Hallo,
Hoffe, ein paar Argumente für mögliche Diskussionen/Überzeugungsgespräche sind willkommen:
In dem Deutschlandfunk-Interview geht es, wie in der gesamten Diskussion von Seiten der Politik immer nur um Archäologie und Kulturgut. Dabei wird vollkommen vernachlässigt, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form auch das Sammeln von Natüurgütern betrifft und die sollten davon ausgeklammert werden. Sie haben mit dem Gegenstand der Diskussion über illegal gehandeltes Kulturgut nichts zu tun, nicht einmal in der Türkei ist das Sammeln von Mineralien illegal, noch deren Ausfuhr. Problematisch ist es eher, weil unerfahrene und/oder überforderte Zöllner Mineralien bzw. "Steine" im weiteren Sinne mit Kulturgut oder Korallen o.ä. verwechseln. Hierin ist auch eine Gefahr in D zu sehen: Beamte bzw. angestellte staatlicher Stellen ohne Erfahrung beschlagnahmen Sammlungen ohne Kenntnis dessen, was da beschlagnahmt wird. Man braucht sich nur einmal in Chemieforen ein paar Beiträge zur Unkennnis in Bezug auf das Chemikaliengesetz durchzulesen. Da wird dann schon mal Calciumcarbonat oder Natriumchlorid von der Polizei oder Feuerwehr abgeholt, unter dem Vorwand, diese Stoffe seien gefährlich. Klar, Kochsalz kann mich vergiften, ist aber auch ein essentieller (lebensnotwendiger) Nahrungsbestandteil und ein veritables Brechmittel. Das alles ließe sich über jedes internetfähige Handy in weniger als einer Minute herausfinden, aber das ist ja anscheinend nicht drin.
Schauen wir uns dazu die chronisch unterbesetzten und -finanzierten Universitäten und Forschungsinstitute an. Kaum ein Institut, das ich im Bereich der Geowissenschaften kenne, wird sich freuen, wenn es eine größere Sammlung aufnehmen müsste (ich sage bewusst müsste, nicht könnte!!), die beschlagnahmt wurde. Habe auch schon Material von der Uni bekommen bzw. gesehen, wie Proben, die nicht mehr benötigt wurden, entsorgt wurden. Kein Universitätsinstitut ist personal- und Platzmäßig in der Lage, auf Dauer alle Ojekte zu archivieren und zu verwahren. Das mag im Bereich der Archäologie anders sein, ich wage es jedoch zu bezweifeln. Denen geht es nur um den Fundzusammenhang und die Aussagen über die früheren Epochen, weniger um die ohne diese beiden Sachen wertlosen Objekte selbst, sieht man mal von Edelmetall und Großfunden ab. Das ist der Hauptgrund, weshalb Raubgrabungen so gefürchtet sind. Manche Scherben, Schlacken, sogar Hölzer landen rasch auf dem Abfallhaufen oder in der Ausgrabungsstelle, nachdem die Grabung vorbei ist. Das ist einfach so, keiner kann jeden Krümel gebrauchen. Von Seiten der Archäologie ist es, wenn ich es recht erinnere, zumindest in einigen Bundesländern erlaubt, Oberflächenfunde nach entsprechender Genehmigung zum Suchen und Vorlage beim Landesamt zu behalten. Die wissen ja dann, was gefunden wurde. Solange man nicht direkt irgendwelche Kulturdenkmale mit dem Metalldetektor absucht, ist dagegen nichts einzuwenden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Sammler und Forscher hat in diesem Falle Vorteile für beide Seiten: Der Forscher erhält Informationen zu Stellen, auf die er möglicherweise selbst nie gestoßen wäre, dem Sammler wird eine Legalität garantiert und er kann sein Wissen einbringen. Das kann nur auf Vertrauensbasis erfolgen, vor allem Seitens der Forschung. Befürchtung: Und wenn der Sammler gräbt oder Funde unterschlägt? Natürlich kann man nicht garantieren, dass der Sammler nicht gräbt! Aber: Wenn der Sammler dies tut, schneidet er sich möglicherweise ins eigene Fleisch! Bekommt keine Genehmigungen mehr, die Sachen werden auch jetzt schon beschlagnahmt etc... Und das alles ohne IS, ohne Raubgräber, Teroristen!!! Die meisten Funde sind dann z.B. alte Eisenschlacken, Schrott aus dem Weltkrieg, ab und zu Bleikugeln, Scherben, Glas o.