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Autor Thema: Radioaktiver Galenit ?  (Gelesen 2346 mal)

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Offline harzgeist

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Radioaktiver Galenit ?
« am: 15 May 19, 12:54 »
Hallo,

Auf der Galenit-Seite findet sich der folgende Eintrag

Zitat
Radioaktivität
als uranhaltige Galenit-Abart, durch uranhaltiges Blei des Isotops Pb-206

Diese Aussage ist für mich gleich in mehrfacher Hinsicht unverständlich

uranhaltige Galenit-Abart: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Uran in das Galenit-Gitter eingebaut werden kann, zumal ja gleichzeitig noch ein weiteres, elektronegativeres Element eingebaut werden müsste, um das Ladungsgleichgewicht zu gewährleisten.
Eine mechanische Beimengung von U-Mineralen zu Galenit ist m.E. kein Grund, diesen selbst radioaktiv zu nennen.

uranhaltiges Blei: was hat man darunter zu verstehen ?

Blei des Isotops Pb-206: Dieses Isotop ist stabil, also NICHT radioaktiv, ebenso wie das aus der Uran-Actinium-Reihe gebildete Pb-207.

Die anderen beim U-Zerfall gebildeten Pb-Isotope 210,211,214 sind viel zu kuzlebig, um in natürlich entstandenem Galenit relevant zu sein.

Nun enthält aber natürliches Blei einen geringen Anteil von radioaktiven Pb-204, das jedoch unabhängig vom Uran-Zerfall in jedem Blei als primordiales Radionuklid vorhanden ist. Wenn Galenit aufgrund dessen als "radioaktiv" bezeichnet wird, müssten auch alle anderen Bleiminerale als radioaktiv eingestuft werden, ebenso wie alle Kalium-, Wismut-, Samarium-, Lanthan-, ... Minerale.

Sollte der Eintrag geändert werden (wenn ja, wie) oder ganz entfernt werden?

Thomas

Offline Sebastian

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #1 am: 15 May 19, 13:45 »
Hallo,
Offensichtlich ist diese Information von Wikipedia entnommen (Quelle?), Wikipdia zitiert hier mindat wo ein Satz dazu steht ohne Quellenangabe. Aufgrund der mangelnden Belege sollte der Zusatz so entfernt werden.
Gruß Sebastian

Offline Fabian99

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #2 am: 15 May 19, 13:56 »
Hallo,

ich hatte ja versprochen mal etwas zu lesen.

Galenit wie auch Pyrit wechselwirken mit uranhaltigen Lösungen.
https://link.springer.com/article/10.1007/BF01164232
Conditions of the deposition of uranium from hydrothermal solutions of metal disulfides according to the experimental data

und
https://link.springer.com/article/10.1007%2FBF01115821?LI=true
Some data on equilibria of the systems MeS(MeS2)-UO2SO4-H2O at elevated temperatures

Damit tritt die Fällung von U im Bereich von Sulfiden auf. Siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Uranlagerst%C3%A4tte#Geochemie_des_Urans

somit kann Uran in der Nähe von Sulfiden angereichert vorliegen.

Aber:

Zur Genese der Uran-Lagerstätten in Deutschland
https://e-docs.geo-leo.de/bitstream/handle/11858/00-1735-0000-002B-91E3-1/GeneseUranlagerst%C3%A4ttenD.pdf?sequence=1&isAllowed=y Seite 17

Am Westrand der Böhmischen Masse (Nordost-Bayern) unterscheidet Harald Dill zwei Hauptparagenesen von
U-Erzmineralisationen: „Two different types of ore mineralization may be established. The 'polymetallic U
paragenesis' (U occurs in single oxides with variable sulfides, arsenides, selenides of Fe, Cu, Zn, Pb, Ni, Co, Bi,
and native elements) is assumed to be genetically connected with the granitic activity itself and its postmagmatic phenomena. The 'monotonous U paragenesis' shows a great variability in U bonding (U titanates, U
oxides, U-Ti silicates), pyrite is the only sulfide. Though belonging to the Late Variscan thermal activity, it is
probably more akin to the rift processes which started during Late Variscan. Triassic to Jurassic redeposition is
proved by age datings” (DILL, 1986, S. 288)

Beschreibt das Nebeneinander von U-Oxiden zu den Sulfiden oder noch deutlicher:
Neuerdings wird für die ‚uqk‘-Assoziation eine genetische Beziehung zu den spätvariszischen Lamprophyren
postuliert“ (BAUMANN et al., S. 82). Lamprophyre kommen – ähnlich wie die Granite – als strukturelle
Wegbereiter, als (raumzeitlich begrenzte) Energielieferanten und als Anzeiger für Wärmeströme in Betracht.
Stofflich erweisen sie sich mit ihren sulfidischen Komponenten zwar als Goldlieferanten (SCHADE, 2014) aber
nicht als Uranquelle
Seite 21.

Also liegt vermutlich bis zum Beweis des Gegenteils Uran als Oxid = Pechblende neben den Sulfiden vor.

