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Autor Thema: Kein Kieselholz mehr in Zentraleuropa nach 14 Mio. vor heute? Ein Scherz ...  (Gelesen 2399 mal)

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Offline oliverOliver

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Kein Kieselholz mehr in Zentraleuropa nach 14 Mio. vor heute? Ein schlechter Scherz …..

Die Autoren (Madelaine Böhme, Manuela Aiglstorfer, Dieter Uhl, Ottmar Kullmer) von „The Antiquity of the Rhine River: Stratigraphic Coverage of the Dinotheriensande (Eppelsheim Formation) of the Mainz Basin (Germany)”
( http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0036817 ) behaupten in dieser Arbeit, dass in Zentraleuropa die Bedingungen für die Silifizierung von Holz nach dem miozänen Klimaoptimum nicht mehr gegeben gewesen seien, und leiten daraus sogar „stratigrafische Information“ ab. So gut ich diese Arbeit auch ansonsten finde, diese Aussage ist meines (und nicht nur meines) Erachtens völliger Unsinn, und ganz und gar nicht haltbar.
Zitat:
Zitat
„Also the occurrence of silicified Cupressaceae wood within the bone-bearing level directly below the leaf flora in Sprendlingen 2 provides stratigraphic information. The silicification of wood is a permineralization process by silica solution or colloid. Silica saturated waters can be supplied under the influence of volcanic activities or intense silica weathering, which is most amplified under warm and humid climate. In southern Germany, the silicification of wood is a common process from the late Early Miocene up to the early Middle Miocene. This corresponds to the warm and humid Miocene Climatic Optimum. The youngest silicified wood from the NAFB is about 14.5 Ma old, and associated with intensely weathered gravels. Younger Middle Miocene sediments contain fresh feldspar grains (e.g. Moldanubische Serie) and fossil wood is always non-silicified (usually preserved as limonitic-filled holes, like in the middle part of the Sprendlingen 2 section). These data indicate that in Central Europe favorable climatic (weathering) conditions for the silicification of wood may have terminated by the end of the Miocene Climatic Optimum around 14 Ma, when mean annual temperatures in southern Germany decreased from between 18.6 and 20.8°C at around 15 Ma to below 16°C after 14 Ma. Silicified wood in the bone-bearing level therefore indicates an age older than 14 Ma.”

Den Aussagen in diesem Absatz ist gleich in mehreren Punkten zu widersprechen.
Beginnen wir mit der „stratigrafischen Abfolge“ von Kieselholz zu limonitisiertem Holz/Holzabdrücken. Ob Holz silifiziert oder limonitisiert wird, hat, wie viele Beispiele zeigen, nichts mit dem Alter der Sedimente oder den klimatischen Bedingungen zu tun, sondern mit dem chemischen (Mikro-)Milieu im jeweiligen Ablagerungsbereich. So kommen vom Paläozoikum bis zum Känozoikum silifizierte und limonitisierte Hölzer häufig in jeweils gleich alten Sedimenten vor, oft sogar innerhalb derselben Formation oder sogar in den gleichen Fundschichten. Nehmen wir als erstes Beispiel die obermiozäne Hollabrunn-Mistelbach-Formation ( https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,30292.0.html ) in Niederösterreich. Die HMF ist bekannt für das häufige Auftreten silifizierter Hölzer, besonders – aber nicht nur – im Bereich um den Hollabrunner Wald. Die dortigen Sedimente sind dem älteren Ablagerungszeitraum der HMF zuzuordnen (Pannonium B und vor allem C, Dank für Information an M. Harzhauser.), und es gibt in ihnen in gleicher Stratigrafischer Position sowohl gut silifizierte Hölzer als auch Holzabdrücke im Limonit. Und manchmal sind beide Erhaltungsformen sogar am selben Stück vertreten! (vgl. https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,30292.msg240854.html#msg240854 )
Allgemein kann aber festgestellt werden, dass hier die Limonit-Fossilisation häufiger, die Silifizierung seltener vorkommt.
Weiter im Westen, in der Umgebung von Krems, finden sich vor allem Sedimente aus dem jüngeren Ablagerungszeitraum der HMF, und hier bietet sich ein ähnliches Bild. Während in einer Schottergrube Hölzer in einer Kiesel-Limonit-Erhaltung vorkommen, gibt es in einer anderen, nicht weit davon entfernten, lediglich Abdrücke in Limonit bzw. schlecht erhaltene limonitisierte Holzfasern.

