Niederösterreich: fossile Hölzer des Eggenburgiums bis zur / inklusive der Ottnang-Transgression -
Funde aus der "Eggenburg-Gruppe" und der Retz-FormationDas Thema behandelt in etwa das Gebiet entlang der Linie von Retz im Nordosten über Eggenburg und Maissau bis Langenlois im Südwesten, also grob gesagt die heutige Grenze von Wald- und Weinviertel, bzw. die damalige Grenze zwischen dem Festland der Böhmischen Masse und dem Eggenburger Meer bzw. der Paratethys. Genau entlang dieser Linie verläuft auch die sogenannte „Diendorfer Störung“.
Vorbemerkung:
Aus dem niederösterreichischen Eggenburgium bzw. konkret aus den marinen Sedimenten der „Eggenburg-Gruppe“ waren bisher kaum fossile Hölzer bzw. allgemeiner Fossilien von Höheren Pflanzen (Gefässpflanzen / Kormophyten; vgl.
http://www.biologie.uni-ulm.de/lehre/botanik/ ) bekannt.
Zwar wurden früher die Kieselhölzer der SMFF (siehe:
http://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,31745.0.html) allgemein ins Eggenburgium datiert, doch hat sich mittlerweile herausgestellt, dass diese zum weitaus überwiegenden Teil ins Oligozän und ins Tiefste Untermiozän gehören, und nur die allerjüngsten Anteile der SMFF noch mit der beginnenden Transgression im Unter(st)en Eggenburgium (Fels-Fm, Mold-Fm) zu parallelisieren sein dürften, bevor große Teile der SMFF-Flusslandschaft infolge fortschreitender Transgression (Loibersdorf-Fm) unter dem Meeresspiegel verschwanden.
Kürzlich hat jedoch unser Mitglied „joho24“ zwei Fundstücke entdeckt, welche diese Lücke schließen, und zwar einen Koniferenzapfen (-abdruck), bisher nur allgemein als
Pinus sp. bestimmbar, aus der Gauderndf-Fm von einer Fundstelle bei Eggenburg, und einen Splitter verkieseltes (?) Holz im Kalksandstein der Zogelsdorf-Fm oder der Retz-Fm (Zitat Joho: „
Eigentlich ist das dort eher Retz-Formation, wobei das aber nicht so gut abzugrenzen ist, denke ich. Faziell ist die Hangende Retz-Fm. der Zogelsdorf-Fm. sehr ähnlich.“) in der Nähe von Retz. Letzterer steckt in einer Matrix aus dichtem feinkörnigem Kalkandstein, die Erhaltung des kleinen Holzrestes scheint kieselig, eventuell mit kalkig-limonitischen Anteilen, zu sein. Das Stück ist ziemlich flachgedrückt, aber eindeutig als Holz zu identifizieren.
Joho24 hat mir zugesagt, hier die Fotos einzustellen – seien wir also gespannt !
(Literatur zur Geologie und zu den Fossilien der Retz-Fm allgemein:
Kroh & Harzhauser 1999; Mandic & Harzhauser 1999; Lukeneder & Harzhauser 2009.)
Kurze Einleitung zur Eggenburg-Gruppe:
Diese gehört (no na !) dem Eggenburgium an (Untermiozän, unteres Burdigalium). Die stratigrafische Abfolge im Raum Eggenburg bzw. im Gebiet der Eggenburger Bucht – und zwar nur dort; im Westen, Süden und teilweise auch im Norden dieses Gebietes (auch) andere und teils ältere Formationen des Eggenburgiums ! – stellt sich folgendermaßen dar:
1 - Kühnring-SubFm (beginnende Transgression, ältestes Ober-Eggenburgium)
2 - Burgschleinitz-Fm
3 - Gauderndorf-Fm (v. a. Sande und Silte)
(- jüngeres Ober-Eggenburgium: kurze Regressionsphase, Diskordanz, vulkanisches Ereignis)
4 - Zogelsdorf-Fm
Danach erfolgte bereits die Ablagerung der Zellerndorf-Fm („Zellerndorfer Schlier“; Pelite, hochmarine Beckenfazies) des Ottnangiums (mittleres Burdigalium), welche nicht mehr zur Eggenburggruppe gezählt wird. Sie liegt einerseits über den Kalksandsteinen der Zogelsdorf-Fm (neuerliche Transgression = Unterottnang-Transgression), ist andererseits aber teilweise auch lateral mit dieser verzahnt – die Ablagerung der Zellerndorf-Fm im offenen Meer bzw. im tieferen Wasserbereich beginnt also (im Osten) bereits parallel zur Zogelsdorf-Fm.
(
Steininger & Roetzel 1991; Steininger & Roetzel 1999; Roetzel u. a. 1999)
„Problemhloz“ östlich von Maissau / Altfund:
In diesem Zusammenhang gewinnt auch eine schon länger bekannte Fundstelle eines Kieselholzes (der Aufbewahrungsort ist mir leider unbekannt) östlich von Maissau wieder an Bedeutung. Dieses Holz wurde bisher nicht dem Eggenburgium zugeordnet – auf der GK sind dort junge Kolluvien und Zellerndorff-Fm (ZEF) verzeichnet, es wäre also auch möglich, dass das Stück aus wegerodierten Karpat-Schottern stammt, die ehemals über der ZEF lagen.
