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Autor Thema: Der deutsche Muschelkalk und seine Ammoniten  (Gelesen 8943 mal)

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Offline Conny3

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 Das deutsche Muschelkalkmeer

Vor etwa 180 Millionen Jahren brandete zwischen dem 47. und 55. Grad nördlicher Breite und dem 6. und 19. Grad östlicher Länge jenes Meer, das die Gelehrten wegen seines Reichtums an Muscheln und wegen seiner Kalkabsätze das "Muschelkalkmeer"' genannt haben. Die Örtlichkeiten Helgoland, Lunéville und Oberschlesien sind noch innerhalb dieses alten Meeresraumes gelegen; demnach berechnet sich seine Fläche auf ungefähr 500 000 qkm. (Zum vergleich: Kaspisee = 440000 qkm, Schwarzes mit Asowschem Meer = 460 000 qkm.)

Wie aus diesen Zahlen hervorgeht, darf man sich unter dem deutschen (oder, wie es auch genannt wird, germanischen) Muschelkalkbecken keineswegs ein Weltmeer vorstellen. Es handelte sich vielmehr um ein Neben- oder Binnenmeer vom Charakter der heutigen Nordsee. Von vier Seiten war es von Land umgeben; im N und NO verlief das Meeresufer westlich der Weichsel, dann nördlich Rügen und von da westlich auf Helgoland zu. Von hier nahm die Küste eine N-S-Richtung an. Auf dem Vorsprung der Halbinsel Frisia (so genannt, weil im Gebiet des heutigen Friesland gelegen) folgen als Westgrenze des Muschelkalkmeeres die Ardennen und die gallische Schwelle. Die Südküste endlich wurde gebildet durch das vorgelagerte Vindelizische Land mit der böhmischen Masse (Abb. 1). Jenseits dieses Landblocks wogte weiter im Süden, im Gebiet der jetzigen Alpen und des Mittelmeeres jenes riesige, von West nach Ost sich hinziehende Gürtelmeer, das die Geologen als die Tethys zu bezeichnen pflegen. Mit diesem Weltmeer stand das deutsche Muschelkalkbecken durch zwei Tore in Verbindung: im Osten durch die oberschlesische, im Südwesten durch die burgundische Pforte (Rhónepforte). Die von der Muschelkalksee gebildeten Ablagerungen sind etwa 250 bis 350 m mächtig. Sie tragen vorwiegend kalkigen oder kalkigmergeligen Charakter, doch sind auch sandige Bildungen dem Muschelkalkbecken nicht völlig fremd. Als Faustregel kann gelten: je dunkler und toniger ein Sediment, um so tiefer das Meer; in mittleren Meerestiefen entstanden kalkige, in flachen Randsäumen sandige Schichten.Letztere Fazies findet sich längs der ganzen Westküste des Muschelkalkbeckens ungefähr auf der Linie Köln bis Basel (sogenannte Muschelsandsteinfazies des unteren Muschelkalkes).

Die Tierwelt des Muschelkalkmeeres

Die gesamte Fauna des deutschen Muschelkalkbeckens ist aus der Tethys eingewandert. Vor allem sind es Armfüßer, Weichtiere, Stachelhäuter und Reptilien (namentlich viele Saurier), die vom Ozean her kommend - im deutschen Binnenmeer eine neue Heimat fanden.
Wie aus der Geschichte der Muschelkalksee hervorgeht, müssen wir zwei getrennte Einwandererströme unterscheiden. Der erste, aus dem Südosten durch die Oberschlesische Pforte einflutende brachte eine reiche Tierwelt aus der Tethys mit. Das weitere Vordringen des Meeres ermöglichte dieser Fauna dann weiterhin Einwanderung nach Mittel- und Norddeutschland. Auf diesem langen Wege wurde nun aber alles ausgemerzt, was sich den neuen Verhältnissen nicht anzupassen vermochte. Auf diese Weise verarmte die Tierwelt auf dem Zuge von Schlesien gegen Westen und Nordwesten beträchtlich; besonders die Cephalopodenfauna Mittel und Norddeutschlands hält keinerlei Vergleich aus mit dem Arten Reichtum Oberschlesiens und erst recht nicht mit dem der Alpen. Hierbei muß noch berücksichtigt werden, daß das Bild, das uns Fossilführung des Unteren Muschelkalks der Mitte und des Nordens Deutschlands bietet, täuscht; die meisten in ihm enthaltenen Arten waren nicht bodenständig, sondern wurden als leere Schalen verdriftet und gerieten so in das Sediment. Aber das, was dann durchkam, das fand freie Bahn vor, einen kolonisatorisch jungfräulichen Boden, auf dem sich die Neuansiedler nach Belieben breit machen konnten. Damit erklärt sich der manchmal ins Ungeheure gehende Reichtum an Einzelindividuen einer Form bei gleichzeitiger großer Artenarmut, übrigens eine typische Erscheinung für Binnenmeergebiete.

