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Autor Thema: Saidenbachit  (Gelesen 1759 mal)

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Offline oliverOliver

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Saidenbachit
« am: 25 Mar 21, 21:03 »
Anm. Mod.:
von einer Rätselfrage abgetrennt


neben den geochemischen Beweisen natürlich auch die petrologischen:
Saidenbachit, ein exhumierten UHP-Paragneis mit Diamanten in Granaten, wobei im Gneis selbst immer wieder Linsen von retrograden Eklogiten enthalten sind.

Soviel zum Thema des zwingend extrem schnellen Aufstieges der Kimberlitschmelzen

Aber der Saidenbachit hat doch meines Wissens nach nichts mit Kimberlit zu tun?
Kimberlit sollte doch weitgehend quarzfrei sein, während Saidenbachit ein quarz- und feldspatreiches Gestein ist?
Oder seh ich das jetzt ganz falsch?
« Letzte Änderung: 25 Mar 21, 22:13 von oliverOliver »

Offline felsenmammut

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Re: Saidenbachit
« Antwort #1 am: 25 Mar 21, 21:52 »
Glück Auf!

Ich habe keine Antwort auf die eigentliche Frage. Aber wenn wir hier schon Kenner des Saidenbachits haben, ließe sich vielleicht auch die fehlende Lexikonseite dazu einrichten und füllen.

Mit freundlichen Grüßen

Das Felsenmammut

Offline oliverOliver

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Re: Saidenbachit
« Antwort #2 am: 25 Mar 21, 22:11 »
jo - hab ich schon erwogen. Wenn ich wüsste, wie ich ihn im Gesteins-System genau zuordnen soll .....
Einfach unter Paragneis??


Offline Mampfbacke

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Re: Saidenbachit
« Antwort #4 am: 25 Mar 21, 22:47 »
Laut Massonne (2003) ist der Saidenbachit aus einer anatektischen Schmelze hervorgegangen. Als Protolith wird hier Krustenmaterial angegeben, das bis in Tiefen von > 150km während der variszischen Orogenese versenkt wurde.
Steht alles in den beiden Papern drin, die Chrisch schon genannt hat.

Demnach würde ich das Ganze eher in den Bereich von Orthogneis verorten.

Andererseits zeigt der Saidenbachit anscheinend eine geochemische Signatur, die Psammopeliten ähnelt und recht unterschiedlich zu den umgebenden Orthogneisen ist.


« Letzte Änderung: 25 Mar 21, 23:07 von Mampfbacke »

Offline Chrisch

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Re: Saidenbachit
« Antwort #5 am: 25 Mar 21, 23:36 »
Interessanterweise gibt es westlich der Saidenbachtalsperre in Bachläufen sehr helle "leukokrate Gneise", in denen kleinste Graphitblättchen und !?Apatit-xx vorkommen. Auch da haben wir also Kohlenstoff in kristalliner Form...
Gruß Chrisch

Offline openpit

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Re: Saidenbachit
« Antwort #6 am: 26 Mar 21, 10:51 »
Hallo,

falls es sich wirklich um einen Orthogneis und nicht um ein Parageneis handelt, ist der ursprüngliche Lösungsvorschlag natürich falsch.
Die von Mampfbacke erwähnte geochemische Signatur war mir bisher als Grundlage für die Zuordnung bekannt, die anderen Interpretationen waren mir nicht geläufig.

Aber der Saidenbachit hat doch meines Wissens nach nichts mit Kimberlit zu tun?

Gemeinsam haben sie die potentielle Diamantenführung.
Bei Kimberliten (und Lamproiten) wird stets gesagt, dass der schnelle Aufstieg (ich habe mal von km/d gelesen) der Schmelzen notwendig sei, um die Diamanten schnell durch den Druckbereich zu bringen, in dem der Phasenübergang stattfinden würde. Ein langsamer Aufstieg würde zwangsläufig zur Bildung von Graphit führen.
Die UHP-Gneise (die nicht nur an der Saidenbachtalsperre vorkommen) hingegen werden nicht durch einen explosiven Magmatismus nach oben befördert, sondern werden viel langsamer (km/Ma) exhumiert. Auch sie müssen die Stabilitätsgrenze Diamant/Graphit durchschritten haben.
Als Grund, weshalb die Diamanten im Saidenbachit konserviert wurden, wird angeführt, dass der umschließende Granat die P-Bedingungen ausreichend lange konserviert hat. Seltsamerweise hat er dies im gleichen Gestein bei Coesit nicht geschafft, bei dessen Übergang zum Quarz der umliegende Granat durch die Volumenzunahme radial zerrissen wurde. Die Volumenzunahme beim Übergang Diamant-Graphit sollte noch größer sein - und damit der Stress der auf den Granat ausgeübt wird. Allerdings weiß ich nicht wieviel Energien jeweils für die beiden rekonstruktiven Phasenübergänge im Vergleich nötig sind, auch nicht wie sich Granate bei den jeweils herrschenden Drücken und Temperaturen verhalten.

