Hallo Torsten,
Das Stück auf Deinem Foto ist absolut faszinierend! Vielen Dank das Du es in hoher Auflösung eingestellt hast, so das man Details erkennen kann. Leider fehlt ein Maßstab. Das ist bei rätselhaften und seltenen Funden immer ungünstig, sei Dir aber ausnahmsweise verziehen.
(Ich gehe davon aus, das der oval erscheinende, (?)verdickte Knoten an dem die Blätter wirtelig ansitzen ca. 5mm durchmisst.)
Die Nervatur der Blättchen, die nicht nur basal gabelt, sondern oben weiter verzweigt (!) - gut zu sehen an dem Blättchen das am weitesten nach rechts ragt - spricht deutlich
gegen Annularia! Das hier muss also ein "Keilblatt" (
Sphenophyllum) sein!!
Aber offensichtlich stimmt etwas nicht mit diesem Blattquirl! Er besteht nämlich nicht aus 6 Blättern – sondern aus 10!! ..außerdem ist der Blattquirl wohl einigermaßen isophyll.
Das waren vermutlich auch Deine Gründe den Fund
Annularia zuzuschreiben.
Das kann ich gut nachvollziehen. 10 ist eine sehr ungewöhnliche Zahl. Bei permischen Sphenophyllen habe ich sowas noch nie zuvor gesehen! (..bei karbonischen Formen jedoch schon!)
Vermutlich weißt Du, dass die Achsen der Sphenophyllen ein zentrales triarches Leitbündel besitzen. Daher ist die Anzahl der Blätter im Quirl (Blattwirtel) normalerweise "dreizählig" also: 6, 9 oder 12.
Alle im Rotliegend vorkommenden Arten haben aber stets 6 Blättchen pro Quirl. Das gilt auch für die heterophyllen Arten (z.B.:
Sph. oblongifolium) die an den Hauptachsen ganz andere Blätter tragen als an den Zweigen höherer Ordnung.
(Im Grunde sind wohl die meisten
Sphenophyllum-Arten heterophyll – nur sind nicht alle vollständig bekannt.)
Im Karbon gibt es "Arten" bei denen 10 Blätter im Quirl häufiger zu beobachten sind: z.B. bei
Sph. myriophyllum Crépin aus dem Westfal. Ich bezweifle aber, dass dieses "Formtaxon" eine eigenständige Art ist. Es handelt sich vermutlich nur um einen speziellen Teil einer
Sphenophyllum-Pflanze der, zusammen mit anderen Formtaxa der gleichen Fundhorizonte, zu einer "biologischen" Art kombiniert werden muss - sobald die Zusammenhänge klar sind.
Wie gesagt: Ich habe noch
nie zuvor eine
Sphenophyllum aus dem Rotliegend mit 10 Blättern im Quirl gesehen! ..und ich kenne auch keine Erwähnung eines vergleichbaren Falles in der Literatur. Auch keinen mit 8, 9 oder 12 Blättern.
Daher habe ich leider auch keine gesicherte "Lösung" für Deinen Fall parat. Ich könnte mir vorstellen, dass es sich hier um einen Blattquirl in einer ganz speziellen Position handelt. Z.B. ganz tief basal an der Hauptachse. Dieser Teil der Pflanze ist bei nahezu allen Arten weitgehend unbekannt und fehlt daher auch in allen Rekonstruktionen: angefangen von der bekannten
Sph. cuneifolium-Reko von Hirmer (1927) bis hin zu modernen Rekos wie z.B. der
Sph. costae-Reko von Bashfort & Zodrow (2007) – die auch ausdrücklich als "partial reconstruction" gekennzeichnet ist.
Natürlich könnte die seltsame "Zehnblättrigkeit" Deines Fundes auch eine ganz andere Ursache haben. Vielleicht ist es nur eine seltene Aberration?
In der Döhlen-Formation sind basale Teile, sogar Wurzeln, von Sphenophyllen bekannt. Jedoch kaum einer speziellen Art zuzuordnen. Die beste Darstellung des aktuellen Kentnisstandes dazu gab Manfred Barthel (2016) in der "Döhlenflora". Das ist "state of the art" - das gesicherte aktuelle Wissen bestens zusammengefasst!
Bei Deinem Fund kann man quasi, von unten, in den Knoten hineinschauen aus dem die Blättchen entspringen. Die "Döhlener Edelerhaltung" liefert hier mal wieder tolle Details!
..und was man da sieht, ist es, was mich so fasziniert:
Die oberen beiden Blättchen sind "normal" aber bei den seitlichen Blättern ist, noch im Knoten, eine ganz frühe Gabelung angelegt! (Rote Pfeile) Wo normalerweise nur ein Blättchen rausgucken sollte – sind es hier zwei!
Bei den vier (normal zwei) unteren Blättchen ist das wahrscheinlich genauso.
So werden aus 6 Blättern: 10! Faszinierend!
Bei seitlich überlieferten Compressions kann man natürlich nicht in den Knoten hineinschauen. Aber auch bei den vielen isolierten, in der Ebene ausgebreiteten Blattquirlen die ich im Karbon und Perm schon gesehen habe blieben solche Details stets verborgen.
Hat das Stück schon mal ein Experte für Sphenophyllen gesehen? Gibt es einen Gegendruck? Wenn ich das richtig sehe, dann stecken die Enden aller 10 Blätter im Gegendruck. Es wäre irre gut, wenn man die präparieren könnte!
Wie sehen die wohl aus? Sind sie median tief lanciert? ("
bifidum"-Blätter !) ..oder enden sie breit und ausgefranst? (Die
Sph. thonii-Pflanze ist ja nicht vollständig bekannt!)
Ich würde mich über eine Antwort von Dir freuen.
Liebe Grüße
Stephan