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Autor Thema: "Wilde Eier" als Leitgeröll (ehem. Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen)  (Gelesen 2103 mal)

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Offline jlies

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Hallo Leute,

dieses Stück stammt aus dem pleistozänen Muldeschotter Nordwest-Sachsens. Könnte es sich bei den Strukturen immernoch um rhyolitische Strukturen handeln?

Kann jemand irgendwas zu diesem Stück oder den Bildungen sagen?

Vielen Dank und Grüße!
Jörn
« Letzte Änderung: 26 Feb 23, 18:20 von oliverOliver »

Offline Mineralroli

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #1 am: 25 Feb 23, 19:01 »
Hallo
Rhyolith sicher nicht. Ich erkenne gewisse Zellstrukturen das heißt es ist etwas Fossiles, nur was weiß ich auch nicht....sammle keine Fossilien.
Gruß Roland

Offline aca

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #2 am: 25 Feb 23, 20:03 »
Ziemlich genau solche Strukturen kenne ich als Devitrifikations-Spherulite in Lithophysen ("Thundereggs").
Rhyolith ist also nicht ganz falsch.

Offline jlies

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #3 am: 25 Feb 23, 20:08 »
ich würde vermuten, daß das täuscht. es gint zwar sowas wie pflanzenachsen, aber ganz ähnliche strukturen gibt es eben im rhyolith auch. außerdem sind die achsen querschnitte von kugeligen gebilden (nicht von zylindern, was bei pflanzenachsen ja zwingend wäre). im bild 1 oben rechts sieht man so ein kugeliges weiße gebilde freigelegt.

jetzt kam zwischendurch die zweite antwort rein: richtig, die strukturen erinnern stark an lithophysische bildungen …

Offline aca

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #4 am: 25 Feb 23, 20:57 »
Meine kommen von da:
https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/LokationMineralData?param=2914,4561,0

Ich bin mal so frech und nehme folgende Beispiele (meine habe ich noch nicht fotografiert):
USA/New Mexico/Luna Co./Deming/Baker Ranch
"Wilde Eier" als Leitgeröll (ehem. Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen)

USA/New Mexico/Luna Co./Deming/Baker Ranch
"Wilde Eier" als Leitgeröll (ehem. Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen)

USA/New Mexico/Luna Co./Deming/Baker Ranch
"Wilde Eier" als Leitgeröll (ehem. Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen)




Offline ruebezahl

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #5 am: 25 Feb 23, 23:51 »
Glück auf,

Mir erscheint visuell das Stück fast ganz von makrokristallinem Quarz dominiert.

Wollte ich nur als Eindruck beisteuern. Für einschlägige Pflanzenfossilien und spezielle Rhyolithgefüge fehlt mir die Expertise.

MfG ruebezahl

Offline felsenmammut

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #6 am: 25 Feb 23, 23:54 »
Glück Auf!

Sehr wahrscheinlich handelt es sich um ein Gestein, wie es im Anstehenden bei Meißen gefunden werden kann:     

https://www.mineralienatlas.de/?l=35808

Derartige Gesteine sind für das Einzugsgebiet der Elbe (Urelbe +/- eiszeitliche Lokalgeschiebe) recht einzigartig und erlauben nach derzeitigem Kenntnisstand die Einstufung als Leitgeröll. Da derartige Gesteine nicht zu extrem selten Elbe abwärts von den bekannten Vorkommen bei Meißen zu finden sind, nimmt man an, dass die Verbreitung der Anstehenden größer ist oder zumindest es einst war. Man muss da aber vorsichtig sein, weil es in Sachsen noch andere potentiell in Frage kommende Vorkommen gibt. Wobei mir bisher kein echter Doppelgänger bekannt geworden ist.

Diese Evusivgesteine bestehen mineralogisch hauptsächlich aus Quarz, (Alkali-)Feldspat und einem variierenden Glasanteil. Die Zuordnung zum Rhyolith ist daher durchaus angebracht. Bei hohem Glasanteil geht die Zuordnung in Richtung Pechstein. Die mir bekannten Stücke zeigen im frischen Bruch aber immer einen matten oder gar keinen Glanz, was auf eine weitestgehende Rekristallisation der ursprünglichen Glasmatrix hin zu einem Gemenge aus Quarz und (Alkali-)Feldspat hindeutet, und sie damit Rhyolithe darstellen. Bei einer belastbaren Erklärung zu den kugeligen Gebilden wird es im Falle von den Vorkommen bei Meißen schnell dünn. Die kugeligen Gebilde zeigen keine typische Sphärolithtextur, vielmehr deutet sich ein lagiges Fließgefüge an, das gleichermaßen durch die kugeligen Gebilde wie die Matrix geht. Gelegentlich gibt es Hohlräume mit Quarzkristallen. Schon lange werden diese Gesteine als verkieseltes Holz oder etwas vager als Hornstein bezeichnet, was aber anhand der Zusammensetzung und der Gefügemerkmale nicht haltbar ist.