Aber unmittelbar anschließend sind dort auch Brandungsgerölle des Eggenburgiums (zur Zogelsdorf-Fm) aufgeschlossen. Kieselholz-Neufunde von Reinhard Roetzel im Herbst 2012 anlässlich seiner Begehungen zur geologischen Neukartierung des Gebietes (westlich von Maissau, demnächst mehr dazu) machen eine Zuordnung der Holz-Fundstelle östlich von Maissau zu diesen Eggenburgium-Hölzern sehr wahrscheinlich, einerseits da doch eine gewisse Entfernung zu den nächstliegenden Fundstellen sicher datierter Karpat-Hölzer besteht, andererseits aufgrund der allgemeinen (paläo-)geografischen / geländemorphologischen Situation.
Dazu ein Originalzitat von Reinhard Roetzel (schriftliche Mitteilung; danke !) zum neuesten Forschungsstand, was diese Vermutung zu bestätigen scheint:
„
Wie sich durch die neuen Aufschlüsse […..] gezeigt hat, liegen dort unter der (auf der Karte verzeichneten) Zellerndorf Fm. sehr kaolinreiche Sande mit Geröllen, wahrscheinlich ein Äquivalent der Zogelsdorf-Fm. Das Holz von dort gehört daher wahrscheinlich auch ins Eggenburgium bzw. Eggenburgium-Ottnangium.“
Erster Eigenfund:
Bei meinen Begehungen im Frühling 2013 hab ich nun, ebenfalls westlich von Maissau, mein erstes eigenes Kieselholz der entsprechenden Zeitspanne bzw. geologischen Zuordnung gefunden – sogar mit einem kleinen Astloch (Fotos siehe unten).
Etwas südlich des Fundpunktes steht Zogelsdorf-Fm an. An der Fundstelle selbst liegt am Feld überwiegend Kristallinschutt, aber vereinzelt auch Gerölle, die ich als letzte Erosionsreste ehemaliger Brandungsgerölle deute (was mir R. Roetzel bestätigt hat). Deutlicher ist diese Brandungszone etwas nordöstlich davon ausgebildet. Dort liegen auf den Äckern ebenfalls Schotter, die aufgrund der Zusammensetzung (neben etwas Quarz vor allem anstehendes Kristallin und wenig Zogelsdorfer Kalksandstein) ebenfalls als Brandungsgerölle zu deuten sind, und auf einer von SW nach NO ziehenden Böschung/Kante auch große, schön gerundete Blöcke des anstehenden Kristallins.
Dazu Originalzitat RoeRei (Auslassungen und Ergänzungen meinerseits sind durch […] gekennzeichnet):
„
Nach meiner Begehung […] kommt dort eine Übergangsfazies von Zogelsdorf-Fm. (ZOF) und Zellerndorf-Fm. (ZEF) vor, die anscheinend auf einer höheren Bruchstaffel dort liegt. Die Hauptstörung liegt etwas tiefer, ca. 130 m weiter SE […] und nördlich […][davon] geht die ZOF nach Norden auch in die ZEF über bzw. wird [von dieser] überlagert.
[…] nordöstlich davon […] habe ich noch nicht kartiert, ich nehme aber an, dass dort auch die Geröllfazies, die zur ZOF gehört, auftritt.
[…] Die Höhenlage spielt dabei nicht so eine große Rolle, da die Sedimente ja nicht vollkommen gleichzeitig abgelagert sein müssen und zusätzlich auch tektonische Verstellungen möglich sind.
Die Geröllfazies in dieser Gegend verzahnt sehr oft lateral mit der Zogelsdorfer Kalksandsteinfazies. Aus diesem Grund kann ich die Gerölle auch „relativ“ datieren und mit der ZOF parallelisieren.
Das Alter der ZOF ist allgemein oberstes Eggenburgium – Ottnangium und die ZOF verzahnt in dieser Gegend auch oft mit der ZEF, die ins Ottnangium gestellt wird. Anhand dieser Kriterien und der relativ hohen und südlichen Position der Ablagerungen nehme ich an, dass diese Ablagerungen schon ins Ottnangium gehören: soll heißen, das Holz ist eventuell Ottnangium.“
Soweit ich das nach den (manchmal durchaus etwas divergierenden) Angaben aus der Literatur und den wertvollen ergänzenden Infos von RoeRei verstanden habe, beginnt einerseits die Sedimentation der Zellerndorf-Fm bereits im obersten Eggenburgium parallel zur Zogelsdorf-Fm, andererseits wird ZOF auch noch im beginnenden Ottnangium (Ottnangium-Transgression) – also parallel zur ZEF – abgelagert. Holz aus Brandungsgeröllen des entsprechenden Abschnitts des Miozäns kann daher anscheinend nur allgemein in diesem Rahmen (Oberstes Eggenburgium bis Unteres Ottnangium) datiert werden
Dass bisher hier (fast) keine Eggenburgium-Hölzer bekannt waren, liegt vielleicht auch daran, dass manche Altfunde eben nicht eindeutig dem Eggenburgium zugeordnet werden konnten – eine exakte Einstufung ist in diesem Gebiet, in dem auch andere tertiäre holzführende Formationen auftreten, bei nicht stratifizierten Oberflächenfunden immer ein Problem. Zum Beispiel tritt die Laa-Fm des Karpatiums (
http://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,30395.0.html ) teilweise in unmittelbarer Nachbarschaft der Zogelsdorf-Fm bzw. von Brandungsgeröllen, die vermutlich dieser zuzuordnen sind, auf. Zudem sind die häufigen Trans- und Regressionen in der miozänen Paratethys zu berücksichtigen – unterschiedlich alte Küstenlinien liegen teilweise direkt übereinander bzw. wurden von nachfolgenden wieder „ausradiert“.