Selbiges gilt z.B. auch fürs Oligozän – hier kommen etwa in der Linz-Melk-FM (Ober- und Niederösterreich) sowohl silifizierte Hölzer als auch limonitisierte Holzreste und Holzabdrücke vor, wobei meinen Beobachtungen nach wiederum die limonitisierten dominieren (vgl. https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,30219.0.html ).
Und auch in der St. Marein-Freischling-Fm – hier sind öfters Kieselhölzer in Kondensationshorizonten angereichert, im anstehenden Sediment aber Limonithüllen häufig, Kieselhölzer hingegen selten.
Oder, um – als letzten fürs Oligozän – mal einen nicht-österreichischen Vergleich zu bringen: In der Alzey-Fm (Weinheimer Meeressande, Rupelium) treten meines Wissens nach – außer dem eng begrenzten lokalen Vorkommen von Barythölzern in Steinhardt – nur Holzreste in Limoniterhaltung (mit Teredinidae-Bohrgang-Steinkernen bzw. als Limonit-Hohlraumfüllungen) auf (es gab da mal, soweit ich mich erinnere, einen Beitrag in der zeitschrift „Fossilien“), anderswo aber, z.B. in Espenhain (ebenfalls Rupelium) sind sehr wohl Kieselhölzer vertreten – sogar riesige Exemplare.

Und selbst im Perm treten Kieselholz und limonitinkrustierte Achsen bzw. Limonitumhüllungen miteinander auf – etwa auf einer Fundstelle in der Gharif-Formation, welche Marian Timpe auf seiner website vorstellt:
http://www.petrified-wood.de/fundregionen/om_huqf_al-wusta_nord.htm

Nun aber zum hauptsächlichen Kritikpunkt, den nach-Badenium-zeitlichen bzw. obermiozänen Kieselhölzern:
Die HMF-Hölzer habe ich ja schon angeführt, wobei noch nachzutragen wäre, dass die geochronologische Einstufung der HMF ins Pannonium (12 bzw. 11 – 8 bzw. 7 Ma.) biostratigrafisch bestens abgesichert ist, und der Großteil der Hölzer aus ihren Sedimenten eindeutig nicht umgelagert ist (fehlende Abrollung etc.).
Die HMF ist aber kein Einzelfall – auch aus den küstennahen marinen Sedimenten des Sarmatiums bei Wien wurden Kieselhölzer bekannt, siehe: https://www.mineralienatlas.de/?l=42474
Oder, um näher ans bayerische NorthernAlpineForelandBasin heranzurücken, mit dem die Autoren im oben zitierten Absatz argumentieren, die Sedimente der oberösterreichischen, in unmittelbarer Nähe zur bayerischen Grenze gelegenen Hausruck-Gruppe – konkret zu den Sedimenten der Ampflwang-Formation: diese wird ins Untere Pannonium gestellt, was nicht zuletzt aufgrund pollenanalytischer Untersuchungen gut abgesichert ist. Und in der Ampflwang-Fm kommen nicht nur Kieselholzer vor ( siehe Fossilfotos unter https://www.mineralienatlas.de/?l=25697 ), sondern auch silifizierte Osmunda-Rhizome (https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,43305.0.html ) und regelrechte „Verkieselungshorizonte“ mit eingekieselten Wurzelböden bzw. fossilführende Kieselkonkretionslagen – diese allerdings eben wiederum nur stark lokal beschränkt.
Oder, um im Pannonium zu bleiben, aber ins Burgenland wechselnd: die bekannte Fundstelle auf den Csaterbergen. Auch hier sind nicht nur die Hölzer silifiziert, sondern ebenso wurzelbodenartige Seeuferbereiche, Sumpfgrasrhizome, Halme etc. (siehe https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,39397.0.html und die dortigen Lexikon-links).
Diese Aufzählung ließe sich lange fortführen – man denke nur an die unzähligen jungmiozänen Kieselholzvorkommen in Ungarn (Süßwasser-Silizite mit Hölzern und verkieselten Sumpfgras-Rhizomen etc.).

