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Autor Thema: Es lebe das Handwerk!  (Gelesen 6532 mal)

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Offline skibbo

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Es lebe das Handwerk!
« am: 03 Sep 18, 14:50 »
Hallo zusammen,

da immer mal wieder die Frage gestellt wird, wie erkenne ich eine Fälschung, hab ich da, anhand einer etwa 5 x 4,5 cm großen Matrix-"Stufe" mit Topasen, mal etwas vorbereitet.  8)

Bereits auf den Bildern der ursprünglichen "Stufe" sind um die Topaskristalle sowie auch um einzelne größere Bruchstücke der Quarzmatrix dunklere, relativ feinkörnige Bereiche zu sehen. Diese Zonen bestehen hauptsächlich aus feinkörnigem Glimmer und kleinen Gesteinsbruchstücken und zeigen eine verdächtig poröse Struktur. In der Regel wird bei solchen Montagen ein handelsüblicher Klebstoff genutzt, der unter UV-Lichtfluoresziert. Einer schlecht reparierten oder zusammengebastelten Stufe könnte man also bereits zerstörungsfrei auf die Schliche kommen. Allerdings gibt es auch Fälschungen, die sich nicht so leicht zu erkennen geben, wie in diesem Beispiel.

Es lebe das Handwerk!


Es lebe das Handwerk!


Es lebe das Handwerk!


Es lebe das Handwerk!


Nach ein paar Minuten in Aceton fallen bereits kleinere Stücke von der Stufe und deutliche Anzeichen der Montage werden sichtbar.

Es lebe das Handwerk!


Das momentan vorläufige Resultat sind mehrere, größere Bruchstücke und ein Häufchen Glimmer reicher "Sand". Wenn der Kleber vollständig gelöst ist, werden eine größere Quarzplatte als Montagebasis, kleinere Matrixbruchstücke sowie lose Topaskristalle (natürlich von bester Qualität) übrig sein.

Es lebe das Handwerk!



Das Ergebnis:
Es lebe das Handwerk!

« Letzte Änderung: 18 Nov 18, 10:29 von skibbo »

Offline Stefan

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #1 am: 03 Sep 18, 17:33 »
Stefan, Danke für den lehrreichen Beitrag!

Vielleicht magst Du ja unsere Fälschungsliste darum bereichern.

Viele Grüße Stefan
« Letzte Änderung: 03 Sep 18, 21:17 von Stefan »

Offline oliverOliver

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #2 am: 03 Sep 18, 17:49 »
und interessant wäre natürlich auch, woher die "Stufe" angeblich stammen sollte, und wo sie angeboten wurde ......

Offline michaelh

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #3 am: 03 Sep 18, 19:27 »
Super Beitrag!!!

Grüße Michael

Offline skibbo

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #4 am: 04 Sep 18, 08:28 »
Hallo,

und vielen Dank.

Ich werde an dieser Stelle erstmal einige weitere Fälschungen zeigen und anschließend den Beitrag komplett ins Lexikon stellen.
Auf Herkunftsangaben wollte ich vorerst verzichten, da sinnvoll ist, sich bewusst zu machen, dass Fälschungen/Manipulationen aus allen Regionen der Erde, zeitlich völlig unabhängig und auch in allen Preislagen auftreten. In manchen Fällen kann man auch nicht mit Sicherheit sagen ob die Manipulation bereits vor Ort im Fundland stattgefunden hat, irgendwo in der Kette der Zwischenhändler oder sogar beim letzten Glied der Kette, dem Endverkäufer bzw. Käufer. Vorrangig möchte ich erstmal einige Merkmale aufzeigen.

Offline skibbo

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #5 am: 04 Sep 18, 08:52 »
Den oben gezeigten Topas kann man als komplette Fälschung bezeichnen. Die Stufe gehört, so wie sie war, nicht zusammen. Möglicherweise stammen die anderen Bruchstücke sogar von der selben Fundstelle, in dieser Zusammenstellung bestand die Stufe jedoch nie auf natürlichem Weg sondern erst durch finanzielles Interesse des Fälschers. Eine Matrixstufe verkauft sich nun mal für mehr Geld als der selbe Kristall ohne Matrix.

Hier ein anderes Beispiel: Der Apatitkristall ist im oberen Bereich geklebt. Risse in Kristallen, und vor allem fehlende Teile am Kristall sollten den Käufer stutzig machen. Entweder war der Kristall an solch einer Stelle natürlich angewachsen, wurde beschädigt, oder war, wie in diesem Fall, in Verbindung mit dem sich fortsetzenden Riss, komplett gebrochen und wurde repariert.

Es lebe das Handwerk!


Es lebe das Handwerk!


