Mineralienatlas - Fossilienatlas
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(eine der unter Geowissenschaftlern umstrittensten Theorien unserer Zeit)
(Plume; engl. "Rauchfahne" oder "Schwaden"; franz.: Helmbusch); bildlich: Pilz
(Syn.: Mantle Plume; Megaplume)
1915 legte Alfred Wegener seine Theorie von wandernden Kontinenten und sich aufweitenden Meeren in seinem Buch "Die Entstehung der Kontinente und Ozeane" dar. Die Reaktion der Wissenschaftlerkollegen auf die revolutionäre Idee war - ausgedrückt mit den Worten des Präsidenten der philosophischen Gesellschaft, Rollin Chamberlin, Geologe der Univ. Chicago:
"Wegeners Hypothese ist eher von der oberflächlichen Sorte. Sie nimmt sich einige Freiheiten mit unserem Globus heraus, ohne sich von lästigen Fakten binden zu lassen".
Es dauerte fast 80 Jahre, bis Wegeners Erkenntnisse bewiesen waren und die Plattentektonik als unumstößliche Tatsache zum Wissen um unseren Planeten akzeptiert wurde.
Im Jahr 1971 schlug Prof. Jason Morgan von der Princeton University den Begriff "Plume" vor, welchen er als einen heißen Auftrieb relativ ur-anfänglichen Materials beschrieb und welcher seiner Ansicht nach aus der Tiefe des Erdmantels aufsteigt und sogenannte Oberflächen-"Hot Spots" speist. Solche Plumes werden durch thermischen Transport bewegt und müssen von der thermischen Grenzschicht stammen.
Die einzige bekannte, im Erdmantel existierende Schicht ist die Kern-Mantel-Grenze "D" (core mantle/CMBV), insofern wurde angenommen, dass solche "Morgan-Typ"-Plumes aus diesem Bereich aufsteigen.
Ein unwiderlegbarer Beweis für solche Plumes wurde nicht erbracht; im Gegenteil, es wurde über gegensätzliche oder unerwartete Beobachtungen berichtet. Andererseits wurden seismische Anomalien mit geringer Wellengeschwindigkeit und in verschiedener Form gefunden, e.g. flache oder sehr weitflächige Körper. Solche Beobachtungen wiederum veranlassten die Wissenschaftler, die Arten der sogenannten Plumes zu diversifizieren.
Es gibt bis heute keine einheitlich akzeptierte Definition eines Plume.
Im Gegenteil: Ein wissenschaftlich interdisziplinäres Zusammenarbeiten ist oft dadurch behindert, weil das Wort "Plume" durch einzelne Wissenschaftler für verschiedene physikalische Modelle verwendet wird, ohne dass einer den anderen realisiert. Es ist auch grundsätzlich unmöglich, einen Gegenbeweis für eine Plume-Hypothese anzutreten, weil eben der Begriff Plume weit ausgelegt ist.
Die Plume-Theorie (Hypothese) wurde von 1971 bis ca. 2002 als "quasi" gültig anerkannt und findet sich in den meisten Lehrbüchern. Seit ca. 30 Jahren haben die meisten Wissenschaftler akzeptiert, dass Plumes aus heißem Gestein, welche von der Tiefe der Erde auftreiben, verantwortlich für bestimmte vulkanische Aktivitäten sind.
Seit wenigen Jahren wird diese Hypothese von einigen Geologen angezweifelt und heftig bestritten, bzw. als Approximationstheorie betrachtet, da es laut deren Ansicht keinen Beweis für die Existenz von Plumes gibt. Sie führen im Gegenzug alternative Erklärungen an, wie sich Vulkane an Hot Spots bilden (wie Hawaii; Island; Yellowstone Park, WY, USA), wo die Eruptionen weit entfernt von den Grenzen der tektonischen Platten stattfinden.
Diese heftige, fast an Bilderstürmerei grenzende Diskussion erinnert an Alfred Wegener (siehe oben) und wird von der englischen Geologin Gillian Foulger von der Univ. Durham angeführt. Zum Diskussionsthema "Plume" gibt es eine eigene und mittlerweile umfangreiche Website: www.mantleplumes.org.
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Aus dem Erdmantel in die Asthenosphäre (Fließzone unter der 70-100 km dicken, starren Lithosphäre (folgende zähflüssige bzw. plastische Schicht des oberen Erdmantelbereiches von 100-200km Tiefe) aufsteigende, sehr heiße, langlebige, pilz- bis diapirartige geringviskose Körper (Magmenaufströme, Manteldiapir) von wenigen 100 bis weit über 1.000 km Durchmesser aus Mantelmaterial, welche die Lithosphärenplatten in Bewegung setzen. Oberhalb der Mantle Plumes können sich Hot Spots bilden (anorogener Vulkanismus). Trifft der Plume auf die Lithosphäre, staut er sich oder breitet sich flächig aus, wobei es zu Grabenbrüchen, Hebungen oder zur Lithosphärenausdünnung kommen kann.
Megaplumes sind vulkanische Erscheinungen, die nicht wie bei einem "normalen" Vulkanausbruch begrenzt sind, sondern Regionen von der Größenordnung eines Kontinentes haben können.
Der Begriff Megaplume setzt zum Verständnis einige Grundkenntnisse der "Wärmemaschine" unseres Planeten voraus.
