Hallo Anne,
bevor ich groß aushole, lass mich nur kurz einen Kommentar zu einem Posting eines von mir sehr geschätzten Sammlerkollegen abgeben:
"Wenn man in der Nähe der Eifel wohnt und im Urlaub nach Österreich fährt sind das ja schon die besten Voraussetzungen für einen angehenden Mineraliensammler. In Österreich sollte man aber schon die Zentralalpen wählen."
Naja, ein 12jähriger mit einer ahnungslosen Mutter kommt wohl kaum in die Steinbrüche der Eifel. Und obertägige Fundtsellen sind auch dort rar geworden. In den Zentraalpne sieht das anders aus, da liegen die Bergkristalle nur so rum....echt, der Bub ist 12 Jahre alt und seine Mutter kann Kiesel von Grobkiesel kaum unterscheiden....
Und dann Sprüche wie (von anderen gekommen): "wir haben alle so angefangen..." ... vor 30 Jahren, als noch alles auf den Halden rumlag und sich keine Sau darum gestört hat. Dafür lernt man heutzutage eben die Förster und Jagdaufseher bestens kennen, vor allem Letztere sind wahre Freuden der Natur...
So Anne, Du ahnst sicher schon wo die Reise hingeht. Das ist mit dem Mineraliensammeln leider nicht so einfach wie es früher einmal war. Es hängt unheimlich viel davon ab, wie "zäh" dein Bursche ist und wie hart Du im Nehmen bist. Es ist nämlich heutzutage unheimlich schwer etwas Brauchbares zu finden. Und ich meine mit "brauchbar" nicht das was ich suche, sondern überhaupt etwas was kristallisiert ist und hübsch ausschaut.
Es gibt nach meiner Einschätzung zwei Punkte die darüber entscheiden, ob dein Sohnemann Mineralien als Hobby wählt oder nicht..ab ca. 14 kommt noch ein Langhaariger dazu.
1. kann man Mineralien finden
2. ist man bereit sich in die Thematik tief einzuarbeiten
Das klingt jetzt etwas barsch, aber es ist nun mal so: Wenn keine "Zuwächse" in der Sammlung kommen, erlahmt das Interesse. Und das Interesse muss wachsen, damit man bereit ist den Aufwand zu betreiben, der notwendig ist, um an schöne Mineralien zu kommen.
Fangen wir also mit dem "Finden" an. Fakt ist, ihr seid limitiert, er aufgrund seines Alters und Du aufgrund der Unerfahrenheit. Also bleiben Euch nur Fundstellen, die noch frei zugänglich sind. Diese sind aber in den letzten 30 Jahren recht intensiv abgesucht worden. Klar kann man immer was finden, aber es sind Zufälle der Besonderen Art oder Tiefbaumaßnahmen in den Halden.
Starte mal einen Versuch: Die Halden der Grube Friedrichssegen im gleichnamigen Ort nahe Lahnstein an der Ems (Ca. 20km von Koblenz) liegt direkt an der Strasse die in das Tal bei Friedrichssegen führt. Dort kann dein Spross ruhig in den Steinen rumwühlen und wird sicher das eine oder andere bunte Steinchen finden.
Als Ausrüstung: Ab zum nächsten Optiker und eine kleine Einschlaglupe kaufen. Nicht Plastik, sondern aus Metall mit echtem Glas. Die sind zwar etwas teurer (z.B. von Eschenbach), aber wer nichts sieht findet auch nichts. Und ab in den Baumarkt und einen Zimmermannshammer kaufen (das sind die, mit denen man Nägel herausziehen kann). Kostet kaum 10 Euro und ist anfänglich genug. Mit Meißeln kann der Bub noch nichts anfangen.
BITTE BITTE, kaufe ihm auch eine Schutzbrille, denn der angehende Bergmann hat noch keine Ahnung von herumfliegenden Splittern und ihrer Wirkung.
Wenn er sich dann nur mit Androhung einfacher körperlicher Gewalt von der Halde entfernen lässt, kann man den zweiten Schritt wagen.
Gehe mit ihm mal auf eine Mineralienbörse. Die Termine stehen unter
www.lapis.de.
Dort seht ihr, wo die Mineraliengeigen wirklich hängen...und dummerweise was sie kosten. Das ist aber egal, denn bei solchen besuchen wächst oft der Wunsch soetwas auch mal zu besitzen. Und nimm etwas Geld mit. Hier gilt es am ANfang, das sich dein Knappe eine oder zwei kleinere Stüfchen aussuchen darf. Hör nicht auf das was die Händler sagen, denn was die sagen, bzw. was ich dazu sagen würde darf ich hier nicht schreiben...so wegen Beleidigung und so. Kauft Euch 1-2 Stücke, nicht größer als ein Ei aber mit schönen Kristallen drauf. Bunt ist nett, aber bunt und schöne Kristalle ist teuer. Achtet darauf, das die Kristalle unbeschädigt sind. Das ist wie am Auto: Ein Kratzer und der Wert ist dahin.
Und am Besitzinstinkt hängt nun mal das Hobby.
