https://www.mineralbox.bizhttp://vfmg.de/der-aufschluss/http://www.phillisverlag.de/Kalender-Shop/Mineralienkalender/

Autor Thema: "Achatisiertes Holz" - ein weit verbreitetes Mißverständnis  (Gelesen 990 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline oliverOliver

  • Moderator-Fossilien
  • ***
  • Beiträge: 9.160
  • klopf auf Holz !
    • naja ....
Entgegen einem weit verbreiteten Mißverständnis gibt es in Wirklichkeit keine achatisierten Hölzer.
Achat ist laut Definition gebänderter Chalzedon. Nun ist das Fossilisationsmaterial bei vielen "Kieselhölzern" zwar Chalzedon, aber "achatisiertes Holz" geht sich trotzdem nicht aus. Entweder der Chalzedon kann eine Achatbänderung entwickeln (oft/meist in Form von Sphärolithen) - dann ist dort aber keine Holzstruktur mehr vorhanden, oder die Holzstruktur wird bei der Silifizierung überliefert - dann kann sich kein Achat im Sinne der engeren Definition bilden.
Was es gibt ist:
Kieselholz mit Achat - das ist sogar relativ häufig. Sei es dass die Achatbildung in ehemaligen Hohlräumen des Holzes stattfand, oder in erst bei der Diagenese entstandenen Rissen, bis hin zu den Mikroachaten, welche Leitbündel oder sogar einzelne Zellen ausfüllen können. Ich habe auch schon Stücke gesehen, die etwa zur Hälfte aus Achat und zur Hälfte aus silifiziertem Holz bestanden - da dürfte nach der Einbettung, aber noch vor der endgültigen Fossilisation ein Teil des Holzes "weggegammelt" (oder evtl. erst im Zuge der Diagenese aufgelöst worden) sein.
Was zur nächsten Möglichkeit überleitet, nämlich
Achat statt/anstelle von Holz:
Das trifft z.B. (und vor allem) bei den sogenannten "Limb Casts"/"Ausgüssen" zu. Da ist zwar die äußere Form des ehemaligen Holzes erhalten, die Stücke bestehen aber durchgehend aus Achat ohne überlieferte Holzstruktur. Das kommt öfters vor, wenn an der Entstehung/Silifizierung Vulkanismus nicht nur indirekt (als SiO2-Lieferant), sondern ganz direkt beteiligt ist. Sprich, das Holzstück wird eingebettet, dann aber "aufgelöst" (sei es durch chemische Einflüsse, sei es durch physikalische wie extrem hohe Temperaturen, sodass die organische Substanz regelrecht "verdampft") - und der verbleibende Hohlraum wird dann durch Achat ausgefüllt. Dieser ist aber, streng genommen, kein achatisiertes Holz, da eben kein fossiles Holz mehr vorhanden ist. Man könnte dabei eventuell von einem Achat-Skulptursteinkern eines ehemaligen Holzes sprechen.
Allerdings kann es bei den "Limb Casts" auch vorkommen, dass im Achat bzw. öfters auch weitgehend strukturlosen Chalzedon doch noch silifizierte Holzreste vorhanden sind, bzw. "Holzfetzen im Achat schweben" (z.B. bei Stücken vom Crooked River, Oregon, USA). Dann handelt es sich aber wiederum nicht um achatisiertes Holz, sondern man könnte von "Holz in Achat" sprechen.
Langer Rede kurzer Sinn: entweder es ist Holzstruktur erhalten, oder es ist Achat ausgebildet - beides gleichzeitig wäre mir noch nie untergekommen, und kann ich mir auch nicht vorstellen, weil sich die Bildungs- (Achat) und Überlieferungsbedingungen (Holz) gegenseitig ausschließen (z.B. Sphärolithenbildung - oder auch nur rhytmische, durchgehend gebänderte Ausfällung - vs Konservierung von Gewebestruktur). Da müsste schließlich die (gebänderte) Achatbildung die bestehende Holzstruktur überlagern, bzw. diese durchdringen, was aber offenbar nicht funktioniert, bzw. nicht funktionieren kann.
Oder, um es bezüglich der Limbcasts weniger kontrovers auszudrücken: man sollte grundsätzlich zwischen Holz (also pflanzliches Gewebe, die Substanz Holz an sich) und Pflanzenorganen, also z.B. Äste und Zweige (als Achsen zweiter und dritter Ordnung) unterscheiden. Berücksichtigt man diesen Unterschied, kann man sagen: es gibt zwar achatisierte Pflanzenachsen (Äste/Zweige), in denen ist dann aber kein Holz mehr erhalten (z.B. beim berühmten "Yellow Cat Red Wood" aus Utah/USA - wobei hier das ""Wood" eben schon wieder irreführend ist; sh. z.B.: http://www.yamadori-bonsai.info/WalkerLarry.html).

