Als nächstes wirft sich die Frage auf: welches Vergehens machen sich diejenigen unter uns schuldig, die ab und zu oder regelhaft derartige "Kulturgüter" ohne belegte Herkunft im Internet oder auf Börsen verkaufen? Kommt das in die Nähe von Hehlertum?
Hallo Robert,
den Entwurf des Gesetzes findest Du hier: Siehe hier:
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/BKM/2015/2015-09-15-kgsg-entwurf-online.pdf?__blob=publicationFile&v=3 .
Nach § 40 ist es verboten gestohlenes (abhandengekommenes), rechtswidrig ausgegrabenes oder unrechtmäßiges eingeführtes Kulturgut in Verkehr zu bringen.
Gehen wir mal davon aus, dass niemand gestohlenes Kulturgut anbieten will (und wenn, kein Mitleid). Lassen wir das also mal weg.
Unter rechtswidrig ausgegraben ist zu verstehen, wenn Kulturgut "unter Verstoß gegen eine inländische oder ausländische Rechtsvorschrift zum Schutz von archäologischem oder paläontologischem Kulturgut, insbesondere ohne eine nach einer solchen Rechtsvorschrift erforderliche Genehmigung, ausgegraben worden ist." (§ 2 Abs. 1 Nr. 14)
Okay, ein Betreten eines in Betrieb befindlichen Steinbruchs ohne offizielle schriftliche Genehmigung (die ja bekanntlich aus Haftungsgründen nur selten erteilt wird) ist damit also nicht gemeint, man muss schon ein Bodendenkmal geplündert haben oder eine andere Rechtsvorschrift die explizit archäologisches oder paläontologisches Kulturgut schützt, verletzt haben. Nun, das ist vielleicht auch eher selten, könnte aber aus Unkenntnis durchaus im paläontologischen Bereich passieren. Bodendenkmäler sind manchmal bewusst nicht mit Schildern ausgezeichnet (um nicht zuviel Interesse zu wecken) oder aber z. B. jemand bietet ein Fossil am Markt an, dass aus einem Bodendenkmal stammt, aber zeitlich schon vor der Unterschutzstellung gefunden wurde. Hier könnte derjenige auch in Schwierigkeiten kommen, weil er ggf. nicht so leicht nachweisen kann, dass es tatsächlich ein Altfund ist. Die Beweislast für die Tat läge aber hier beim Staat.
Unrechtmäßig eingeführt - das könnte nun eher das Problem sein. Auf dem deutschen Markt befinden sich durchaus Stücke, die aus Ländern stammen die (m. E. oftmals nicht besonders sinnvolle) pauschale Ausfuhrverbote haben. Denken wir an brasilianische Fische. Da gibt es einiges in privater und öffentlicher Hand in Deutschland, gleichwohl Ausfuhrverbote schon seit Jahrzehnten bestehen. Du besitzt also einen solchen Fisch und stellst ihn bei Ebay ein oder bietest ihn auf einer Börse an, obwohl Du schon mal davon gehört hast, dass Brasilien irgendwie ein Verbot hat.
Was passiert jetzt? Schauen wir hierzu in § 83 Abs. 1. Dir droht nun eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe!
Wenn Du gewerblich gehandelt hast, reicht sogar fahrlässiges Verhalten, aber die Freiheitsstrafe beträgt dann "nur" bis zu 3 Jahre (§ 83 Abs. 6) - soviel Zeit muss sein.
Wenn Du ein "Kulturgut" (bspw. Mineral oder Fossil) privat in Verkehr bringst (auch Anbieten, Tauschen oder Verschenken ist "Inverkehrbringen", nicht nur Verkaufen), gelten für Dich nur die Sorgfaltspflichten von § 41.
Wenn Du das "ab und zu" machst, hängt es quasi von der Einstufung durch das Finanzamt ab (gewerblich oder nicht), wenn Du es gar regelhaft machst, bist Du auf jeden Fall gewerblich. Dann gelten zusätzlich zu den Sorgfaltspflichten von § 41 auch noch die sehr strengen Sorgfaltspflichten von § 42. Wobei diese besonderen Sorgfaltspflichten erst ab 2500 Euro Wert des verkauften Stückes bzw. der verkauften Sammlung gelten (für "alles andere Kulturgut", bei archäologischen Objekten schon ab 100 Euro). Frage: welcher Händler wird wertvolle Sammlungen bei solchen Aussichten nicht in Teilstücke zerlegen, die unter 2500 Euro wert sind? Dient eine solche gesetzliche Regelung dem Kulturgutschutz und dem Zusammenhalten guter Sammlungen? Ich meine, eher nicht...
Also: Obacht geben, niemals etwas ohne exakte Kenntnis des Rechts der Herkunftsstaaten und ohne vorliegende Ausfuhrgenehmigungen verkaufen, sonst macht man sich mehr denn je angreifbar.
Wenn diese Regelungen wirklich angewendet werden, ist das Auftreten als Händler mit einem internationalen Angebot wohl nicht mal mehr für die studierten Juristen unter den Händlern (relativ rare Spezies) gefahrlos möglich.
Es ist am Ende natürlich eine Frage der Auslegung eines solchen Gesetzes durch die Gerichte, was daraus gemacht wird. Es kann sein, dass sie die uferlose Weite bereits im Ansatz bekämpfen würden. Z.B. durch eine besondere Auslegung des Kriteriums "paläontologischer Wert" (Kulturgut ist jedes Objekt von paläontologischem Wert, § 2 Abs. 1 Nr. 9). Man könnte da z. B. sagen, es muss schon einen herausragenden Erkenntniswert für die Paläontologie haben, also eine neue Art sein, oder so... ich verstehe das Gesetz aber so, dass man hier wirklich jedes einzelne Objekt meint - lückenlos.
Also ganz ehrlich, ich würde unter solchen Umständen nichts verkaufen, tauschen oder verschenken, sondern nur noch selbst sammeln und am besten nur noch innerhalb Deutschlands oder nach genauesten Recherchen über das Recht anderer Staaten, denn bei der Einfuhr kann ich ja in Teufels Küche kommen (evtl. sogar dann, wenn es bei Ausfuhr gar kein Problem gibt).
Keine Rechtsberatung (ist ja auch noch kein geltendes Recht), ich kann nur dazu raten, lest einfach einmal ein bisschen in den genannten Paragraphen und schaut selbst.
Gruß
Sönke