Die zweite Invasion erfolgte zu Beginn des Oberen Muschelkalks, nach einer toten Zeit im Mittleren. Sie geschah unter ähnlichen Bedingungen, wie sie sich dem ersten Einbruch boten, nur daß jetzt die Auslese nicht ganz so grausam war - das Meer war ja von vornherein tiefer - und daß diesmal die Einwanderer südlicher Herkunft waren und durch die Burgundische Pforte eindrangen. Die Tethys war auch ihre Heimat, und der neue Einwanderschwarm wurde vor allem gekennzeichnet durch das Auftreten des aus dem Alpengebiet kommenden Geschlechts der Ceratiten, das rasch in vielen Arten das Meer des Oberen Muschelkalks bevölkerte. Sie paßten sich den neuen Zuständen manchmal erstaunlich gut an, verschwanden jedoch spurlos mit der Veränderung des geographischen Milieus. Neben den Ceratiten ist nur noch die Gattung Nautilus im Oberen Muschelkalk vertreten. Sie ist als ausgesprochene Dauerform eine der wenigen Cephalopodenformen, die der Untere und Obere Muschelkalk gemeinsam haben ist also da der mittlere Muschelkalk biologisch fast tot ist, zweimal, mit beiden Einwandererschwärmen, aus der Tethys bei uns eingewandert. Sonst aber haben die Cephalopoden des Unteren Muschelkalks mit denen des Oberen so gut wie nicht zu tun, woraus sich für uns die Notwendigkeit ergibt, beide getrennt zu betrachten.

Das System der Cephalopoden (Ammoniten-Kopffüßer)

Die Kopffüßer oder Cephalopoden, eine den heutigen Tintenfischen nahestehende Gruppe, gehören mit den Schnecken und Muscheln zu dem artenreichen Stamm der Weichtiere (Mollusken). Man unterscheidet bei den Cephalopoden zwei Unterklassen, die Vierkiemer und die Zweikiemer. Die Zweikiemiger sind im Deutschen Muschelkalk nur mit wenígen, schlecht erhaltenen und dazu z.T. fraglichen Resten vertreten und sollen daher auch hier keine weitere Berücksichtigung finden.

Die Vierkiemer dagegen treten in zwei Ordnungen auf, den Schiffsbooten oder Nautiliten (Nautiloidea) und den Ammoniten oder Ammonshörnern (Ammonoidea) . Während die Nautiliden nur wenige Gattungen und Arten entwickelten, gilt für die Ammoniten das genaue Gegenteil; kaum eine Tiergruppe ist so artenreich wie die der Ammoniten. Mit Hunderten und Tausenden von Arten waren sie einst über den Erdball verbreitet, und es ist heute eine reizvolle, wenn auch noch weit von ihrer Lösung entfernte Aufgabe, nach den Gründen zu forschen, die es verursachten, daß ein blühender Tierstamm, wie es die Ammoniten waren, so vollständig dem Artentode verfallen konnte.

Man hat die Ammoniten nach ihrer Gestalt und ihrem geologischen Alter in drei Gruppen geteilt: Die Altammoniten, Mesoammoniten und Jungammoniten. Von diesen sind für unsere Betrachtungen lediglich die Mesoammoniten von Interesse, die immerhin noch einigen Dutzend Familien mehrere hundert Arten umfassen. Im Deutschen Muschelkalk treten jedoch - zum Glück für unseren Leser und den Umfang dieses Heftes - nur zwei Familien auf, die Ceratiden und die Ptychididen. Es sind aber immerhin noch etwa 50 Arten, die somit der Behandlung harren.

