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Autor Thema: Steiermark: Fossile Hölzer aus dem „Weststeirischen Braunkohlerevier“  (Gelesen 5772 mal)

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Fossile Hölzer des Ottnangiums aus dem „Weststeirischen Braunkohlerevier“

Auch in der Steiermark gibt es mehrere  Fundgebiete für Kieselholz (und noch mehr für andere Pflanzenfossilien). Eine allgemeine Überblicks-Darstellung habe ich zwar in Arbeit, das wird aber noch etwas dauern – kommt dann demnächst hier (wenn ich mal ausreichend Zeit habe).

Als erstes dieser Gebiete möchte ich hier das Braunkohlegebiet bei Köflach-Voitsberg behandeln (Oberdorf, Köflach, Zangtal).
Es liegt– rein geografisch gesehen – eigentlich in der südlichen Mittelsteiermark (westlich von Graz, unweit der Landesgrenze zu Kärnten), ist aber auch als „Weststeirisches Braunkohlerevier“ bekannt (weil der „wirklich“ westliche Teil im Norden der Steiermark zur sogenannten Obersteiermark gehört – namenstechnisch alles etwas kompliziert hier !).
Das „Weststeirische Revier“ wird wiederum in ein Ost- und Westrevier (bzw. eine östliche und westliche Flözgruppe) unterteilt, wobei Oberdorf und Zangtal zur Ostgruppe gezählt werden, Piberstein gehört der Westgruppe an.

Datierung:
Noch Oberhauser und Bauer (1980, 553) datierten die kohleführenden Ablagerungen zu jung, und zwar ins Karpatium (bzw. die Hangendabfolge ins Badenium). Die Sedimente gehören aber ins Frühmiozän, genauer ins Ottnangium (Steininger 1998; Daxner-Höck et al. 1998 a; siehe auch: Gross et al. 2007, Fig. 3, 124), konkret – zumindest die Hangendabfolge mit den wissenschaftlich untersuchten Fossilhorizonten – in ein spätes Ottnangium (Rössner 1998, 185 f.).
Die meisten der bei den wissenschaftlichen Grabungen geborgenen Fossilien stammen aus Kohletonschichten der Hangendabfolge, botanische Fossilien sind jedoch auch aus dem Hauptzwischenmittel und von der Basis des Flözes am Übergang zur Liegendabfolge bekannt (Daxner-Höck et al. 1998 a, Abb. 5; Haas et al. 1998; Kovar-Eder 1998).

Umwelt / Biotop:
Durch die Wiederkäuervergesellschaftung ist für die Hangendserie ein dicht bewaldeter, teilweise sumpfiger Biotop dokumentiert, konkret ein Busch- und Baummoor bzw. Sumpfwaldmoor mit einem dichten Baumbestand (Rössner 1998, 169, 186 f.; Daxner-Höck et al. 1998b), wobei aber in manchen Abschnitten des Profils auch deutliche Hinweise auf einen mesophyten Wald vorliegen.
Oberhauser und Bauer (1980, 553) zitieren Pohl 1970, wonach im unteren Flöz des Westreviers (Pibersteiner Flöz) vorwiegend Angiospermen, im Ostbereich des Reviers (Zangtal und Oberdorf) vorwiegend Koniferen auftreten. Dies weist, im Gesamten betrachtet, auf unterschiedliche Biotope im Weststeirischen Revier bzw. auf sich verändernde Umweltbedingungen während des Ablagerungszeitraums hin. Insgesamt deuten die vorliegenden Daten auf ein warmes und feuchtes Klima (Haas et al. 1998; Meller 1992; Kovar-Eder 1998).

Funde:
In Oberdorf und Zangtal sind alle von Cichocki untersuchten botanischen Fossilien Nadelhölzer, eines wurde als Taxodioxylon sequoianum bestimmt, andere könnten der Gattung Glyptostrobus oder einer anderen Gattung der Taxodiaceae oder Cupressaceae angehören. Sie liegen sowohl als Lignit, als auch als Xylit und Fusit sowie in verkieselter Erhaltung vor (Cichocki 1998, siehe auch bereits Cichocki 1988). Neben den Hölzern ist auch eine reiche Blätterflora belegt (Kovar-Eder 1998).
Das im Folgenden gezeigte Kieselholzstück stammt aus Oberdorf. Leider ist es nur eine 2 cm starke Scheibe (ca. 17 x 13 cm; Abb. 1), ich hab`s nicht selbst gefunden, sondern erworben (Fund von Wolfgang Ott aus 1990). Die Außenansicht (Abb. 2) zeigt in Rissen/Spalten sehr kleine Quarz-xx (am Foto wegen schlechter Ausleuchtung leider nicht erkennbar) und kohlige Reste. Die Rückseite ist nur geschnitten und nicht poliert, man sieht deswegen am Foto die Struktur sogar noch besser als auf der Vorderseite (Abb. 3-4). Das Stück ist unbestimmt, es handelt sich nach dem oben gesagten aber wohl um ein Nadelholz.
Eine nähere stratigrafische Zuordnung ist leider auch nicht überliefert.