ä. Der Sammler freut sich, für die meisten Archäologen ist das wertlos, selbst mit GPS-Koordinaten. Wenn da dann mal wirklich was wertvolles rumliegt, werden die meisten Sammler (zumindest die, die offiziell eine Genehmigung einholen!!) ihre Funde der Wissenschaft gern zur Verfügung stellen. Funde, die sonst dem Pflug oder Baumaßnahmen zum Opfer gefallen wären. Ohne Hinweise aufmerksamer Amateurwissenschaftler würden viele interessante Stellen erst dann der Fachwelt bekannt, wenn es bereits zu spät ist. Literaturrecherche und Feldarbeit zum Auffinden eine-r/-s möglichen Fundstätte/-stelle/-platzes sind aufwändig (wer von uns weiß da nicht ein Lied von zu singen?), dazu fehlen den meisten Instituten einfach die Leute. Da kommen dann Amateurwissenschaftler (neudeutsch citizen scientists) ins Spiel. Nicht wenige davon kennen sich auf ihrem Gebiet besser aus als studierte Fachleute. Man denke nur an Hobbyhistoriker, die die Geschichte ganzer Orte mühsam aus Archiven zusammentragen. Die werden dann jedoch, im Gegensatz zu anderen "citizen scientists" sogar hofiert. Auch im Bereich der Geowissenschaften gibt es eine ganze Reihe solcher Zusammenarbeiten, die durchaus fruchtbar verlaufen, sogar über die Entdeckung neuer Minerale oder interessanter Gesteine der Wissenschaft wichtige neue Erkenntnisse erbrachten.
Wichtig daran: Wieder das gegenseitige Vertrauen: Der Wissenschaftler kann davon ausgehen, dass der Sammler alle wichtigen Daten zum Fund und das benötigte Material (auch im Interesse des Sammlers), bei möglichen wissenschaftlichen Untersuchungen zumindest Informationen zur Verfügung stellt, der Sammler kann darauf zählen, dass er bei Mitteilung des Fundes ´nicht rechtlich belangt wird und möglicherweise sogar noch mit Erwähnung in wissenschaftlichen artikeln Belohnt wird. Beispiele gibt es in D und A genug.
Das kann nur auf Vertrauensbasis erfolgen. Genau diese ist durch das geplante Gesetz ebenso wie durch bereits bestehende Gesetze (z.B. in BW und RP zum Denkmalschutz) in Gefahr!! Wenn ich als Sammler einen geowissenschaftlich wertvollen Fund (sogar innerhalb geltender rechlicher Bestimmungen, z.B. auf einem Steinhaufen am Feldrand oder im Besuchersteinbruch) mache (etwa ein seltenes und für Deutschland neues Mineral oder den neuen Urvogel), so kann ich den Fund entweder melden und der Wissenschaft Material zur Verfügung stellen, oder das Objekt im Tresor einschließen und mich allein daran erfreuen, bis irgendwann nach meinem Tod einer den wertlosen Stein im Müll entsorgt oder den Wert erkennt und das Objekt heimlich verkauft. Natürlich wird es immer Sammler geben, die das Stück in den Tresor sperren, aber die meisten wollen der Wissenschaft helfen und stellen ihre Stücke gern zur Verfügung. Wenn ich jedoch befürchten muss, in den Knast zu kommen oder viel Geld bezahlen zu müssen, weil ich ein Objekt nicht an Ort und Stelle liegen ließ (wo es entweder zerstört oder von einem nicht so ehrlichen Finder entnommen werden wird), dann werde ich im Zweifelsfalle genau folgendes tun: Das Stück liegen lassen, einen überlasteten Wissenschaftler ausfindig machen, ihn überzeugen, dorthin zu kommen und ihm hoffentlich das Stück vor Ort präsentieren (wer macht das bitte so?) oder doch ab in den Tresor damit!! Dann haben Sie, liebe Politiker, mit dem Gesetz genau das Gegenteil erreicht!! Die wenigen schwarzen Schafe werden von Gesetzen nicht abgehalten und die ehrlichen werden kriminalisiert!!
@Soenke: Danke. Ich hoffe, wir sehen uns in HH auf der Börse.