Fassen wir das System unserer Cephalopoden zusammen, so erhalten wir, soweit unsere Muschelkalkarten in Frage kommen, folgendes Bild:

K l a s s e :Cephalopoda (Tintenfische)

U n t e r k 1 a s s e : Vierkiemer (Tetrabranchiata ) Zweikiemer (Dibranchiata)

O r d n u n g e n :Schiffsboote (Nautiloidea) Ammoniten (Ammonoidea).

F a m i l i e n :Nautilidae Ceratitidae, Ptychitidae

 (Auszug aus DIE KOPFFÜSSER DES DEUTSCHEN
                     MUSCHELKALKS von Dr. Hans Claus)


 
« Letzte Änderung: 28 Oct 06, 20:01 von Conny3 »

Offline McSchuerf

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Re:Der deutsche Muschelkalk und seine Ammoniten
« Antwort #1 am: 03 Aug 02, 16:34 »
Ein paar Ammoniten hatte ich damals auch auf einigen Börsen erstanden..heute hat die mein Vater als Geschenk von mir im Schrank stehen! ;D

Offline Conny3

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Re:Der deutsche Muschelkalk und seine Ammoniten
« Antwort #2 am: 05 Aug 02, 07:56 »
Das ist sehr schön Peter.
Als Dankeschön für Dein Interesse gleich heute zu früher Stunde (....frühe Stund hat Gold im Mund... 8)) eine Fortsetzung.

Weitere folgen (damit die Fossilienfreunde nicht zu sehr vernachlässigt werden..) ;)


Die Organisation des Weichkörpers

Die Kopffüßer sind die höchstentwickelten Weichtiere. Ihr Körper enthält, dem Weichtiercharakter entsprechend, von der Schale abgesehen, fast keine erhaltungsfähigen Teile. Die innere Organisation wäre uns völlig unbekannt, wenn sich nicht die Gattung Nautilus bis auf die Jetztzeit erhalten hätte. Die Nautiliden sind jedoch seit ihrem ersten Auftreten im Silur, d. h. seit Jahrmillionen , bis auf den heutigen Tag so weitgehend unverändert geblieben, daß man die Körperlichkeit der jetzt lebenden Arten ohne große Bedenken auf ihre fossilen Vorfahren übertragen kann. (Man nennt solche wenig veränderlichen Formen "Dauerformen" oder persistente" Arten.)

Der K ö r p e r des Nautilius  ist, wie der aller Kopffüsser zweiseitig-symmetrisch. Er besteht aus einem scharf abgesetzten

K o p f , dem F u ß (bzw. dessen Umgestaltungen) , dem E i g e w e i d e s a c k (Rumpf) und dem ihn umhüllenden M a n t e l am Kopf stehen die A r m e (Tentakeln*) und die A u g e n. Diese gleichen in Form und Funktion den Wirbeltieraugen, sind aber anderer Entstehung. Im Gegensatz zu allen anderen Weichtieren besitzen die Cephalopoden eine aus Knorpelmasse bestehende Schädelkapsel, die das hochentwickelte Gehirn und Gleichgewichtsorgane einschließt. Auf der Außenseite (Bauchseite) Körpers liegt ein eigentümliches Organ, der T r i c h t e r , dessen enge Öffnung nach außen, dessen weite aber dem Körper zugewandt ist. Er entspricht z. T. dem Fuß der übrigen Weichtiere (z.B. der Kriechsohle unserer Weinbergschnecke) und ist aus diesem durch Verwachsung der Ränder hervorgegangen. Im Zusammenhang mit der Mantelmuskulatur dient er der Schwimmbewegung. Dabei wird das Atemwasser kräftig durch die enge Öffnung des Trichters nach vorn ausgestoßen, wodurch sich das Tier nach rückwärts bewegt (Rückstoßprinzip).

Die den Kopf umgebenden A r m e (Tentakeln) sind vermutlich ebenfalls als umgewandelte Teile des Fußes zu betrachten. Da sie beim Kriechen auf dem Meeresboden als Fortbewegungsorgane dienen, haben sie den Anlaß zu der Bezeichnung "Kopffüßer" oder "Cephalopoden" gegeben. Inmitten des Armkranzes steht die Mundöffnung; die sich anschließende Mundhöhle enthält eine fleischige Zunge, die mit einer reibeisenartig mit Zähnchen besetzten Hornplatte (R e i b z u n g e) belegt ist. Die zugehörigen K i e f e r haben die Form eines Papageienschnabels und bestehen im wesentlichen aus Hornsubstanz mit einer verkalkten Spitze. Sie sind neben der Schale die einzigen Teile des Tieres, die sich fossil erhalten konnten .