Die oben zitierte Schlussfolgerung ist also völlig unzulässig, und sie geht rein nach der Temperatur, welche überbewertet wird, vernachlässigt aber – obwohl ja eingangs sogar angeführt! – den Vulkanismus (z.B. in Pannonien – auch bayerische Bentonit-Vorkommen werden auf pannonischen Vulkanismus zurückgeführt!), Thermal-/Mineralquellen etc. als Lieferanten für „Verkieselungsmaterial“.

Nicht nur Unsinn, sondern Fahrlässigkeit wird es aber dann, wenn das Auftreten oder Nichtauftreten von Kieselholz als missbräuchlich stratigraphisches Argument verwendet wird – wie in dieser Publikation geschehen.
Und beinahe noch verhängnisvoller ist der Fehler, Kieselerhaltung und Limoniterhaltung diachron gegenüberzustellen – die Art der Überlieferung ist keinesfalls ein chronologischer Anhaltspunkt oder Marker, sondern hingegen rein von den Bedingungen für die Fossilisation und deren Umständen abhängig – sh. oben. Zu manchen Zeiten treten in den selben Sedimenten Limonit- und Kieselerhaltung nebeneinander auf, zu anderen Zeiten werden in einem Teilgebiet Hölzer silifiziert, während sie in einem oft gar nicht weit entfernten Gebiet limonitisieren – daraus chronologische Schlussfolgerungen abzuleiten, ist absolut unzulässig.
Ich weiß ja nicht, wie die Autoren „Zentraleuropa“ definieren (nur Deutschland? >:D), aber zumindest Österreich würde ich da schon noch dazuzählen ….

p.s.: Eigentlich wollte ich den Beitrag ja – etwas ausführlicher, und entsprechend wissenschaftlicher gestaltet – in einer Fachzeitschrift als „offizielle Entgegnung“ publizieren, das war mir aber dann den Aufwand doch nicht wert …
« Letzte Änderung: 23 Feb 18, 15:46 von oliverOliver »

Offline oliverOliver

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Nun, ich vermute mal stark, dass es auch in Deutschland Fundstellen mit Kieselholz aus gesichertem und datiertem geologischem Kontext gibt, die nach-Badenium-zeitlich, sprich jünger als 14 Mio. sind.
Würde mich freuen, wenn jemand Infos/Fotos etc. von solchen Fundstellen bzw. Hölzern hier einstellen würde ....

oder, mal anders gefragt:
was sind die jüngsten, stratigrafisch abgesicherten Kieselholzfundstellen, die ihr in Deutschland bzw. allgemeiner in Mitteleuropa kennt?
« Letzte Änderung: 21 Mar 18, 15:46 von oliverOliver »

Offline oliverOliver

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Hier noch Links zu zwei Themen von Grille, die mit im wahrsten Sinn des Wortes "gewichtigen Argumenten" gegen die obige abstruse Theorie aufwarten können:
https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,46601.0.html
https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,46482.0.html
 :D :D :D

Wir haben also alleine in Österreich Kieselholz-Belege für alle nach-badeniumzeitlichen jungmiozänen Abschnitte:
sowohl fürs Sarmatium, als auch fürs Pannonium und Pontium.
« Letzte Änderung: 22 Mar 18, 13:13 von oliverOliver »

Online jlies

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Gibt es zu Olivers Fragen irgendwelche Neuigkeiten, die es lohnen würden, hier gepostet zu werden?

 

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