Mineralienatlas - Fossilienatlas
Sandcalcit
Sandcalcit Rattlesnake Butte, South Dakota, USA. 4.5 cm x 2.5 cm. Copyright: Stephanie Martin; Contribution: skibbo Image: 1357503723 Rating: 9 (votes: 2) License: Usage for Mineralienatlas project only |
Sandcalcit |
Rattlesnake Butte, South Dakota, USA. 4.5 cm x 2.5 cm. |
Stephanie Martin |
Sandcalcite sind Calcite, die während ihrer Bildung größere Mengen von Sand, zuweilen bis weit über 50%, "poikilitisch" im Kristall eingeschlossen haben. Sandcalcite sind somit eine Variante des Calcits. Sie zeichnen sich gegenüber anderen Mineralien dadurch aus, dass der eingeschlossene Sand das Kristallwachstum nicht wesentlich behindert. Neben Calcit sind sandhaltige Kristalle auch von den Mineralen Baryt (z.B. aus Rockenberg in Hessen), Gips (Wüsten-, bzw. Sandrosen) und Steinsalz bekannt. Sandcalcite sind unter den Calciten eine Seltenheit, auch wenn sie sich nicht gerade durch eine große Attraktivität auszeichnen. Fälschlicherweise werden sie oft als Pseudomorphosen bezeichnet, durch einen einfachen Test mit verdünnter Salzsäure (HCl) kann jedoch schnell das Gegenteil bewiesen werden. Zu den Sandcalciten zählt man auch auf Calcit basierende Konkretionen, die meist eine xenomorphe Struktur aufweisen. Die Bezeichnung Konkretion leitet sich aus den lateinischen Worten „con“ und „crescere“ ab was „zusammen“ und „wachsen“ bedeutet. Sowohl Sandcalcite als auch die angesprochenen Konkretionen sind kristallin, auch wenn man es den Konkretionen äußerlich oftmals nicht ansieht. Häufig treten beide Formen an einer Lokalität nebeneinander auf, ihre Genese ist identisch. Im 18. Jhd. wurden Konkretionen noch als Kuriositäten angesehen. So wurden sie zum Beispiel als Artefakte gedeutet oder für fossile Schildkröteneier gehalten. Die Genese von Sandcalciten und Konkretionen ist nicht grundsätzlich vergleichbar mit der Entstehung der bekannten Wüstenrosen, bzw. Sandrosen, welche auf Gips oder Baryt basieren. Voraussetzung für die Entstehung ist in beiden Fällen aber das Vorhandensein von Wasser - entweder in Form von kapillar aufsteigendem Grundwasser oder deszendentem, also herabsteigendem, Oberflächenwässer.
Zur Genese von Calciten, im Speziellen auch der Sandcalcite, wird Kohlensäure (H2CO3) benötigt. Diese kann z.B. durch die Verbindung von Wasser (H2O) mit dem in der Luft befindlichen Kohlenstoffdioxid (CO2) entstehen. Die Kohlensäure löst Calciumionen (Ca2+) aus dem vorhandenen Kalkstein (Calciumcarbonat (CaCO3)) und dissoziiert zu Hydrogencarbonat (HCO3-). Das in Lösung befindliche Calciumhydrogencarbonat bleibt solange in Lösung, bis sich an einem bestimmten Punkt in meist lockerem Sand, der Mengenanteil an Kohlensäure verändert. Das Gleichgewicht verschiebt sich zu Ungunsten der Kohlensäure und Calciumcarbonat fällt wieder aus. Der oben genannte Punkt könnte eine gewisse Höhe im Sandhorizont widerspiegeln, bedingt durch eine tonige Sperrschicht oder einen Kristallisationskeim, der z.B. auch aus organischen Substanzen bestehen kann, die ein alkalisches Umfeld erzeugen. Aber auch das Hineinkristallisieren in einen vorhandenen, mit lockerem Sand gefüllten „Hohlraum“, wie am Beispiel der „Grotte aux Cristaux“ nahe Fontainebleau bei Paris, ist möglich. Durch eventuell auftretende Grundwasserströme können die Sandcalcite oder auch die Konkretionen nach einer Anfangs kugeligen Form eine richtungsbezogene, stromlinienförmige Form bilden. Derartige Gebilde werden mancherorts auch als Zapfensand bezeichnet, wie z.B. die aus Ochsenhausen in Baden-Württemberg oder vom Mt. Signal in Kalifornien / USA. Die Bildungstemperatur für Sandcalcite entspricht dem geringsten Löslichkeitsprodukt für Karbonat im Wasser, das bei 25°C liegt, was eine rhomboedrische Kristallform der Sandcalcite zur Folge hat. Eine Ausnahme bilden dabei die bekannten Sandcalcite aus dem Indianerreservat Rattlesnake Butte im Jackson County in South Dakota, USA. Die dort auftretenden Kristalle zeigen eine steile hexagonale Pyramide mit abgerundeten Enden. Fazit ist, dass die vorhandenen Konkretionen und Sandcalcite einen Übergang im diagenetischen Prozess der Sandsteinbildung darstellen. Vom lockeren Sand hin zu kompakteren, durch Karbonat gebundene Sandbänke. Allerdings bildet der im Sandstein vorhandene Calcit meist nur einen feinkörnigen, polykristallinen Zement, der die vorhandenen Komponenten des Sandes, wie Quarzkörner, Glimmer, usw. bindet. Dies unterstreicht die Seltenheit der Sandcalcite und ihrer Konkretionen.