Daten zu (Galena or Galenite) and Uranium habe ich nicht gefunden.

zum Thema der Isotope kommt später noch was.

LG

Offline smoeller

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #3 am: 15 May 19, 20:49 »
Hallo,

Meines Wissens liegt Uran selbst in sulfidreichen Ganglagestätten primär immer vierwertig als Oxid (Uraninit, Brannerit) oder Silikat (Coffinit) vor. Entscheidend ist dabei der Ionenradius  bzw. die Wertigkeit. Blei ist in den Sulfiden meist zweiwertig, d.h. relativ groß im Vergleich zum vierwertigen Uran. Da passt das Uran nicht ins Gitter. Uran geht primär mit Sauerstoff Verbindungen ein, selbst unter stark reduzierenden Bedingungen.

Was entscheidend ist: Beim Zerfall von Uran entsteht Blei als stabiles Ende der Zerfallsreihe, ja. In der Regel dürfte das Blei im Uraninit bleiben, es sei denn, es kommt zu einer starken Umlagerung des Primärerzes unter kompletter Rekristallisation. Eher behält Uraninit Blei als dass Galenit Uran einbaut.

Glück Auf!
Sebastian

Offline aca

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #4 am: 16 May 19, 09:32 »
Hallo,
Offensichtlich ist diese Information von Wikipedia entnommen (Quelle?), Wikipdia zitiert hier mindat wo ein Satz dazu steht ohne Quellenangabe. Aufgrund der mangelnden Belege sollte der Zusatz so entfernt werden.
Gruß Sebastian

https://www.mindat.org/locentry-218251.html
Kerr, P.F. (1935) U-galena and uraninite in Bedford, New York cyrtolite. American Mineralogist, 20, 443-450
http://www.minsocam.org/ammin/AM20/AM20_443.pdf

https://www.mindat.org/locentry-108745.html
Geological Survey of Finland 2008. Sivakkaharju - Gold Database

Offline Sebastian

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #5 am: 16 May 19, 09:54 »
Danke für den Hinweis.
Also in der Publikation steht eindeutig, dass U-Galenit aus Pb gebildet ist, das rein aus dem Zerfall von Uran zurückzuführen ist.
(Isotopenverhältnis anders als bei hydrothermalen Galenit). Besser wäre das dann "U-derived Galena" zu nennen.
Die Publikation beschreibt weiterhin das es sehr selten geologisch zu solchen Bildungen kommt. Testen sollte man das können indem man Isotopenanalysen vornimmt und kein Pb 204 nachgewiesen werden kann, sowie sollte es vorwiegend Pb 206 enthalten.
Beste Grüße,
Sebastian

Offline Fabian99

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #6 am: 16 May 19, 10:10 »

http://www.minsocam.org/ammin/AM20/AM20_443.pdf


Hallo,

danke für diese Arbeit! Also ist kurz zusammengefasst (wie Sebastian auch schon sagte), U-Galenit aus dem Blei des Uran-Zerfalls gebildet und nur über die Isotopenanalyse zu erkennen. Auch ist das Vorkommen in einem Zirkon beschrieben, der massiv Uran enthält. Also würde ich es auch streichen. Gibt es Stellen die dem widersprechen?

Dann brauche ich keine Isotopenverteilung bei dem jungen erzgebirgischem Zeugs rechnen ;-)

LG

Offline harzgeist

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #7 am: 16 May 19, 17:21 »
Hallo und danke für alle Antworten!

Den Passus ganz zu löschen, halte ich für keine gute Idee, weil es ja auf verschiedenen Seiten falsch bzw. missverständlich dargestellt wird. Die Darstellung auf Wikipedia ist zwar nicht falsch, kann aber leicht missverstanden werden, wenn man das Wort "dagegen" nicht beachtet und/oder nicht weit dass das Isotop 206 stabil ist. Ist mir jedenfalls so gegangen ...

Zitat
Meist erhalten solche Varietäten keinen Eigennamen oder werden nur mit dem Zusatz des enthaltenen Elements versehen (Beispiel „silberhaltiger Galenit“ oder „Silber-Galenit“). „Uran-Galenit“ (kurz „U-Galenit“) enthält dagegen das Blei-Isotop 206Pb, das beim Zerfall des Uran-Isotops 238U entsteht
Irgendwo habe ich auch was von U-haltig gelesen (kann die Seite aber nicht mehr wiederfinden).

Ich meine deshalb, dass wir auf die Problematik eingehen sollten. Deshalb hatte ich mir gestern diesen Entwurf überlegt, der auch nach euren letzten Beiträgen so oder so ähnlich bleiben kann (denke ich).

Natürliches Blei enthält auch immer das Isotop Pb-204 (Alphastrahler). Deshalb sind grundsätzlich alle Bleiminerale sehr schwach radioaktiv. Galenit aus Uranlagerstätten kann durch enge Vergesellschaftung mit Uraninit (u.a.) höhere Radioaktivität aufweisen, ohne aber selbst stärker aktiv zu sein. Galenit auf Uranlagerstätten hohen geologischen Alters kann einen erhöhten Gehalt an Pb-206 enthalten, jedoch geht von diesem keine Radioaktivität aus.