Ähnlich problematisch ist die Situation im westlichen Abschnitt des behandelten Gebietes – dort stehen die fluviatilen Sedimente der reichlich Kieselholz beinhaltenden SMFF an, die transgressiv vom Eggenburgium-Meer überlagert wurden. Eventuell wurden in dieser „Überschneidungszone“ (Ostrand / Ostteil des Horner Beckens) manche Kieselhölzer automatisch der SMFF zugeordnet, ohne eine Zugehörigkeit zur „Eggenburger Gruppe“ überhaupt in Erwägung zu ziehen. Zudem habe ich – allerdings nur
sehr vereinzelt – abgerollte miozäne Austernfragmente und Kalksandsteingerölle auch schon im Westen des Horner Beckens gefunden – ich weiß aber nicht, wie weit das „Eggenburger Meer“ zur Zeit des Meeresspiegel-Höchststandes – über den SMFF-Sedimenten – nach Westen reichte, und ich weiß auch nicht, ob das überhaupt bekannt ist (spätere Erosion).
Es könnten sich eventuell also unter den anders datierten bzw. zugeordneten Hölzern durchaus noch solche des Eggenburgiums „verstecken“ – das herauszufinden ist derzeit aber wohl unmöglich. Jedenfalls eröffnet sich hier eine bislang weitgehend unbekannte Kieselholz-Fundlandschaft, aus der wohl zukünftig (hoffentlich !) noch einiges Spannendes ans Tageslicht kommen wird.
Abschließend herzlichen Dank an Johannes für die Infos zu seinen Funden und fürs Herzeigen, und auch nochmals danke an Reinhard Roetzel für seine unendliche Geduld mit meinen ewigen Fragen zu noch unpublizierten geologischen Details !
Literatur:
• Kroh & Harzhauser 1999: A. Kroh & M. Harzhauser, An Echinoderm Fauna from the Lower Miocene of Austria: Paleoecology and Implications for Central Paratethys Paleobiogeography. Ann. Naturhist. Mus. Wien 101A, 145 – 191, Wien 1999.
http://www.nhm-wien.ac.at/jart/prj3/nhm/data/uploads/mitarbeiter_dokumente/harzhauser/2000/Kroh_Harzhauser_1999_ANHM.pdf • Lukeneder & Harzhauser 2009: A. Lukeneder & M. Harzhauser, Aturia aturi – Schalenanhäufung in der Retz Formation (Miozän, Niederösterreich). Berichte Geol. B.-A., 81 –15. Jahrestagung ÖPG Stetten 2009, Wien 2009, 19 ff.
https://opac.geologie.ac.at/ais312/dokumente/BR0081_019_A.pdf• Mandic & Harzhauser 1999: O. Mandic & M. Harzhauser, Pectiniden (Bivalvia) als Faziesindikatoren im Eggenburgium der Retz-Formation. - Arbeitstagung der Geologischen Bundesanstalt 1999. Retz - Hollabrunn, Posterzusammenfassungen, p. 231, Wien.
• Steininger & Roetzel 1999: F. F. Steininger & R. Roetzel, Jüngeres Tertiär. In: F. F. Steininger (Hrsg.), Erdgeschichte des Waldviertels, SchrR. Waldviertler Heimatbund 38, Horn-Waidhofen/Thaya 1999
2, 79 ff.
• Roetzel u. a. 1999: R. Roetzel, O. Mandic & F. F. Steininger, Lithostratigraphie und Chronostratigraphie der tertiären Sedimente im westlichen Weinviertel und angrenzenden Waldviertel. In: R. Roetzel (Hrsg.), Arbeitstagung geol. BA Retz 1999, Wien 1999, 40 ff.
• Steininger & Roetzel 1991: F. F. Steininger & R. Roetzel, Die tertiären Molassesedimente am Ostrand der Böhmischen Masse. In: R. Roetzel & D. Nagel (Hrsg.), Exkursionen im Tertiär Österreichs. Österr. Paläont. Ges., Wien 1991, 59 ff.
p.s.:
Zu Altfunden teils eher unklarer Zuordnung aus der Umgebung von Retz, die zum Teil ebenfalls aus dem Eggenburgium stammen, zum Teil nur diesem zugehörig sein könnten / dürften, demnächst ein eigener Beitrag.