Das zugehörige Label nennt diese Reparatur nicht, gut möglich, dass der Kristall erst später zerbrach und repariert wurde oder das die Reparatur zu Beginn des 20ten Jahrhunderts verschwiegen wurde.

Es lebe das Handwerk!


Jedenfalls wurde mir diese Stufe mit dem Vermerk "repariert" auf dem Händlerlabel verkauft. Dagegen gibt es nichts einzuwenden, zumal es sich um eine "historische" Stufe handelt und der Kristall in seiner Gesamtheit vor der Reparatur bereits so bestanden hat.




Offline Stefan

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #6 am: 04 Sep 18, 10:41 »
Ich würde eine Reparatur auch nicht als Fälschung bezeichnen. Das sollte natürlich vermerkt sein. Reparierte Stufen finde ich nicht schlimm.

Ich habe auch noch einen Vivianit und einen Wolframit aus der Bastelwerkstatt. Schöne Kristalle die nichts mit der Matrix zu tun haben. Ganz ähnlich wie bei Dir. Sind in der Fälschungsliste zu sehen. Hier werde ich auch mal eine Trennung versuchen.
Viele Grüße
Stefan

Offline skibbo

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #7 am: 04 Sep 18, 13:00 »
Das stimmt, wird die Reparatur allerdings vom Verkäufer nicht genannt, ist es definitiv eine Manipulation zu Lasten des Käufers.
Auf jeden Fall ist es ein gutes Beispiel für eine nachträgliche Bearbeitung. Das Augenmerk soll hier auf den fehlenden Kristallfragmenten und den Rissen im Kristall liegen.

Hier noch ein weiteres Beispiel: Ein Antimonitaggregat auf Quarzüberzogener Sideritmatrix.

Es lebe das Handwerk!


In diesem Fall geht es darum, auf die Position des Antimonitaggregates zu achten.
Es liegt auf der Matrix und hat an keinem Ende eine abschließende Kopffläche. Weiterhin sieht man, dass das Aggregat sowohl auf dem braunen Siderit als auch dem farblosen Quarzüberzug "gewachsen" scheint. Dabei ist zu erkennen, dass der, ansonsten die Stufe weitestgehend bedeckende, Quarzrasen im Bereich des Antimonits durch Bruchflächen (aber auch Sideritkristalle) begrenzt ist.

Es lebe das Handwerk!


Von der Seite betrachtet, erkennt man dies deutlicher und bereits auf dem ersten Foto ist im linken Bereich des Aggregates Blasenreicher Klebstoff zu erkennen.

Es lebe das Handwerk!


Die Vergrößerung verdeutlicht dies:

Es lebe das Handwerk!


Da man auf den Fotos im linken oberen Teil einen Rest von natürlich aufgewachsenem Antimonit auf Quarz erkennen kann, vermute ich in diesem Fall einen enttäuschten Sammler, der versuchte seinen schönen Eigenfund zu retten. Ob das aufgeklebte Antimonitaggregat jedoch tatsächlich dort seinen Platz hatte oder von einer anderen (Fund)Stelle stammt, bleibt Spekulation.
« Letzte Änderung: 18 Nov 18, 10:28 von skibbo »

Offline skibbo

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #8 am: 18 Nov 18, 10:11 »
Hier nun ein weiteres Beispiel:

Ein 4 cm großer Wagnerit-Kristall von der Typlokalität Höllgraben in Österrreich. Die aufgeklebte Nummer lässt vermuten, dass das Stück schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Der Kristall wurde mit Klebstoff (erkennbar an den Blasen und Fäden in den Detailbildern) auf die Matrix geklebt. Um die Spuren zu Kaschieren wurde der Klebstoff mit Kristallbruchstücken des Gangmaterials gemischt.

Es lebe das Handwerk!


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Offline skibbo

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #9 am: 18 Nov 18, 10:27 »
Als Nächstes folgt ein Beispiel aus den USA:

Eine 10 cm breite Stufe mit typischem grauen Calcit und kleinen Markasiten und Kupferkiesen von Brushy Creek. Auf den ersten Blick eine ganz brauchbare Stufe

Es lebe das Handwerk!


Ein Blick auf die Rückseite zeigt bereits deutliche Spuren der Montage. Hier sind mehrere Bruchstücke zu einer Stufe zusammengebastelt.

Es lebe das Handwerk!


Um diese Spalten auf der Vorderseite halbwegs zu kaschieren, wurden Kristallbruchstücke auf die Lücken geklebt. (Wie in der Bildmitte zu sehen ist)

Es lebe das Handwerk!


Ein weiterer, mit der Lupe erkennbarer Hinweis sind in Klebstoff getränkte Markasite und Kupferkiese an den Rändern der Einzelteile.