Glück Auf!
Micha

Offline smoeller

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Re: Saidenbachit
« Antwort #7 am: 26 Mar 21, 14:21 »
Hallo,

Coesit in Quarz ist recht spontan und geschieht ohne größere Aktivierung, im Gegensatz zu Diamant in Graphit. Bei den Pyropquarziten des Dora-Maira-Massivs in de Alpen (war dort schon persönlich ebenso wie an der Saidenbachtalsperre) sind es interessanterweise die kleineren hellrosa Pyrope, die in seltenen Fällen noch Coesit enthalten, im Gegensatz zu den großen (fussballgroßen) fast weißen Kristallen. Fast alle Granate haben Risse, taugen also nur bedingt als Druckkammer.
Die entscheidende Frage neben der reinen Thermodynamik (ob ein Prozess abläuft und wenn ja, unter welchen Bedingungen?) spielt gerade bei Mineralen immer die Kinetik (wie schnell läuft etwa ab?) eine Rolle. Ein Prozess, der nach den Gesetzen der Thermodynamik ablaufen müsste (weil die Freie Energie der Produkte niedriger ist als die der Edukte) kann nach den Regeln der Kinetik gehemmt sein, etwa weil die Aktivierungsenergie zu hoch ist, die es bräuchte, einen Prozess in Gang zu setzen. Es gibt Minerale, die da sehr störrisch sind, vor allem Silikate wie z.B. Sillimanit, Kyanit, Andalusit. Hier wird eher der Umweg über die Bildung aus anderen Mineralen genommen, z.B. Sillimanit und Quarz (+Wasser) aus Muskovit und Kalifeldspat, als der direkte Phasenübergang Andalusit-Sillimanit!!
Bei hohen Temperaturen ist das schon einigermaßen schwierig manchmal, aber im Niedertemperaturbereich ist das oft der Grund, dass Phasen metastabil in Bereichen stabil bleiben, in denen die Thermodynamik ihnen eine rasche Umwandlung verspricht.Hab schon eine Galliumschmelze gesehen, die bei 12° C immer noch flüssig war, ebenso unterkühltes Wasser.Hier liegt es daran, dass die Stoffe zu rein sind bzw. genug Energie für eine spontane Keimbildung fehlt.
Bei einem Kristall wie Coesit oder Diamant ist es v.a. die Frage nach der Phasenumwandlung. Die Phasenumwandlung Coesit-Quarz ist kinetisch günstiger als die von Diamant in Graphit.
Dabei ist im Übergang von Coesit zu Quarz die rasche Keimbildung entscheidend, siehe u.a.
https://academic.oup.com/petrology/article/44/4/773/1453012

Bei Diamant und Graphit verhält es sich anders. Hier besteht zwischen Diamant (bei Raumtemperatur metastabil) und Graphit (stabil) ein derart hoher Berg aus Aktivierungsenergie, dass die Umwandlung kinetisch gehemmt ist. Diamant wird, auch wenn die Thermodynamik  die Umwandlung prophezeit, kinetisch stabilisiert. Eine spontane Umwandlung ist unter normalen Bedingungen unmöglich. Hier spielt neben dem Bruch der Struktur (rekonstruktiver Phasenübergang), der für sich allein hemmend wirkt, auch die Änderung der Hybridisierung (Orbitale der Elektronen) von sp3 (Diamant) zu sp2 (Graphit) eine Rolle.

Glück Auf!
Sebastian

Offline Fabian99

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Re: Saidenbachit
« Antwort #8 am: 24 May 21, 17:40 »
Und jetzt mit Bild :-)

https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/RockData?rock=Saidenbachit

Vielleicht kann ich eine bessere Nachaufnahme nachliefern...

LG

 

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