Mineralienatlas - Fossilienatlas
Aragonit
Molina de Aragon Die Stadt Molina de Aragon in Guadalajara - nicht in Aragon, sondern in Kastilien Copyright: Peter Seroka; Contribution: Collector Image: 1299836851 License: Usage for Mineralienatlas project only |
Molina de Aragon |
Die Stadt Molina de Aragon in Guadalajara - nicht in Aragon, sondern in Kastilien |
Peter Seroka |
Der erste uns bekannte schriftliche Nachweis des Minerals, welches wir heute als Aragonit bezeichnen, stammt aus dem im Jahr 1609 erschienenen Buch "Gemmarum et lapidum historiades" des flämischen Humanisten, Arztes und Mineralogen Anselmus BOETIUS DE BOODT (1550-1626), in welchem dieser 106 Mineralien beschreibt, ausdrücklich auch auf deren Härte eingeht und sogar schon ihren materiellen Wert einschätzt. Boetius de Boodt bezeichnete das Mineral Aragonit als "Stillatitius lapis".
Katalog Sammlung M. Davila - 1767 Katalog der Mineraliensammlung M. Davila, erstellt von Romé de L'Isle im Jahre 1767. Copyright: Archiv: Peter Seroka (Collector); Contribution: Collector Image: 1299838106 License: Usage for Mineralienatlas project only |
Katalog Sammlung M. Davila - 1767 |
Katalog der Mineraliensammlung M. Davila, erstellt von Romé de L'Isle im Jahre 1767. |
Archiv: Peter Seroka (Collector) |
Die erste Beschreibung von Aragonit aus Spanien stammt aus dem im Jahr 1754 veröffentlichten Buch „Aparato para la Historia Natural Espanola“ des Spaniers Joseph TORRUBIA. In diesem Buch beschreibt der Autor das Vorkommen großer Mengen von Kristallen in Form von „Hexagonen“, welche von den Einheimischen „Torrecillas“ (Türmchen) genannt wurden und welche auf einem Hügelchen nahe des Flusses Gallo, gegenüber der Mühle und den Wasserrädern nahe der Stadt Molina de Aragon auftreten. Diese Fundstelle hat die Sammler auf der Welt seit über 200 Jahren mit Aragonitkristallen versorgt. Auch die Kristalle, welche zu den ersten wissenschaftlichen Untersuchungen dieses Mineral benutzt wurden, kamen von Molina de Aragon. Bis heute ist der Reichtum dieses Vorkommens ungebrochen und mit wenig Mühe kann man, besonders nach regenreichen Tagen, noch hunderte schöner Exemplare am Rio Gallo aufklauben. TORRUBIA (1754) beschrieb ebenfalls das Auftreten von Aragoniten zwischen Anchuela und Clares, ca. 22 km von Molina de Aragon entfernt, sowie Kristalle von der Hacienda des los Cartujos de Jerez am Wege von Arcos de la Frontera in der Provinz Cadiz.
Im Jahr 1767 beschrieb der französische Mineraloge, Kristallograph und Sammler Jean Baptiste Louis ROMÉ DE L'ISLE einige Aragonite im Katalog der Sammlung des reichen, in Paris lebenden Peruaners Pedro Francisco DÁVILA. Diese Sammlung, in Paris zum Kauf angeboten, wurde 1771 von König Carlos III. von Spanien erworben und bildete seitdem den Kern des Museo Nacional de Ciencias Naturales (Nationalmuseum der Naturwissenschaften) in Madrid.
Romé de l'Isle beschrieb den Aragonit als „spath cristallissé en prismes hexagones“ und als „Spath d'Espagne“ (spanischer Spat), inklusive der Beschreibung der gewöhnlichen Eigenschaften des Aragonit, das Auftreten von „Rillen“ an den Außenseiten des „Prismas“ und die Vergesellschaftung mit kleinen „Hyacint- oder Jacintos de Compostela“-Kristallen (rote Quarz-Doppelender).
Der irische, in Spanien lebende Naturalist William BOWLES, Autor des zu der Zeit wichtigsten Werks zur Geographie und Geologie Spaniens, „Introducción a la Historia Natural y a la Geografia Física de Espana", herausgegeben 1775, beschrieb Aragonit von Molina de Aragon als Kristalle mit sechs gleichen Flächen und perfekt flachen Endflächen wie die der Smaragde aus Peru.
Die Werke von Torrubia und von Bowles erlebten nicht nur mehrere Auflagen in Spanisch, sondern wurden auch in die französische und italienische Sprache übersetzt, wodurch der Name der Lokalität Molina de Aragon in die internationale mineralogische Literatur einging.
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Der Name „Aragonit“ ist auf den deutschen Mineralogen Abraham Gottlob WERNER zurückzuführen, welcher das Mineral (1788) irrtümlich als „arragonischer Apatit“ bezeichnete, in der Annahme, dass es sich um eine Varietät von Apatit handelt, wobei er nur die äußerlichen Charakteristika berücksichtigte und das Mineral selbst nicht weiter untersuchte.
Im Jahr 1788 demonstrierte der deutsche Chemiker Werner Heinrich KLAPROTH, dass das Mineral keinen Phosphor enthielt, was für Apatit charakteristisch ist sowie, dass es sich einfach um Calciumcarbonat handelt, ähnlich wie bei Calcit. In Anlehnung an diese Demonstration hieß das Mineral fortan „aragonischer Kalkspath" (WERNER, 1790) und etwas später nur noch „Aragonit", weil WERNER annahm, dass Molina de Aragon, woher die untersuchten Aragonitproben kamen, ein Ort in Aragon sei, da er nicht wusste, dass Molina zu Kastilien gehört.
Dieser Fehler ist jedoch verzeihbar, da man nicht voraussetzen kann, dass jeder die Historie von Molina de Aragon kennt, welches seit 1129, wenige Jahre nach der Reconquista, zum Königreich Kastilien gehörte.
Der Fehler von WERNER setzt sich jedoch bis heute fort, nicht wenige der berühmten spanischen Aragonitkristalle tragen als Fundortangabe Aragon und in fast allen Lehrbüchern der Mineralogie wird als Typlokalität Provinz Aragon und selbst Berg oder Fluss Aragon angegeben. Dies ist umsomehr irreführend, als es auch Aragonitvorkommen an einigen Orten in der Region Aragon gibt.