Im E i. n g e w e i d e s a c k (Rumpf) liegen Herz, Ausscheidungs und Geschlechtsorgane. Am gerundeten Hinterende des Rumpfes der Nautiliden und Ammoniten schließt sich der S i p h o an , ein mit Blutgefäßen erfüllter hohler Strang. Er tritt durch eine runde Öffnung der letzten Scheidewand der Schale hindurch und verbindet das Tier mit deren Anfangskammern. Bei den Nautiliden liegt die Öffnung für den Sipho etwa in der Mitte, der Querwand, während er bei den Ammoniten stets randständig (extern) angeordnet ist.

Eine den Rumpf umgebende Hautfalte wird als M a n t e 1 bezeichnet. Er schließt die A t e m h ö h 1 e ein, in der sich die feder- der kammförmigen K i e m e n befinden. Der Mantel kleidet die Wohnkammer  des Nautilustieres aus. Gegen das Hinterende ist dieser Mantel längs eines ringförmigen Streifens, dem H a f t oder V e r w a c h s u n g s b a n d (Annulus ) , ziemlich fest mit der Schale verbunden. Dadurch ergibt sich ein gasdichter Abschluß des dahintergelegenen Schalenraums nach vorn. Außer dem Haftband dienen zwei kräftige, unter den Augen gelegene ovale Muskeln, die der Innenwand der Wohnkammer anliegen einer festen Verankerung des Tiers am Gehäuse. Haftmuskeln sowohl wie Haftring verursachen einen schwachen Eindruck an der Schalenwandung, der zuweilen auch am fossilen Material nachweisbar ist.

Eine wichtige Funktion des Mantels besteht darin, daß er mit kalkausscheidender, dem Mantelsaum eingelagerter Drüsen Schutzgehäuse des Tieres, die S c h a 1 e , bildet. Da sie, abgesehen von den Nautiluskiefern, das einzige fossil erhaltungsfähige Organ der Cephalopoden darstellt, ist sie besonders wichtig für die Betrachtung fossiler Arten und daher einer ganz besonders genauen Beschreibung wert.

Die Schale

Ursprünglich besaßen alle Cephalopoden ein Gehäuse, das aber bei vielen Gruppen verkümmert ist. Die Nautiliden und Ammoniten sind jedoch noch im Vollbesitz eines derartigen Organs. Es besteht stets aus zwei Teilen, einem vorderen ungekammerten und einem hinteren, durch viele S c h e i d e w ä n d e (Septen) in einzelne Abschnitte zerlegten, gekammerten Teil. Da das Tier nur in dem vorderen ungekammerten Abschnitt haust, wird dieser Teil als W o h n k -a m m e r bezeichnet. Dort ist er durch Haftring und Haftmuskeln in der oben geschilderten Weise befestigt. Der Kammerteil dagegen steht mit dem Tier lediglich durch den Sipho in Verbindung, ist aber im übrigen mit einem Gasgemisch (vorwiegend aus Stickstoff) erfüllt, das von den Blutgefäßen des Siphos ausgeschieden wird. An deren Durchtrittsstelle durch das Septum bildet dieser eine kragen- oder tutenförmige Ausstülpung, die als S i p h o n a 1 t u t e bezeichnet wird. Da man früher annahm, daß die Gasfüllung aus Luft bestehe, werden die einzelnen Abschnitte der Kammerung auch heute noch als Luftkammern (besser wäre also "Gaskammern") bezeichnet.
Die Schalen s u b s t a n z ist bei den Muschelkalkcephalopoden allerdings nie erhalten. Sie bestand vermutlich aus dem leicht 1öslichen Aragonit und fiel daher schneller Zerstörung anheim. Das, was wir als Versteinerung vorfinden, ist lediglich der sogenannte
S t e i n k e r n. Dessen Entstehung ist auch heute noch völlig ungeklärt; wir Wissen nur so viel sicher, daß es sich um eine Ausfüllung des Schaleninnern mit später verhärtetem Kalkschlamm handelt. Da der Steinkern aber alle Feinheiten des ehemaligen Gehäuses wiedergibt, so können wir ihn bei unserer Betrachtung ohne weiteres mit der Schale selbst gleichsetzen.
Diese stellt ein horn- oder tütenförmiges Rohr dar, das um eine senkrechte Achse, den N a b e 1, so aufgerollt ist, daß alle Umgänge in eine Ebene zu liegen kommen. Dadurch entsteht beim Laien der Eindruck einer Schneckenschale, etwa nach Art der Tellerschnecken. Die einzelnen Umgänge der Aufrollung werden als W i n d u n g e n bezeichnet; sie sind untereinander entlang einer Spirallinie, der N a h t verwachsen. Der vordere Rand der Röhre wird M u n d s a u m genannt, die von ihm eingeschlossene Fläche ist die Schalen m ü n d u n g. Deren Form hängt hauptsächlich ab vom Querschnitt des Rohres; sie kann kreisrund, oval, quadratisch gerundet, elliptisch usw. gestaltet sein. Auch die Seitenfläche des Gehäuses, als F 1 a n k e oder L a t e ra 1 s e i t e bezeichnet, ist in ihrer Gesamtformung (flach, gewölbt usw.) von der Grundform des Schalenrohres abhängig. Den dem Nabel zugewandten Teil des Gehäuses nennen wir die Innenseite oder Internseite* den Außenrand die Außenseite, Externseite oder schlechthin den R ü c k e n. Diese letztere Bezeichnung ist allerdings in streng biologischem Sinne falsch, da es gerade die B a u c h seite des Tieres ist, die dem Außenrand des Gehäuses zugewendet ist.