lg
oliver

edit:
Crooked river im Lexikon:  https://www.mineralienatlas.de/?l=38650
und
ein Beispiel für die oben erwähnte Erhaltung "halb Achat/halb Kieselholz" aus der Sammlung von Bernd-Kurt:

Deutschland/Sachsen/Bautzen, Landkreis/Ottendorf-Okrilla
"Achatisiertes Holz" - ein weit verbreitetes Mißverständnis


Yellow Cat District - Fossilien im Lexikon: https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/MediaDataShow?backlink=1&lokationid=2755&galerie=fossil

p.s.:
der Beitrag entstand eigentlich als eine Antwort im Steinkern-Forum - aber natürlich gehört er (in einer leicht adaptierten Version) auch hier her, schließlich ist ja der MA meine "digitale Heimat"  ;D
« Letzte Änderung: 29 Mar 21, 19:22 von oliverOliver »

Offline Klaus Schäfer

  • Guru
  • *****
  • Beiträge: 841
  • Bewertet mehr Bilder !
Hallo Oliver,

Danke für diese ausführliche Zusammenfassung. Ich hatte das Glück, eine Chimäre der Art halb Achat - halb Holz in der Nähe von Erbesbüdesheim direkt im Vulkanit zu finden. Daneben fanden sich wunderschön farbige Achatmandeln.

Deutschland/Rheinland-Pfalz/Alzey-Worms, Landkreis/Erbes-Büdesheim/Berich
"Achatisiertes Holz" - ein weit verbreitetes Mißverständnis
Deutschland/Rheinland-Pfalz/Alzey-Worms, Landkreis/Erbes-Büdesheim/Berich
"Achatisiertes Holz" - ein weit verbreitetes Mißverständnis
Deutschland/Rheinland-Pfalz/Alzey-Worms, Landkreis/Erbes-Büdesheim/Berich
"Achatisiertes Holz" - ein weit verbreitetes Mißverständnis
Deutschland/Rheinland-Pfalz/Alzey-Worms, Landkreis/Erbes-Büdesheim/Berich
"Achatisiertes Holz" - ein weit verbreitetes Mißverständnis


Es handelt sich hierbei wohl um ein etwa 45 cm langes Ästchen, das in viele Einzelstücke zerbrochen war.


Offline oliverOliver

  • Moderator-Fossilien
  • ***
  • Beiträge: 9.160
  • klopf auf Holz !
    • naja ....
hallo Klaus,
ja das ist wahrlich ein Super-Exemplar - ist mir schon mal im Lexikon aufgefallen!  :D

Offline felsenmammut

  • Supremo
  • ******
  • Beiträge: 1.194
Glück Auf! Oliver,

vielen Dank für den Beitrag. Nun reitest Du den Widerspruch von gleichzeitiger Holzerhaltung und Achatbildung der Begriffsakkumulation achatisiertes Holz und zeigst einen schnuckeligen Anschliff einer ehemaligen Pflanzenachse, teils mit Zellerhaltung, teils in Achatausbildung. Dabei ist das Stück ja aber als versteinertes Holz deklariert. Dekorierte Geowissenschaftler haben mich dafür lange genug durch ihre Manege gepeitsch, damit ich verkieselte Hölzer nicht als Versteinerungen anspreche. Offensichtlich muss für eine Versteinerung eine gesteinsbildende Kombonente in dem ursprünglichen Objekt vorhanden sein, z.B. Karbonate, vor allem Calcit. Das ist beim Holz ja aber nicht gegeben. Häufig sind die verkieselten Hölzer Pseudomorphosen von amorphem oder kryptokristallinem SiO2 (+/- H2O für Opal) und Quarz. Zugegeben, bei dem Begriff Pseudomorphose macht man keinen Unterschied, ob ein innerer Erhaltungszustand (betrifft beim Holz die Zellstruktur) gegeben ist oder nicht. Perimorphosen beziehen sich ja auf die Erhaltung einer äußeren Form. So sind die Limb Cast zunächst im Wesentlich Gestein perimorph nach Holz. Bei der Erhaltung von Pflanzen als Kohlenstoffverbindung ist Versteinerung übrigens auch falsch. Da die Kohlenstoffverbindungen einen langen Weg der Umwandlung (vor allem Abtrennung der Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff) durchmachen, ist hier Inkohlung der zu verwendende Begriff. Bei der Frage nach korrekter Bezeichnung für die Holzkohle in Vulkaniten habe ich dann wieder die Peitsche zucken gehört. Allerdings war wohl nicht ganz klar, in welche Richtung man schlagen muss.

