... nicht alle Tage" ist eine nette Umschreibung ;D ;D
am spannendsten bei dem Stück finde ich, dass - soweit das bei enem Foto durchs spiegelnde Vitrinenglas zu erkennen ist - anscheinend der Kern an der Bruchfläche gerade noch erhalten sein könnte (ganz sicher bin ich mir da aber nicht) - sh. Foto 3 am unteren Rand des Fossils.
oliverOliver:
Zusätzliche Literatur für diejenigen unter euch, die des Französischen mächtig sind (ich bin`s leider nicht !):
Zu beachten ist dabei, dass in den älteren Arbeiten von Gros die Datierung noch ins Eggenburgium (Untermiozän) erfolgte, während in der Arbeit von 1988 bereits die Datierungs-Korrektur ins Oligozän vollzogen wurde (was auch ohne weiter reichende Französischkenntnisse nicht zu übersehen ist !).
• Ellenberger et al. 1948: Métamorphisme, silicifications et pédogénèse en Bohême méridionale: travaux pétrographiques et paléobotaniques de l'Université de captivité d'Edelbach (Oflag 17. A - 1940-1945). Annales scientifiques de l'Universite de Franche-Comte-Besancon, 3, 1948.
• GROS, J.P., 1981: Nouveaux bois du Cenozoique d'Autriche et d'Ethiopie. – Thése 3e cycle. Université Cl.Bernard-Lyon 1, n° 1068 (inédit), 143 p., Lyon.
• GROS, J.P., 1983: Nouveau bois fossile de l'Eggenburgien d'Autriche: Quercoxylon furwaldense n.sp.. – Rev. gén. Bot., 90, 43-80, 2 cart., 13 phot., 5 dess., 1 graph., 16 tabl., Paris.
• GROS, J.P., 1984: Étude comparative de 4 échantillons de bois fossiles de l'Eggenburgien d'Autiche, rapportés au nouveau genre Metacacioxylon n.g. et aux espèces M. marglii n.sp. et M. lemoignei n.sp.. – Rev. gén. Bot., 91, 35-80, 39 phot., 18 dess., 6 graph., 8 tabl., Paris.
• GROS, J.P., 1988: Nouveau spécimen de bois fossile de l'Oligocène d'Autriche rapporté a l'espèce Metacacioxylon lemoignei GROS 1981 emend. – Nouv. Arch. Mus. Hist. nat. Lyon, fasc. 26, 19-27, 5 fig., 2 tabl., Lyon.
oliverOliver:
2. Äste, Astlöcher, Astansätze, Astabgänge, „Astknoten“ – Teil 1
Trotz des relativ häufigen Vorkommens von Kieselholz in der SMFF sind komplette Stammquerschnitte so gut wie unbekannt, und selbst unvollständige Querschnitte mit Kern die extreme Ausnahme (ich hab jedenfalls noch keinen gefunden).
Achsen bzw. Querschnitte mit Kern gibt es aber trotzdem manchmal – dann aber von kleineren Ästen, und selbst die sind äußerst rar.
Etwas häufiger – wenn auch immer noch (sehr) selten – sind Astlöcher (meist sehr kleine) und „Astknoten“. Letztere sind durchwegs sehr unspektakulär – man sieht an den „Verwerfungen“ und Krümmungen der Holzfasern halt gerade noch, dass da irgendwo ein Ast oder Zweig angesetzt haben bzw. abgegangen sein muss. Sie sind zwar interessant (wenngleich oft nicht eindeutig interpretierbar), geben aber als „Sammlungsstücke“ nicht viel her. Bessere Stücke sind in allen Kategorien (Astlöcher, Astabgänge, Astquerschnitte) eine Rarität.
Mein schönster Astquerschnitt/-abgang ist Bestandteil meines überhaupt besten SMFF-Fundes bisher, siehe:
http://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,31505.msg244491.html#msg244491
Hier möchte ich nur die wenigen sonstigen „guten“ Stücke vorstellen:
Zuerst mein bester isolierter Astquerschnitt, ziemlich klein, geschätzter Dm. ca. 5 cm. Leider ohne das (ehemals) umgebende Stammholz – von diesem sind nur die am Ast anliegenden Reste erhalten, welche dem Stück die charakteristische „Spindelform“ verleihen (max. Länge der "Spindel" = 13 cm).
Der Querschnitt ist entweder herausgewittert oder eventuell schon so verkieselt – die typische „Spindelform“ des umgebenden Gewebes ist so auch an rezentem vermoderndem Holz häufig zu beobachten. Käme angeschliffen sicher noch besser, hat aber tiefe (oder sogar durchgehende) Risse, die das zu einer heiklen Angelegenheit machen (Foto 1 + 2; beide von der selben Seite, nur mit unterschiedlicher Beleuchtung).
Als zweites ein „teilweiser“ Astabgang bzw. ein „Beinahe-Astloch“ mit darin nur partiell erhaltenem / unvollständig verkieseltem Astansatz. Der Querschnitt ist noch kleiner als der obige, eigentlich kein Ast sondern ein Zweig. An sich nichts Besonderes, wäre nicht die sehr schöne umgebende Holzstruktur (Foto 3 + 4).
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