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Autor Thema: Verwitterung von Bismuthinit  (Gelesen 2960 mal)

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Offline Lynx

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Verwitterung von Bismuthinit
« am: 08 Dec 17, 19:20 »
Hallo zusammen

beim Aufarbeiten von Funden aus dem Erzgebirge ("Abrahamhalde", Sadisdorf, Barbora/Kupka) bin ich über verschiedene Beläge auf Bismuthinit gestoßen.

Wie verwittert Bismuthinit unter welchen Bedingungen?

Bismuthinit-> Riomarinait->Bismutit?
oder gleich Bismuthinit->Bismutit?
Was wären dazu Paragenesen?

Passen Kettnerit und Bismoclit auch in die Verwitterungsprodukte oder nicht?


Weiß jemand Details oder eventuell auch Literatur zu dem Thema?
Vielen Dank im Voraus!

Glück Auf,
Martin


Offline Lynx

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #1 am: 08 Apr 19, 21:30 »
Hallo,

nachdem ich mir jetzt noch mehr Sadisdorf-Stücke angeschaut habe, wollte ich doch nochmal fragen. Kann mir jemand weiterhelfen zu Verwitterungsformen von Bismuth bzw Bismuthinit? Gibt es da Literatur?

Was ich nämlich bislang gesehen habe  scheint alles mögliche zu sein - nur nicht Bismuthinit->Bismutit.
Angetroffen habe ich vermutlich Bismoclit (pseudomorph nach Bismuthinit), dann ein Bi-S-O-Mineral und eventuell Bi-Fe-As-O, das pseudomorph Bismuthinit ersetzt...

Erste Analysedaten gibt es schon, aber ich bin noch ziemlich am Anfang.

Falls mir jemand weiterhelfen kann wäre ich froh.
Grüße,
Martin

Offline smoeller

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #2 am: 09 Apr 19, 00:17 »
Hallo,

Kettnerit kann auch durch Verwitterung von Bismuthinit und anderen Bi-Sulfiden entstehen (z.B. Grube Clara), ist aber meiner Erfahrung nach recht selten. In Frage kommt bei Wismut noch Bismit, dann noch Beyerit anstelle von Bismutit (wenn Calcium vorhanden ist) und Preisingerit. Recht selten ist indessen das Arsenat Rooseveltit.

In der Regel sind die Pseudomorphosen nach Bismuthinit bzw. Emplektit entweder Bismutit/Beyerit, seltener Preisingerit.

Dazu kommen oft noch diese amorphen Bildungen grünlichgrauer bis gelbbrauner Farbe, die oft mit Fahlerzen zusammen vorkommen. Das ist oft Pitticit.

Glück Auf!
Sebastian

Offline Lynx

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #3 am: 10 Apr 19, 22:33 »
Hallo

Ich hatte einen Artikel von H. G. Dill gefunden, in der schematisch der Verwitterungsprozess
Bismuthinite->Riomarinaite->Bismit
beschrieben wird (1). An anderer Stelle (F. Testa) wird eine Route
Bismuthinit (bzw. Bi-Pb-S, Bi-Cu-S Mineralien) -> Bismoclit (BiOCl)-> Bismit
aufgezeigt (2). Dabei ist anscheinend Bismoclit assoziiert mit Preisingerit.

Dann beschreiben andere Autoren noch Cannonnit, Riomarinait, Tavagnascoit als Verwitterungsprodukte von Bismuthinit (3-6), wahrscheinlich ist die Liste möglicher Bi-S-O Minerale noch länger.

Tatsächlich schaut alles erst einmal ähnlich gammelig aus. Aber all die Bi-S-O Verbindungen erscheinen mir wahrscheinlicher, als ein direkter Übergang Bismuthinit-> Bismit. Und dennoch tauchen weder Riomarinait (oder die anderen Bi-Sulfate) noch Bismoclit  (oder analog Zavaritskit BiOF) häufig bei den Fundstellen auf.