Mit freundlichen Grüßen

Das Felsenmammut

Offline oliverOliver

  • Moderator-Fossilien
  • ***
  • Beiträge: 9.160
  • klopf auf Holz !
    • naja ....
hallo Markus,

Zitat
Dabei ist das Stück ja aber als versteinertes Holz deklariert
Die Bildbeschreibung stammt ja nicht von mir - ich hab das Bild als Beispiel angeführt, werde aber deswegen nicht jemanden anderes Bildtitel ändern ... aber du hast recht: es ist, genaugenommen, natürlich mineralisiertes Holz  ;)

Zitat
Häufig sind die verkieselten Hölzer Pseudomorphosen

Einspruch, euer Ehren - und zwar ganz heftig!  ;D
Pseudomorphose ist ein rein mineralogischer Begriff, und definiert als Umwandlung eines Minerals in ein anderes unter Beibehaltung der Kristallform des Ausgangsminerals!
Der Begriff sollte also tunlichst nicht bei Fossilien angewendet werden!
Dazu wollte ich auch schon mal einen Beitrag schreiben, weil das eben auch sehr oft falsch gehandhabt wird -
irgendwo in den Tiefen meines Schreibtischs müssen da noch ein paar Seiten handschriftlicher Notizen/Entwürfe (samt zugehöriger Quellenverweise) liegen, die es dann leider aber nie über die Tastatur in den MA geschafft haben .....
Verspreche ich aber nachzuholen - falls nicht mehr in diesem, dann eben im nächsten Leben ... ;D

Zitat
ist hier Inkohlung der zu verwendende Begriff.

Genau - zumindest bei allen in "üblichen" Sedimenten gelagerten Hölzern / Kohleflözen etc.
Das von Klaus gezeigte Stück ist hier insoferne eine Besonderheit, da es durch den Kontakt mit glühender Lava vermutlich ausnahmsweise wirklich verkohlt und nicht langsam inkohlt ist.
Wollte ich zuerst bei meinem Kommentar zu dem Stück schon dazuschreiben, dachte mir dann aber: "erspar dir das Gelaber, hat ja nix mit dem eigentlichen Thema zu tun"  ;)

p.s.:
es gibt da sehr beeindruckende Fotos und Videos von rezenten Vulkanausbrüchen, auf denen zu sehen ist, wie Bäume beim ersten Kontakt mit der den Hang herabfließenden Lava"walze" schlagartig in Flammen aufgehen, bzw. dann als verkohlte "Skelette" (also nur Stamm und Äste, ohne Zweige/Laub etc.) aus dem Lavastrom ragen, und dann schließlich in diesen stürzen. Hab ich irgendwann mal gesehen (die Videos/Fotos, leider nie in natura), aber jetzt keinen aktuellen Link zur Hand.
So ähnlich stell ich mir das zumindest bei dem Stück/den Stücken aus Büdesheim/Berich auch vor ....

Zitat
Bei der Frage nach korrekter Bezeichnung für die Holzkohle in Vulkaniten habe ich dann wieder die Peitsche zucken gehört.

Normalerweise wird für fossile Holzkohle allgemein (also nicht nur in Vulkaniten) der Begriff "Fusit" verwendet (falls ich da auf dem aktuellen Stand sein sollte).
Ist aber das verkohlte Holz zusätzlich/nachträglich silifiziert, ist "Fusit" natürlich nicht mehr zutreffend. Für diese Erhaltungsform gibt es meines Wissens nach keine spezielle Bezeichnung (sondern eben nur die Beschreibung des Fossilisationsprozesses) - falls doch, wäre ich über jegliche Mitteilung zur Bereicherung meines Kenntnisstandes dankbar und erfreut.

lg + ga
oliver
« Letzte Änderung: 29 Mar 21, 21:47 von oliverOliver »

 

Mineralienatlas - Fossilienatlas - Info-Center

Neueste Beiträge Neueste Beiträge