LITERATUR:
• CICHOCKI 1988: O. Cichocki, Fossile Hölzer, Früchte und Samen der paläobotanischen Sammlung des Landesmuseums Joanneum. Mitt. Abt. Paläont. Landesmus. Joanneum, Heft 47, Graz 1988, 11 ff.
• CICHOCKI 1998: O. Cichocki, Petrified, Lignified and Carbonized Wood Remains from the Early Miocene Lignite Opencast Mine Oberdorf (N Voitsberg, Styria, Austria). In: F.F. Steininger, The Early Miocene Lignite Deposit of Oberdorf N Voitsberg. Jb. Geol. B.-A. 140/4, Wien 1998, 469–473.
• Daxner-Höck et al. 1998a: DAXNER-HÖCK, G., HAAS, M. & MELLER, B., Wirbeltiere aus dem Unter-Miozän des Lignit-Tagebaues Oberdorf (Weststeirisches Becken, Österreich): 1. Fundstelle, geologischer und sedimentologischer Überblick. – Ann. Naturhist. Mus. Wien, (A) 99: 1–11, 5 Abb. – Wien.
• Daxner-Höck et al. 1998b: DAXNER-HÖCK, G., HAAS, M., MELLER, B. & STEININGER, F., Wirbeltiere aus dem Unter-Miozän des Lignit-Tagebaues Oberdorf (Weststeirisches Becken, Österreich): 10. Palökologie, Sedimentologie und Stratigraphie. – Ann. Naturhist. Mus. Wien, (A) 99: 195–224, 5 Abb. – Wien.
• Gross et al. 2007: Martin Gross u.a., Das Neogen des Steirischen Beckens – Exkursionsführer. Joannea Geol. Paläont. 9, 2007, 117-193.
• Haas et al. 1998: MARGIT HAAS, GUDRUN DAXNER-HÖCK, KURT DECKER, IRENEUSZ KOLCON, JOHANNA KOVAR-EDER, BARBARA MELLER & REINHARD F. SACHSENHOFER, Paleoenvironmental Studies in the Early Miocene Lignite Opencast Mine Oberdorf (N Voitsberg, Styria, Austria). Jb. Geol. B.-A. 140/4, Wien 1998, 483–490.
• KOVAR-EDER, J. 1998: The leaf assemblages from the opencast mine Oberdorf. – In: F.F. Steininger, The Early Miocene Lignite Deposit of Oberdorf N Voitsberg. Jb. Geol. B.-A. 140/4, Wien 1998, 447–452.
• Meller, B. 1992: Samen und Früchte aus dem Köflach - Voitsberger Braunkohlenrevier - Erste Ergebnisse. In: Kovar-Eder (Ed.): Palaeovegetational development in Europe and regions relevant to its palaeofloristic evolution; p. 181-187, 2 Figs., 1 Taf. - Proceed.Pan-European Palaeobot.Conf., Vienna, 19.-23.September 1991; Wien.
• Oberhauser und Bauer 1980: Rudolf Oberhauser, Franz Karl Bauer (Hsg.), Der Geologische Aufbau Österreichs, GBA Wien1980.
S. 553:
http://books.google.at/books?id=0yFIZHFpL4QC&pg=PA553&lpg=PA553&dq=Weststeirisches+Braunkohlerevier&source=bl&ots=lM94u3LTAh&sig=5BYi-c8ZkA_pnHOubcgk1-_vPtc&hl=de&sa=X&ei=6ERuUfYwhsY8_tmAoAQ&sqi=2&ved=0CFYQ6AEwBg#v=onepage&q=Weststeirisches%20Braunkohlerevier&f=false
Walter L. POHL 1970: Die Kohle des Köflach-Voitsberger Reviers (Steiermark). Berg- u. Hüttenmännische Monatshefte (BHM)115, 270-277, 9 Abb., 3 Tab., Wien 1970.
• Rössner 1998: Gertrud E. RÖSSNER, Wirbeltiere aus dem Unter-Miozän des Lignit-Tagebaues Oberdorf (Weststeirisches Becken, Österreich): 9. Ruminantia (Mammalia). Ann. Naturhist. Mus. Wien 99A, 1998, 169–193.
FRITZ F. STEININGER 1998: The Early Miocene Lignite Opencast Mine of Oberdorf N Voitsberg (Styria, Austria): A Multidisciplinary Study, Jb. Geol. B.-A. 140/4, Wien 1998, 397–402.