Die Wärme der Erde beruht auf drei Ursachen:
Innerhalb der relativ dünnen isolierenden Schicht der Erde (Lithosphäre) wird Wärme durch Konduktion weitergegeben. Allerdings findet der Wärmetransfer innerhalb des tieferen Erdmantels durch thermische Konvektion statt. In anderen Worten: durch den physischen Transport heißen, jedoch plastischen (viskosen) Materials zur Erdoberfläche.
Durch die sich der Erdoberfläche nähernden Konvektionsströme findet im Erdmantel eine isothermische (decompression) Aufschmelzung statt und das so gebildete basaltische Magma dringt an thermischen Hot Spots und entlang der mittelozeanischen Rücken zur Erdoberfläche.
Durch seismische Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass sich besonders am Boden der unteren Hälfte des unteren Erdmantels Schichten kalter, dichter ozeanischer Platten akkumuliert haben, wobei es den Anschein hat, dass diese in den Mantel unterhalb der tiefen ozeanischen Gräben entlang der Peripherie des Pazifik (ein breiter Bogen, der sich von Japan bis Indonesien und unterhalb der ostpazifischen Marge von Nord- nach Südamerika erstreckt) abgetaucht sind.
Seismisch-tomographische Modelle weisen die Gegenwart von pilzähnlichen Blasen an, welche wahrscheinlich heißer als das durchschnittliche Gestein sind und welche eine horizontale Ausdehnung von mehreren tausend km haben. Diese immens großen Strukturen scheinen sich am Boden des Erdmantels zu befinden und türmen sich zu Höhen von über 1.000 km auf.
Die beiden größten dieser Megaplumes aus heißem Gestein befinden sich unterhalb von Afrika und unterhalb des südzentralen Pazifik. Vor kurzem wurde erkannt, dass die afrikanische Megaplume sich bis zum oberen Ende des Erdmantels erstreckt. So wird die Landmasse und der sie umgebende Ozeanboden im südlichen Afrika seit ca. 100 Mio. Jahren gehoben und gehört mit mehr als 1.600 km Durchmesser und einer Höhe von 1.500m zu den größten Plateaus der Erde.
Dieser Megaplume ist offensichtlich die Ursache vieler aktiver und kürzlich aktiver vulkanischer Aktivitäten, besonders im Gebiet des afrikanischen Riftsystems; der andere Megaplume ist Ursache für die Bildung zahlreicher vulkanischer Inseln im zentralen Teil des Pazifik (Polynesien, Hawaii).
Ein gewaltiger Megaplume im Atlantik (Tristan de Cunha mantle plume) ist wahrscheinlich auch für das Zerbrechen des Gondwana-Kontinents und die Trennung von Afrika im Mesozoikum verantwortlich.
Als Folge des Megaplume-Vulkanismus wurden gewaltig große Landstriche mit mehr als 2 km mächtigen Basaltschichten überdeckt (Paraná in Brasilien und Namibia, Dekkan Traps in Indien, der Sibirische Trapp in N-Russland, etc.).
Ausbrüche von Megaplumes an der Erdoberfläche waren selten; die meisten fanden an den Ozeanböden mit größeren Basaltpateaus statt. Es wird angenommen, dass die stärksten Megaplume-Aktivitäten in der Kreidezeit (ca. 135 m.a.) begannen und bis zum Paläozän (65 m.a.) dauerten. Aus dieser Zeit resultieren u.a. die Gebirge Nord- und Südamerikas (Rocky Mountains bis Anden/Kordilleren), die aufgrund einer enormem Lavaproduktion im Pazifik und dadurch verstärkter Subduktion durch beschleunigte Krustenbildung entstanden sind; die gewaltigen Aufschmelzungsprozesse erzeugten die Granite der Anden und der Sierra Nevada.
In der Literatur werden manchmal Megaplumes mit Wirbelungsvorgängen im Ozean gleichgesetzt; dies stimmt nicht, sie sind nur Ursache für ebensolche Wirbeleffekte.
Magmatische Ströme aus dem Erdinneren bilden unter dem Meeresboden einen Magmadom (heiße Stellen, Hot Spots), wobei der Temperaturverlauf umgekehrt wird - aufgeheiztes Tiefenwasser ist unten, kälteres Wasser darüber. Das leichtere heiße Tiefenwasser schraubt sich in teilweise riesigen Wirbeln an die Oberfläche; das kältere Oberflächenwasser ist schwerer, rauscht in spiralförmigen Wirbeln außen herum, beschleunigt die Oberflächenströmung und füllt das Ganze wieder auf. Diese Wirbelungsvorgänge, ähnlich einem Unterwassertornado, werden als Megaplume bezeichnet.
Die durch die Megaplumes erzeugten Wirbelungen rotieren bis zu einigen Wochen und verlieren sich dann wieder.
Eines der bekanntesten Megaplume-Ereignisse fand im Jahr 1986 vor der Juan-de-Fuca-Schwelle statt, wo auf einen Schlag tausende Tonnen von 1.200°C heißem Magma in den Pazifik gespien wurde.
"Normale Plumes" sind durch relativ eingegrenzte vulkanische Erscheinungen gekennzeichnet; Beispiele dafür: Plumes unter den Inselketten von Island sowie unter der Vulkaneifel.
s.a. > Geologisches Portrait/Magmatismus, Erdmantel, Magma, Magmadom, Diapir, hot spot, Rift, Triple Junction