Im einfachsten Falle ist die Oberfläche der Schale glatt ; meist aber trägt sie Verzierungen. Diese Oberflächenmodellierung der Schalenwand geht unter der Bezeichnung S k u I p t u r. Sie bietet dem P a 1 ä o n t o 1 o g e n eine der wertvollsten Handhaben für die Beschreibung eines Ammonitengehäuses. Je nach der Form der Verzierungen spricht man von S i c h e I - oder A n w a c h s s t r e i f e n, Rippen, Knoten, Wulsten, Dornen u. ä. Die Lage dieser Skulpturelemente auf der Schale dient weiterhin zur Einzelbeschreibung; man spricht dann von L a t e r a I - und E x t e r nknoten, -Wülsten, -dornen usf.

Die Skulptur wechselt sowohl im Lauf der persönlichen Entwicklung des Einzeltieres (der "ontogenetischen" Entwicklung)

wie auch im Verlauf der Geschichte des ganzen Stammes, der "phylogenetischen" Entwicklung. Bei der in genügend großer Individuenzahl zur Verfügung stehenden Gruppe der Ceratiten konnte man zwei verschiedene Typen herausstellen (Riedel 1914, Geisler):

1. Den B i n o d o s u s - T y p: Einer Reihe von Lateralknoten, die unterhalb der Seitenmitte sitzen, entspricht eine etwa doppelt so große Zahl von Externknoten. Hierher gehören sämtliche urtümlichen Ceratiten, z. B. C. atavus, primitivusTaf. und zwar in allen Altersstufen. Bei allen stratigraphisch höher liegenden Arten ist dagegen diese Skulpturform ausschließlich auf die e r s t e n Windungen und auf die J u g e n d formen beschränkt.

2. N o d o s u s - T y p  : Lateral- und Externknoten sind durch dicke oder knotige bis dornige Rippen ersetzt, die weit auseinander stehen, wie z.B. bei Ceratites compressus. Der Nodosus-Typ tritt jedoch nie eher als auf den beiden letzten Windungen auf; ältere Umgänge tragen, wenn sie überhaupt modelliert sind stets binodose Elemente.

Da man die Wichtigkeit der Skulptur für die Artbeschreibung erkannte, gelangte man neuerdings zu einer weiteren Verfeinerung der Systematik. Man unterscheidet heute folgende 11 Skulpturformen:

1. neolaevis-Skulptur: Die Skulptur der glatten Ceratitenarten doch sind auch bei ihnen mindestens die Anfangswindungen mit Externknötchen versehen. - Vertreter: C. neolaevis, enodis, semipartitus, meissnerianus.
flexuosus-Skulptur: Sie ist gekennzeichnet durch sichelförmige Skulpturelemente, die vom Nabelrand zu den Seitenknoten und - oft nur angedeutet - über den Rücken hinwegziehen.- C. flexuosus, antecedens.