Ist angewitterter Bismuthinit also wahrscheinlich von etwas anderem als Bismutit umgeben? Oder doch nur in speziellen Situationen? Lohnt es sich, solche Stufen zu untersuchen? Hat jemand zur Verwitterung von Bismuthinit (und ähnlichen Mineralien) einschlägige Literatur?


@ Sebastian
Danke für die Antwort. Du schreibst, dass Pseudomorphosen nach Bismuthinit Beyerit/Bismutit oder Preisingerit sein könnten. Ich hab von Sadisdorf beige, über gelb-braun nach grün gehende Kristalle gefunden (auf verschiedenen Stücken), die in der Zusammensetzung Bi-Fe-As-O sind, also Richtung Neustädtelit - oder doch Preisingerit?
Wie hängt Pitticit (Fe2[OHSO4AsO4]·nH2O) hier mit Bismuthinit zusammen?


Glück Auf!
Martin

EDIT: Ich hatte ursprünglich Bismutit stat Bismit geschrieben. Vielleicht war das aber garnicht so falsch?

(1)Dill, Harald G. "An overview of the pegmatitic landscape from the pole to the equator–applied geomorphology and ore guides." Ore Geology Reviews 91 (2017): 795-823.
https://doi.org/10.1016/j.oregeorev.2017.08.020

(2) Testa, Francisco, et al. "Bismoclite (BiOCl) in the San Francisco de los Andes Bi–Cu–Au Deposit, Argentina. First Occurrence of a Bismuth Oxychloride in a Magmatic–Hydrothermal Breccia Pipe and Its Usefulness as an Indicator Phase in Mineral Exploration." Minerals 6.3 (2016): 62.

(3) Bindi, L., Biagioni, C., Martini, B., Salvetti, A., Fontana, G. D., Taronna, M., & Ciriotti, M. E. (2016). Tavagnascoite, Bi4O4 (SO4)(OH) 2, a new oxyhydroxy bismuth sulfate related to klebelsbergite. Mineralogical Magazine, 80(4), 647-657.

(4) Stanley, C. J., Roberts, A. C., Harris, D. C., Criddle, A. J., & Szymanski, J. T. (1992). Cannonite, Bi 2 O (OH) 2 SO 4, a new mineral from Marysvale, Utah, USA. Mineralogical Magazine, 56(385), 605-609.

(5)Rögner, P. (2005). Riomarinaite, a new bismuth mineral from Falcacci stope, Rio Marina, Elba (Italy). Der Aufschluss, 56, 53-60.

(6) Timothy D. Murphy, Thesis, "Bismuth in the supergene environment", University of Western Sydney, 2015
« Letzte Änderung: 10 Apr 19, 23:03 von Lynx »

Offline smoeller

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #4 am: 10 Apr 19, 23:53 »
Hallo Martin,

Ich habe ca. 13 Jahre Mineralien im Schwarzwald intensiv gesammelt und studiert, zuvor auch etwas Erzgebirge und seit 2014 hauptsächlich Oberpfalz. Mir ist Bismoclit nur von Wittichen bekannt und das auch nur aus der Literatur (Walenta). Das einzige desbezügliche Stück, das ich e in den Händen hielt, war offenbar eine Neubildung (nicht analytisch bestätigt), die ich unbeabsichtigterweise erhielt, als ich eine Erzstufe mit HCl gesäuert hatte.

Leider liegen mir von meinen Stücken keine detaillierten Untersuchungen vor, weshalb ich nicht ausschließen kann, dass die genannten Verbindungen nicht vorhanden sind. Garantiert habe ich irgendwo noch Material, das ich für Untersuchungen abgeben könnte.

Die häufigsten Bildungen sind jedenfalls Pseudomorphosen von silbrig- bis cremeweißem, auch grünlichem Bismutit oder Beyerit nach Bismuthinit oder Emplektit, wobei dies von einzelnen Pusteln auf Erznadeln, über hohle Pseudomorphosen bis hin zu vollkommener Umwandlung geht.