Es wäre für den Mineralienatlas-Fossilienatlas ein wertvoller Eintrag auf der entsprechenden Fundstelle (wenn möglich nicht nur Mulde / Nordwestssachsen). Ein Hinweis auf die vermutliche Herkunft aus dem Raum Meißen mit Referenz zu dem anstehenden Gesteinen bei Korbitz kann bei der Bildbeschriftung eingefügt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Das Felsenmammut

edit Mod.: Link durch die (eindeutige) verkürzte MA-URL ersetzt
« Letzte Änderung: 26 Feb 23, 12:58 von oliverOliver »

Offline Mineralroli

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #7 am: 26 Feb 23, 01:01 »
Zitat
Ich bin mal so frech und nehme folgende Beispiele
Bei genauer Betrachtung ist es nicht abwegig, da knicke ich sogar ein, obwohl die Beispiele weit auseinanderliegen.
Man kann auch mal falsch liegen. Sind schöne Achate  ;D
Gruß Roland

Offline ruebezahl

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #8 am: 26 Feb 23, 01:35 »
Glück auf,

Feldspat istfür mich auf dem Foto nicht erkennbar.

Solche Quarzdominanz sollte nicht durch Kristallisation einer rhyolithischen Schmelze zustande kommen, sondern erst durch nachträgliche Anreicherung im Effusivverband.

Dünnschliffbilder x Nicols könnten eine Charakterisierung des Quarz ermöglichen, ohne bleiben es nur Vermutungen. Visuell verborgener Feldspat wäre dann auch sichtbar.

MfG ruebezahl





Offline jlies

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #9 am: 26 Feb 23, 10:07 »
Glückauf Max!

Danke für deine Einschätzung und die wertvollen Hintergrundinformationen!

Die optische Ähnlichkeit zu den Stücken aus Korbitz ist schon frappierend, auch wenn sie sich farblich etwas anders darstellen. Könntest du die anderen, potentiell in Frage kommenden Vorkommen in Sachsen auch noch nennen? Oder sind die Stücke von dort vom Habitus her noch weiter entfernt (also keine echten Doppelgänger)?

Deutschland/Sachsen/Leipzig, Landkreis/Otterwisch
"Wilde Eier" als Leitgeröll (ehem. Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen)


Ich werde das Stück bei Gelegenheit polieren und dann auch bessere Bilder auf der Fundstellenseite eintragen. Das Stück stammt aus der Kiesgrube Otterwisch.

Viele Grüße!
Jörn
« Letzte Änderung: 26 Feb 23, 10:33 von jlies »

Offline oliverOliver

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #10 am: 26 Feb 23, 13:09 »
hallo Max,
danke für die ausführliche Erklärung (wie ja auch schon bei https://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,49647.0.html).
@ Claudia/Fritzi:
ich habe mir mal erlaubt, deine Bildtexte bei Korbitz anzupassen - hoffe das ist ok. Denn Hornstein im Sinne von Chert sind die "Wilden Eier" ja keinesfalls.
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oliver

Offline Garmin1978

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #11 am: 26 Feb 23, 13:22 »
Hallo Jörn,

ein wirklich interessanter Fund und meiner Meinung nach, lässt sich das Stück ziemlich eindeutig dem Vorkommen bei Meißen-Korbitz zuordnen. Die Verbreitung durch die Ur-Elbe und eine Vermischung mit eiszeitlichen Geschieben, ist insbesondere im Übergang zwischen dem sog. Schmiedeberger Elbelauf nach Genießer und dem Stromgebiet der Mulde zu finden. So kommen in der Elbtalwanne regelmäßig solche Funde vor und sollten dementsprechend auch weiter nordwestlich gemacht werden können.
Ich hänge mal ein Bild eines Fundes aus der Elbtalwanne an, worauf die Jaspislinsen sehr deutlich zu erkennen sind und auch eine Füllung von Achat bzw. Chalcedon vorhanden ist.

Schönen Sonntag wünsche ich in die Runde!

Glück auf, Chris

Offline oliverOliver

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #12 am: 26 Feb 23, 14:13 »
Das wird ja wirklich spannend!

Zitat
und erlauben nach derzeitigem Kenntnisstand die Einstufung als Leitgeröll.

Was würdet ihr davon halten, wenn wir überhaupt den thread auf "Wilde Eier als Leitgeröll" umbenennen würden, und hier entsprechende Beispiele von unterschiedlichen Fundorten zusammensammeln?

lg + ga
oliver

Offline hoe

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #13 am: 26 Feb 23, 16:27 »
Ich habe mal die Literatur gewälzt und bin bei Pietzsch fündig geworden.

Abriss der Geologie von Sachsen
Prof. Dr. Kurt Pietzsch
Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin
1956, 2. Auflage
Kapitel 6 Elbtalzone
Seite 112
Jungpaläozoische und mesozoische Bildungen
Das Meißner Porphyrgebiet

Da werden die "Wilden Eier" kurz erwähnt. Ist vielleicht nicht mehr ganz aktuell, aber vielleicht hilft es weiter.

Glück auf!
Holger

Offline jlies

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Re: Rhyolith? aus Nordwest-Sachsen
« Antwort #14 am: 26 Feb 23, 17:49 »
Das wird ja wirklich spannend!

Zitat
und erlauben nach derzeitigem Kenntnisstand die Einstufung als Leitgeröll.

Was würdet ihr davon halten, wenn wir überhaupt den thread auf "Wilde Eier als Leitgeröll" umbenennen würden, und hier entsprechende Beispiele von unterschiedlichen Fundorten zusammensammeln?

lg + ga
oliver

hab ich grad getan. würde nur den alten titel noch eine weile sehen lassen?

hallo chris,
sehr schönes stück, was du da hast, danke fürs zeigen.
schön, daß sich so ein spannender faden entwickelt!
viele grüße, jörn.

hallo holger,
danke auch fürs teilen des textes!
vg jörn

frage an alle: dann wäre die treffendste bezeichnung des gesteins porphyr-pechstein?

 

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