Sind die kursiv dargestellten Formulierungen zu allgemein gehalten? Zu lang darf's ja auch nicht werden.

Thomas

Offline Sebastian

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #8 am: 16 May 19, 17:50 »
Hallo Thomas,
Ich glaube mit deiner Formulierung triffst du den Punkt nicht.
Es geht nicht um eine eventuelle Radioaktivität oder U- Gehalte von Galenit, sondern um den Punkt,
dass U-Galenit rein aus Blei entstanden ist das durch den Zerfall von Uran
238 und Uran 235 gebildet wurde. Deshalb hätten diese Galenite KEIN Pb 204.
Um was anderes geht es nicht. U-derived Galenit (deshalb denke ich passt dieser Begriff besser) ist etwas leichter im Durchschnitt der isotopenzusammensetzung als normaler Galenit.

Also U-Galenit: aus Pb entstanden das durch den Zerfall von U aus (lokalen) U- Mineralen gebildet wurde (durch Remobilisation etc.)

Gruß Sebastian

Offline harzgeist

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #9 am: 16 May 19, 18:51 »
Hallo Sebastian,

Zitat
Es geht nicht um eine eventuelle Radioaktivität oder U- Gehalte von Galenit
Doch! Genau darum geht es (primär). Um die Eintragung auf der Galenit-Seite unter dem Punkt "Radioaktivität"!

-dort "keine" einzutragen wäre falsch wegen Pb 204
-gar nichts einzutragen würde andere Darstellungen unkommentiert lassen
Wikipedia MEINT ein anders Isotopenverhältnis, ABER ...
Wer nicht in der Materie steckt, liest doch Uran-Zerfall => Isotop => radioaktiv
...und dann kommt es zu falschen Aussagen, wie im Eingangsbeitrag zitiert: radioaktiv durch Blei des Isotops Pb-206

Dass es Galenit mit komplett durch U-Zerfall entstandenem Pb gibt, halte ich (im Unterschied zu einem abweichenden Isotopenverhältnis) für einen extremen Sonderfall, auf den wir nicht eingehen müssen. Es müsste ja eine Rekristallisation unter Ausschluss von 'fremdem' Blei stattgefunden haben. Oder wie sollten schreiben, dass in diesem Fall infolge Abwesenheit von 204 paradoxer Weise gar keine Radioaktivität vorhanden wäre. Halte ich aber für zu speziell und möglicherweise verwirrend. Eine gesonderte Seite "Radiogalenit", wäre wohl zu aufwändig (wenn man's richtig machen will)

Thomas

Offline Sebastian

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Re: Radioaktiver Galenit
« Antwort #10 am: 16 May 19, 19:10 »
Hast du die Publikation gelesen?
Es geht NiICHT darum. Dein gesondert Spezialfall ist genau der auf den hier abzielt wird mit der Beschreibungen.
Bitte lies erst die Literatur auf die wir uns beziehen (Wikipedia, Mindat ...).
Ja der Begriff ist Mist, schrieb ich auch so. Und bei Galenit keine Radioaktivität einzutragen ist natürlich richtig.
Unterhalb jeder nachweisgrenze liegt die Radioaktivität. Das ist einfach quatsch.
Also bitte lesen.
Gruß Sebastian

P.S. das steht im Absatz U-Galenit:
Zitat:
In 1931 when Muench published his interesting account of the Bedford cyrtolite he furnished several determinations of the lead and uranium content of the mineral. On the basis of these deter- minations and following the usual methods (4) usedfor the purpose of ascertaining the agefrom the lead-uranium ratio he computed the age of the cyrtolite, giving an age ol 373 million years. More recently Baxter and Alter (5) determined the atomic weight of the lead in Bedford cyrtolite finding the figure 205.924.It was Baxter and Alter's conclusion that the lead was essentially uranium lead, that is lead derived substantially from the disrntegration of uran- ium. The atomic weight is slightly lower than it should be but in any event it is considerablybelow the atomic weight 207.21deter mined by Baxter and Alter (6) for the common lead from Coeur d'Alene, Idaho.
In view of the above chemical data it seemsreasonableto con- clude that the atomic weight of the lead in the crytolite is not that of common lead. Since the cyrtolite has been consideredby both Muench and Baxter and Alter to be thorium free it would not be likely to be of thorium origin.
Zitat Ende

Offline Josef 84,55

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Re: Radioaktiver Galenit ?
« Antwort #11 am: 16 May 19, 20:08 »
Hallo

Blei wegen den laut Wikipedia 1,4% Blei 204 radioaktiv zu nennen ist absurd!
Es ist schließlich eine Alphastrahler mit einer Halbwertszeit von 10 hoch 17 Jahren!
Selbst der Nachweis der sehr sehr seltenen Alphastrahlung ist durch die niedrigen 2,186 MeV ist schon anspruchsvoll.

Grüße Josef