Nun wird es Zeit sich mit der Thematik tiefer zu befassen. Z.B. indem man sich regelmäßig unter
www.mindat.org die neu geposteten Bilder anschaut. Dabei dann die Fundorte mal selber via dem angegeben Link aufsuchen und wenn irgendmöglich auch mal die Fundstellenfotos anschauen. Das ganze dient dazu einen Eindruck davon zu gewinnen, was mineralienmäßig auf der Welt los ist.
Und weil eben nichts über Kontakte geht, schaut auch mal bei
www.vfmg.de vorbei. Vielleicht schaffen es die Schnarchnasen ja mal ihre Bezirksgruppen aufzulisten. Die VfMG (Verein für Freudne der Geologie und Mineralogie) hat soweit ich weis irgenwo in der Eifel auch eine Bezirksgruppe. Dahin mal zu den monatlichen Abenden fahren.
Jetzt kommt der schwierigere Teil. In den Vereinen ist das Durchschnittsalter oft jenseits der Pensionsgrenze, unser Hobby stirbt halt langsam aus. Aber sehr häufig sind einige Leute in den Gruppe richtig tolle Typen, die sich rührig um deinen Sohn kümmern werden. In Kombination mit diesen Leuten wird dein Sohn dann rasche Fortschritte machen.
Alternativ kannst Du ihn ja mal in eine Bibliothek führen und bei den Mineralienbüchern schmökern lassen. Die kann er ausleihen und weiter darin "arbeiten" Empfehlen kann ich: Werner Lieber: Der Mineraliensammler oder Alex Kipfler: Kleinmineralien oder Vollstädt: oops da weis ich den Titel nicht.
Bücher die Hochglanzfotos mit Supermineralien zeigen können zwei Wirkungen haben: "Echt, sowas finde ich doch nie! Ist wohl ein Hobby für Reiche" oder " Na wenn nicht 10 cm groß, dann eben 10mm, aber irgendwann bekomme ich sowas Schönes auch mal".
Fällt der letzter Ausruf, dann wird es Zeit sich mal einem anderen Thema zu widmen.
Micromounting
Viele der schönen Bilder zeigen Mineralbrocken..wir nennen das Stufen...mit großen perfekten Kristallen. Heute fast unerschwinglich und zu finden..vergiss es. Aber reduziert man die Größe mal um den Faktor 10 oder 100, kommt man auf Stüfchen, die wenige cm groß sind und Kristalle im mm-Bereich tragen. Soetwas ist grob gesagt ein Micromount. Der Begriff kommt daher, das man diese (und winzigere Stücke) in einem Plastikschächtelchen mit Kitt oder Kleber montiert (mounting) um sie vor Staub zu schützen und damit nichts abbrechen kann.
Betrachtet werden diese kleinen Mineralproben mit einer Lupe oder mit einem Stereomikroskop. Diese Sterolupen (es sind Lupen und keine Mikroskope) vergrößern das Objekt etwa 10-40 fach und lassen ein räumliches Sehen zu. Eine tote Fliege ist da schon ein Monster und höchstinteressant, genauso wie eine Blume etc.. Diese Geräte kosten so am 150 Euro aufwärts.
Damit tut sich aber eine ganz neue Welt auf. Der Kiesel im Garten kann genauso Kristalle beherbergen, wie irgendwelcher Schotter oder eben die Kristalle auf den Halden.
Und wenn er dort angekommen ist, dann würde ich einen Besen fressen, wenn er da nicht bleibt, denn: Funde sind immer und überall möglich, Material ist preiswert zu bekommen (z.B. geben viele Pensionäre Kellermaterial ab, das man dann aufknacken kann um schöne Mineralien zu finden). Zudem nimmt eine Micromount-Sammlung kaum Platz in der Wohung ein, es sei denn man hat wie unsereiner mehrere Tausend davon.
Och nöö, das geht fix. 10 Jahre sammeln und der erste 1000er ist geschafft. Ich sammel nun schon fast 35 Jahre, und hätte ich nicht zigtausende verschenkt oder abgegeben, wäre meine Sammlung heute zu groß.
Die Rechnung 35/10 *1000 = 3500 ist leider mathemathischer Unfug, mineraligisch gesehen. Das wäre eine Exponentialfunktion, denn je länger man dabei ist, desto schneller füllen sich die ohnehin schon zu vollen Schubladenschränke. Denn je mehr man weis, desto mehr interssante Dinge gibt es zu besammeln.
Googel mal nach "Micromount" und "Blog". Da hat ein Norddeutscher eine ganz schöne Seite aufgebaut. D alohnt es sich drin zu lesen und zu stöbern.
Du siehst, es liegt an Dir deinem Junior-Obersteiger in die richtige Bahn zu lenken. Und so leid es mir tut, aber das kostet Mühen und Geld. Aber es entlohnt mit wunderschönen Ausflügen, spannenden Mineralienabenden und einem Kind, das etwas mehr als "McDonalds" und "Null bock" kennt.
So, zwei Finger sind schon wund, mit den anderen klappt das Getippe nicht so gut, also mach ich Schluß.
Glück auf, sagt der bergmann zum Gruße
Ulrich