2. atavus-Skulptur: Sehr deutlich binodos, Flanken glatt; den Seitenknötchen entspricht eine doppelte Zahl von Randknoten Die Wohnkammer ist mindestens im Vorderteil skulpturlos. C.atavus, sequens.

3. pulcher-Skulptur: Auch sie ist kräftig binodos, doch ist sie auf der Wohnkammer stark abgeschwächt. - C. pulcher, primitivus

4. robustus-Skulptur: Sehr kräftig binodos; besonders typisch sind mächtige Wülste, die auch auf der Wohnkammer entwickelt sind. Innere Windungen sind ebenfalls stets stark skulpturiert - C. Iuzifer, pinguis, münsteri, riedeli, robustus, posseckeri, posseckeri macer, humilis.

5.laevigatus-Skulptur: Sie ist leicht kenntlich an der fast glatten Wohnkammer, bei gleichzeitiger kräftiger binodoser Beknotung der Innenwindungen. - C. philippii, hofmanni, laevigatus, dorsoplanus.

6.compressus-Skulptur: Sie ist zunächst binodos, dann aber bildet sie einfache Wülste, die vom Nabelrand zum Externrand verlaufen, ihn aber nicht zuerreichen brauchen C. compressus, raricostatus, evolutus, similis.

7. armatus-Skulptur: Am ausgeprägtesten auf der Wohnkammer schwächt dann auf dem Kammerteil bis zum fast völligen Verschwinden ab. Besonders typisch sind 6 spitze Dornen auf der Wohnkammer mit einer gleichen Zahl flacher Seitenwülste - Einziger Vertreter : C. armatus.

8. praecursor-Skulptur: Die inneren Windungen sind schwach, dagegen ist die Wohnkammer kräftig skulpturiert. - C. subspinosus, subspinosus macer; praecursor, praespinosus.

9. spinosus-Skulptur: Die zunächst kräftig binodose Skulptur nimmt nach der Wohnkammer zu dornigen Charakter an. Die Rippen sind einfach, vom zugehörigen Dorn durch eine mehr oder minder starke Einsattelung getrennt. - C. spinosus, postspinosus, penndorfi.

10.nodosus-Skulptur: Die vorletzte Windung ist kräftig binodos auf dem letzten Umgang finden sich starke ungeteilte Rippen - C. herzynus, nodosus.

11.fastigatus-Skulptur: Typisches und die fastigio-Formen.Zeichen ist die Ringrippigkeit. C. fastigatus

Von den hier geschilderten Skulpturformen gehören Nr. 3 bis 5 den Binodosen, 7 bis 11 den Nodosen an.
« Letzte Änderung: 28 Oct 06, 20:02 von Conny3 »

Offline Stefan

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Re:Der deutsche Muschelkalk und seine Ammoniten
« Antwort #3 am: 05 Aug 02, 14:03 »
Hallo Conrad,

toller Beitrag, würde sich Prima, als Zusatzinfo zu den Ammoniten eignen.
In Deinem Betrag werden Ammoniten mit dem sog. Nautilus oder Perlboot verglichen. Rein Verwandschaftstechnisch steht der heutige Sepia meines Wissens dem Ammoniten näher als das auf den ersten Blick optisch sehr ähnliche Perlboot.

Gruß Stefan

Offline Conny3

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Re:Der deutsche Muschelkalk und seine Ammoniten
« Antwort #4 am: 05 Aug 02, 15:56 »
Hallo Stefan,
das war der Wissensstand der 50ziger Jahre. Ich hatte das von einer anderen Homepage irgendwann mal runtergeladen (muß noch mal suchen woher).Das Buch besaß ich leider selbst nicht. Ich hatte es mir nur damals ausgeliehen. Vielleicht ist es doch zu sehr wissenschaftlich und ich werde mich künftig nur noch auf ein paar Beispiele zum Vorstellen aus meiner Sammlung beschränken. Vielleicht sind die Beiträge für Deine Wissensdatenbank stark gekürzt besser geeignet als für das Forum.

Herzliche Grüße

Conrad

Offline Conny3

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Re:Der deutsche Muschelkalk und seine Ammoniten
« Antwort #5 am: 09 Aug 02, 15:58 »
Hier auch eine schöne Seite wo es unter anderem um Trias- ammoniten geht:

http://www.m-gleiter.de/index.html
« Letzte Änderung: 09 Aug 02, 15:59 von Conny3 »

 

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