Meine Erkenntnisse beruhen im Wesentlichen auf Emplektit, der im Schwarzwald bei weitem häufiger ist als der Bismuthinit.

Evtl. sollte man noch Bismutoferrit mit in die Betrachtung aufnehmen, der kommt z.T. in der Umgebung der Pseudomorphosen vor.

Preisingerit ist bei den gelblichen und grünlichen Pseudomorphosen von Wittichen eher eine "begründete Vermutung", irgendwas in der Richtung wurde mal analysiert und dann hat sich das Verbreitet. Ich meine, die Beschreibung geht auch auf Walenta zurück. Preisingerit ist unterdessen von Wittichen nachgewiesen, damit ist die Bestimmung zumindest begründet.

Der Pitticit bezog sich auf Verwitterungsbildungen Bi-haltiger Fahlerze, u.a. von Freudenstadt, die  früher häufiger als "Bismit" oder "Bismutit" bezeichnet wurden, aber samt und sonders Pitticit sind.

Glück Auf!
Sebastian

Offline saubachherr

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #5 am: 14 Apr 19, 17:44 »
Hallo,
das Thema finde ich sehr interessant,da ich auch in Sadisdorf sammeln gehe.
Nach den Beschreibungen vermute ich das es sich um das gleiche Material (Bild) handelt. An dem Stück wurde eine Element Analyse gemacht. Es handelt sich um ein Bi-Arsenat mit geringem Fe-Anteil.
Genauere Untersuchungen stehen noch aus. Bei allen Proben die ich gefunden habe,ist Wolframit in Paragenese mit vorhanden. Zudem sind die Kristall Büschel in kleinen Hohlräumen im dichten Quarz zu finden.
Könnte das auch eine primäre Bildung sein?

Grüße
Frank 

Offline smoeller

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #6 am: 14 Apr 19, 18:43 »
Hallo,

Das ähnelt sehr dem Material von Wittichen, das gern als Preisingerit genannt wird. Es ist keine primäre Bildung, sondern Pseudomorpose nach Bi-Sulfiden.

Glück Auf!
Sebastian

Offline Lynx

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #7 am: 14 Apr 19, 19:02 »
Hallo zusammen

ja genau - ein Teil meines Materials sieht auch so aus.... Bei einer anderen Stufe war der Fe-Anteil deutlich größer und die Kristalle bräunlich -grün
Da bin ich allerdings noch am werkeln.

Gruß, Martin

Offline Lynx

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #8 am: 14 Apr 19, 19:28 »
Nachtrag:
Für die bräunlich grünen xx (in der Morphologie wohl pseudomorph nach feinen Bismuthinit-Nadeln) ergab EDX (Joy und auch noch andere Quelle) etwa (in Atom %)

Element    #1    #2
Bi    28.77    27.38 
Fe    28.82    28 
As    18.54    17.35 
  11.54    12.12 
Cu    --    4.56 
Al    7.70    7.0 
Si    4.62    3.6 

Das sieht in meinen Augen schon fast wie Neustädtelt aus.

Gruß, Martin

Offline Lynx

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #9 am: 14 Apr 19, 19:55 »
Und für den creme-weissen (das schaut ziemlich so aus, wie das Bild von Frank):

(in Atom %; andere Quelle, daher andere Zahlenwerte; das Verhältnis sollte aber stimmen)

Element    #1    #2
Bi  10.87   9.43
Fe    3.87    3.29 
As    4.53    4.25 
  1.29    1.18 
und evtl. Spuren von Tl, U, Al, Si, S

Bei diesen Kristallen wird deutlich weniger Eisen gemessen, etwa: Bi:(As+P):Fe=3:1.5:1
an

Gruß, Martin

Offline Lynx

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Re: Verwitterung von Bismuthinit
« Antwort #10 am: 24 Apr 19, 00:26 »
Und hier noch ein Bild zu dem Neustädtelit-artigem Material. Bildausschnitt dürft um 1 mm liegen (muss ich noch nachmessen).
Gruß, Martin