Neben Sandcalciten sind dem Sammler weitere sandhaltige Gebilde in calcitförmiger Ausbildung bekannt, bei denen es sich allerdings nicht um echte Sandcalcite sondern höchstwahrscheinlich um Relikte dessen handelt. Der Unterschied dieser beiden Ausbildungen besteht im Gehalt des Calcits. Echte Sandcalcite führen als Bindemittel der eingeschlossenen Sandkörner kristallinen Calcit, die Scheinkristalle nicht. Hierbei liegt das Augenmerk lediglich auf dem Bindemittel der Sandkörner, die Zusammensetzung des Sandes spielt bei dieser Definition keine Rolle. Bei den Scheinkristallen ist lediglich die Kristallform des Calcits erhalten. Als Bindemittel der Sandkörner dient in diesem Fall Kieselsäure (SiO2).
Ein simpler Test verdeutlicht den Unterschied: Legt man einen Scheinkristall und einen echten Sandcalcit in ein Behältnis mit Salzsäure, so wird sich das Karbonat im Sandcalcit lösen und zurück bleibt ein Häufchen loser Sandkörner. Der durch kieselsäure gebundene und somit karbonatfreie Scheinkristall hingegen wird das Bad in der Säure unbeschadet überstehen.
Bei beiden Ausbildungsformen, sowohl den Sandcalciten als auch den Scheinkristallen, handelt es nicht um Pseudomorphosen.
Oftmals als Sandcalcit bezeichnet, aber keine echten Sandcalcite sind die Scheinkristalle aus dem mittleren Buntsandstein mit den Fundortangaben Lärchengarten, Ochsenlager, Salzlackenbusch oder auch Neckargemünd bei Heidelberg in Deutschland. Sie stehen stellvertretend für eine Reihe weiterer Lokalitäten dieser mineralogischen Besonderheit, aufgeschlossen zum Beispiel nördlich des Schwarzwaldes, in der Pfalz und den Vogesen. Alle diese Lokalitäten führen in derselben stratigrafischen Folge, dem Kugelhorizont im oberen mittleren Buntsandstein, diese Scheinkristalle. In früheren Beschreibungen wurden sie den Sandcalciten zwar zugeordnet, aber schnell rückte man von dieser Zuordnung ab und bezeichnete sie als Pseudomorphosen, was sie ebenfalls nicht sind. Im Grunde handelte es sich um Sandcalcite, deren Carbonatanteil aber irgendwann in der Vergangenheit wieder herausgelöst wurde - übrig blieb nur noch die Calcitform. Eine zusammenfassende Beschreibung erfolgte 1984 durch Dr. H.J. Ahrens (Ahrens, H.J.: „Beobachtungen zur Morphologie und Entstehung der Scheinkristalle aus dem Mittleren Buntsandstein der Heidelberger Umgebung“ Aufschluss 1984, Seiten 407-421.)
Scheinkristalle in Buntsandstein Neckargemünd bei Heidelberg, Odenwald, D. Stufengröße: 7,5 x 5 cm. Copyright: skibbo; Contribution: skibbo Image: 1357490185 License: Usage for Mineralienatlas project only |
Scheinkristalle in Buntsandstein |
Neckargemünd bei Heidelberg, Odenwald, D. Stufengröße: 7,5 x 5 cm. |
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In unserer heutigen Zeit ist es nichts ungewöhnliches, dass Mineralstufen durch die halbe Welt reisen. Zu dem links gezeigten Stück gibt es eine solche Geschichte. Ehemals in der Sammlung Carl Ditter, war dieser Scheinkristall eines von vielen, in den Jahren 2003/2004 aus dem Bestand des Senckenberg Museums in Frankfurt verkauften Stücke. Die Stufe fand einen Abnehmer in den USA und wurde im Jahr 2007 auf einer dortigen Auktionsplattform versteigert. Nachdem das Stück zweimal den Atlantik überquerte landete es über eine kurze Station in Korbach in einer Privatsammlung in Frankfurt, keine 5 km Luftlinie von seinem einstigen Aufbewahrungsort entfernt.
Scheinkristalle in Buntsandstein Salzlackenbusch bei Ziegelhausen, Odenwald, D. Stufengröße 8 x 5,5 cm. Copyright: skibbo; Contribution: skibbo Image: 1357490215 License: Usage for Mineralienatlas project only |
Scheinkristalle in Buntsandstein |
Salzlackenbusch bei Ziegelhausen, Odenwald, D. Stufengröße 8 x 5,5 cm. |
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