Es lebe das Handwerk!


Um den Gesamteindruck abzurunden wurden abgebrochene Calcitkristalle mit Bruchstücken von Markasit/Chalkopyrit überdeckt. Auch hier gehen die Kristalle erkennbar in dem Klebstoff unter.

Es lebe das Handwerk!


Ein Blick ins Aceton sagt mehr als 1000 Worte:
Es lebe das Handwerk!
« Letzte Änderung: 18 Nov 18, 11:03 von skibbo »

Offline pseudonym

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #10 am: 18 Nov 18, 13:23 »
Vielen Dank für deine Mühe ,wirklich gute Arbeit ... also das aufdecken der Fälschung ,nicht das fälschen !

Offline IntronX

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #11 am: 21 Nov 18, 13:33 »
Hi Stefan,

wollte auch mal mein Lob für diesen Thread aussprechen - sehr informativ! Ich habe mich grad dabei erwischt, wie ich eine Stufe nicht nur nach Ästhetik sondern auch nach Kleberesten untersucht habe.  :D
Manche Stufen scheinen für solche Montagen wahrlich prädestiniert zu sein. War aber kein Kleber zu entdecken, zum Glück!
Besagte Stufe ist ein Meißelspat der Grube Clara.


Gruß
Lars

Offline skibbo

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #12 am: 23 Nov 18, 17:51 »
Hier ein weiteres Beispiel.

Nieriger Malachit auf einem massiven Stück kupferhaltigem Erz aus dem Ural. Eigentlich eine Stufe, bei der man aufgrund der Kompaktheit keine Reparatur vermutet. Auch diese Stufe dürfte so bereits einige Jahrzehnte in Sammlungen geschlummert haben.

Russland/Ural, Föderationskreis/Swerdlowsk (Sverdlovskaya, Sverdlovsk), Oblast/Jekaterinburg/Nischni Tagil (Nizhnii Tagil)
Es lebe das Handwerk!


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Es lebe das Handwerk!



Und so bestand die eigentliche Intension zu einer Prüfung lediglich daraus, ob der Cuprit in Malachit umgewandelt ist.
Unter dem Bino sprangen mir dann diese blasenreichen Klebstoffkugel förmlich entgegen.

Es lebe das Handwerk!


Und die schnelle Prüfung unter UV bestätigte, dass ein Teil des Malachits abgebrochen war und wieder aufgeklebt wurde.

Es lebe das Handwerk!


Bei genauer Betrachtung ist auf den beiden Eingangsbildern erkennbar, welchen Bereich diese Reparatur betrifft.
« Letzte Änderung: 23 Nov 18, 17:56 von skibbo »

Online felsenmammut

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #13 am: 23 Nov 18, 18:07 »
Glück Auf!

da war wohl jemand etwas großzügig bei der Anwendung von Klebstoff. Reparaturen, auch wenn diese hier etwas fahrlässig durchgeführt wurde, sind aber allemal noch eher akzeptabel. Montagen von Stufen aus Einzelstücken, die dabei neu arrangiert werden, sind da hingegen schon deutlich auf der Seite von Fälschungen, wie Du ja oben schöne Beispiele gezeigt hast.

Mit freundlichen Grüßen

Das Felsenmammut

Offline skibbo

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Re: Es lebe das Handwerk!
« Antwort #14 am: 01 Dec 18, 23:32 »
Hallo Markus,

danke für deine Antwort. Ich denke du stimmst mir zu, dass auch eine Reparatur eine Wertminderung darstellt. Das mag bei manchem "High-End" Turmalin als gegeben hingenommen werden, eine Täuschung ist es allemal, vor allem, wenn Reparaturen oder Behandlungen nicht explizit angegeben sind. Auch wenn hinter vielen Reparaturen wohl keine böse Absicht steckt, weil man z.B. einen Eigenfund, der beim Bergen zerbrach, gerne erhalten möchte, so kann dies beim späteren Besitzerwechsel doch zu Irritationen führen.
Solche Stücke kommen früher oder später in den Handel. Wenn ich mit meinen Beiträgen erreiche, dass der ein oder die andere vor dem nächsten Kauf einen genaueren Blick riskiert, hat dieser Thread seinen Zweck erfüllt.

Auch wenn sich mit der Zeit sicher vieles wiederholt (meist sind es ja geklebte Stücke), so ist es mir wichtig zu zeigen, dass man nicht nur bei Rumänen oder Chinesen mit (mehr oder weniger) handwerklichem Geschick rechnen sollte, sondern auch bei Klassikern oder "Sammler"-stücken durchaus mal ein kritischer Blick lohnt.

Viele Grüße
Stefan





« Letzte Änderung: 01 Dec 18, 23:58 von skibbo »

 

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