p.s.:
Sorry für die gemischte Zitierweise, war mir zu aufwendig alles anzupassen, aber es geht ja hier vorrangig um die Information und nicht ums Formale  ;)
p.p.s.: die meisten der angeführten Publikationen sind als pdf im www zu finden !
« Letzte Änderung: 02 Jun 13, 13:12 von oliverOliver »

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Noch ein Literaturnachtrag zur Karpoflora:

B. Meller, Charakteristische Karpo-Taphocoenosen aus den untermiozänen Sedimenten des Köflach-Voitsberger Braunkohlenrevieres (Steiermark, Österreich) im Vergleich. Mitt. Abt. Geol. Paläont. Landesmus. Joanneum 54, Graz 1996, 215 ff.
https://www.zobodat.at/pdf/MittAbtGeoPalJoan_54_0215-0229.pdf
« Letzte Änderung: 27 May 18, 17:56 von oliverOliver »

Offline michaelh

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Hallo Oliver,
bis auf das ich mich freue wenn ich mal ein Fossil finde, habe ich damit nicht viel am Hut (Beifunde beim Mineraliensammeln sind willkommen).
Möchte aber mal sagen, dass deine Berichte der Hammer sind und sicherlich ihresgleichen suchen!
Respekt, wie detailliert du dich zu den Themen äußerst. :)

Grüße Michael

Online oliverOliver

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Hallo Michael,
danke für die Blumen !
Naja, es interessiert mich halt, und wenn ich schon mal was recherchiere – warum sollte ich es für mich behalten, wenn`s auch für andere interessant sein könnte ?
(wenn ich’s nicht hier einstelle, würde ich ohnehin das meiste schnell wieder vergessen – so kann ich wenigstens selber im Forum nachschaun ! Ist also fast so was wie ein online-Notizbuch für mich – falls meine Festplatte wieder mal crasht …  ;D )

edit: noch ein Link zum Weststeirischen Revier
http://www.gkb-bergbau.at/index.php/bergbaugeschichte/braunkohle-in-der-weststeiermark
und einer zu Zangtal
http://www.energie-erlebnispark.at/index.php/bergbau
« Letzte Änderung: 27 May 18, 17:55 von oliverOliver »

Online oliverOliver

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ungewöhnliches Holz aus Köflach

Habe kürzlich ein Kieselholz mit der Bezeichnung "ehem. Bergbau Köflach" bekommen, das mir für diesen Kontext sehr ungewöhnlich erscheint - üblich dürften hier ja eher Hölzer wie im obigen Beitrag sein. Würde es nicht aus einer extrem seriösen Quelle stammen (von einem sehr angesehenen und wissenschaftlich arbeitenden steirischen Sammler, der es wiederum von einem ihm namentlich bekannten Sammler erworben hat), hätte ich hier an eine Fundortverwechslung gedacht - das Stück sieht exakt so aus wie solche aus dem westlichen Teil der obermiozänen (Pannonium) Mistelbach-Hollabrunn-Fm in Niederösterreich, also aus also aus fluviatilen Sedimenten (siehe https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,30292.msg235897.html#msg235897 - ich habe mittlerweile eine ganze Anzahl entsprechender Stücke, nicht nur das in jenem Thread abgebildete).
Dass das Stück keinerlei Kohlereste aufweist, würfde mich noch nicht so sehr verwundern - es könnte ja aus den Hangendschichten oder aus einem Zwischenmittel stammen. Allerdings kenne ich Hölzer in dieser speziellen "Mischerhaltung" nur aus dem Pannonium, während die Köflacher Kohleflöze aus dem Ottnangium stammen, also untermiozänen Alters sind. Und auch aus keinem anderen miozänen Braunkohlerevier in Österreich - sei`s das Innviertel, sei`s das Hausruckgebiet etc. - kenne ich Vergleichbares.

Österreich/Steiermark/Voitsberg, Bezirk/Köflach
Steiermark: Fossile Hölzer aus dem „Weststeirischen Braunkohlerevier“
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Steiermark: Fossile Hölzer aus dem „Weststeirischen Braunkohlerevier“
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Steiermark: Fossile Hölzer aus dem „Weststeirischen Braunkohlerevier“


Nun will ich aber die Fundortangabe an sich nicht unbedingt anzweifeln, sprich: niemandem eine Verwechslung unterstellen. Da mir aber, wie gesagt, ein solches Stück in diesem Kontext doch überaus seltsam vorkommt, meine Frage bzw. Bitte:
Kennt jemand von euch solche Hölzer aus dem Weststeirischen Braunkohlerevier, oder allgemeiner aus der Steiermark, oder überhaupt aus miozänen Braunkohlesedimenten? Wäre für jeden noch so kleinen Hinweis, der eventuell meine Zweifel beseitigen oder zumindest besänftigen könnte, überaus dankbar!
« Letzte Änderung: 27 May 18, 19:30 von oliverOliver »

 

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