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Transfer-Methode

Bergung und Konservierung von Wirbeltier-Fossilien aus der Ölschiefergrube Messel

Mit Hilfe der Transfer-Methode werden erdfeuchte Fossilfunde aus der Ölschiefergrube Messel in dauerhaft beständige Präparate umgewandelt. Dabei wird zunächst die fossile Substanz mit Epoxid-Harz getränkt und anschließend der umgebende Ölschiefer vollständig entfernt.

Die Transfer-Methode wird seit Mitte der 1970er-Jahre bis heute (2020) von den führenden Forschungsinstitutionen als wichtigste Konservierungsmethode für Fossilfunde aus Messel nahezu unverändert angewendet. Ohne diese Methode wäre eine Erhaltung der meisten Funde aus der Ölschiefergrube Messel vermutlich nicht möglich gewesen.

Problematik der Fossilfunde in Messel

Die Fossilien liegen normalerweise flach in den Ölschieferplatten eingebettet und treten als rostfarbene Gebilde zu Tage. Der Ölschiefer liegt in dünnen feuchten Schichten übereinander, deren Stärke oft nur Bruchteile eines Millimeters beträgt. Der Feuchtigkeitsgehalt beträgt ca. 40 %.

Ölschiefergrube Messel - Fossilienfund
Ölschiefergrube Messel - Fossilienfund
Fund eines Fisches im Zustand vor Ort
Copyright: prospector56; Beitrag: prospector56
Lexikon: Transfer-Methode
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Lizenz: Nur zur Mineralienatlas-Projekt-Verwendung
Ölschiefergrube Messel - Fossilienfund

Fund eines Fisches im Zustand vor Ort

prospector56

Bei starker Sonnen- oder sonstiger Wärmeeinwirkung vollzieht sich ein minutiös ablaufender und wie im Zeitraffer eines Films zu beobachtender Trocknungsprozess, wobei die vorher freigelegte ebene Oberfläche des Ölschieferblocks in zahlreiche Plättchen zerfällt, deren Kanten sich schuppenartig der Wärmequelle entgegenwölben, von der darunter liegenden nächsten glatten Schicht abplatzen, wodurch diese schließlich dem gleichen Trocknungsvorgang, d.h. der Verwitterung ausgesetzt wird. Im gleichen Maße und mit derselben Geschwindigkeit zerfällt ein freigelegtes Fossil, wenn es nicht ohne Verzug fachgerecht geborgen und vor Wärme und Trockenheit geschützt und aufbewahrt wird.

fossiles Blatt
fossiles Blatt
ausgetrockneter Ölschiefer auf der Abraumhalde
Copyright: skibbo; Beitrag: skibbo
Fundort: Deutschland/Hessen/Darmstadt, Bezirk/Darmstadt-Dieburg, Landkreis/Messel/Ölschiefergrube Messel
Fossil: Angiospermae, Plantae
Bild: 1231843467
Wertung: 9.5 (Stimmen: 2)
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fossiles Blatt

ausgetrockneter Ölschiefer auf der Abraumhalde

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Damit sind die Fossilien aus Messel mit Abstand schwieriger zu bergen und zu konservieren als Stücke von anderen Fundstellen.

Historie: Erste Konservierungsversuche

Die Bedeutung der Messeler Fossilfunde für die Paläontologie wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erkannt. Bis Mitte der 1970er-Jahre wurden für die Konservierung verschiedene Methoden angewendet, die jedoch allesamt nicht den gewünschten Erfolg brachten. Hier ist vor allem das so genannte Austauschverfahren zu erwähnen. Dabei versuchte man, das im Ölschiefer vorhandene Wasser durch Paraffin oder Glyzerin zu ersetzen. In beiden Fällen wurde der komplette Ölschieferblock mit dem Fossil konserviert [1]. Auch die Lackfilm-Methode und das Umbetten auf Kreidewachs haben sich nicht bewährt. Eine Kunstharz-Transfer-Methode und deren Anwendung auf Messeler Fossilien wird erstmals 1961 erwähnt.[2].

Die Rolle der Amateure

Der Erfolg der Transfer-Methode ist eng verknüpft mit der Grabungstätigkeit durch Amateur-Paläontologinnen und Paläontologen in Messel. Deren engagiertem und beharrlichem Einsatz und einem intensiven Erfahrungsaustausch ist es zu verdanken, dass nach etlichen Misserfolgen die geeignete Methode zum Umbetten der Fossilien gefunden werden konnte.

Versuche einzelner Amateure fanden dabei offenbar schon Mitte der 1960er-Jahre statt, wurden von den „offiziellen Institutionen“ allerdings als nicht erfolgversprechend bewertet.[3] Mitte der 1970er-Jahre begannen in Messel Grabungen durch zahlreiche Amateure. Ganze Familien zogen nach Messel, und es machte sich, von den zuständigen Behörden geduldet, eine Art „Goldgräberstimmung“ breit.

Ölschiefergrube Messel - Amateure auf dem Weg in die Grube
Ölschiefergrube Messel - Amateure auf dem Weg in die Grube
Aufnahme von 1974
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Ölschiefergrube Messel - Amateure auf dem Weg in die Grube

Aufnahme von 1974

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Ölschiefergrube Messel - Grabung durch Amateure
Ölschiefergrube Messel - Grabung durch Amateure
Aufnahme von 1974. Im Vordergrund: Joachim Bluth (Alter: 18 Jahre)
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Ölschiefergrube Messel - Grabung durch Amateure

Aufnahme von 1974. Im Vordergrund: Joachim Bluth (Alter: 18 Jahre)

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Ölschiefergrube Messel
Ölschiefergrube Messel
Morgenstimmung
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Ölschiefergrube Messel

Morgenstimmung

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Nur wenige der Hobby-Paläontologen wussten allerdings, wie die Bergung und Konservierung der gefundenen Fossilien fachgerecht durchzuführen sei. Vor allem durch die VfMG-Mitglieder der örtlichen Gruppen wurden die Kenntnisse von einigen wenigen, die wussten wie es geht, intern weitergeben. Ab ca. 1974 war die Transfer-Methode schließlich in den Sammlerkreisen etabliert. Sie wurde weiterentwickelt und verfeinert.

Ablauf der Bergung und Präparation durch Amateur-Paläontologen

Die Ölschieferplatte muss unmittelbar nach dem Freilegen zusammen mit dem Fossileinschluss gut angefeuchtet und zunächst auch in diesem Zustand erhalten werden. Zu diesem Zweck kann beispielweise feuchtes Zeitungspapier verwendet werden, in das die Funde eingeschlagen werden. Zum Schutz gegen spätere Feuchtigkeitsverluste werden dann die gut verpackten Stücke in Plastiktüten gelegt und bis zur Konservierung aufbewahrt. Zuhause wird die Ölschieferplatte auf eine feste Unterlage, möglichst auf einen Arbeitstisch, gelegt:

Konservierung eines Messel-Fossils
Konservierung eines Messel-Fossils
Vorbereitung des Fundes zum Trocknen
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Lexikon: Transfer-Methode
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Konservierung eines Messel-Fossils

Vorbereitung des Fundes zum Trocknen

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Vor dem Eingießen ist die Ölschieferplatte so herzurichten, dass sie waagerecht liegt. Nun wird die Platte von Schmutz und losen Ölschieferstücken befreit und mit einem Spachtel glatt geschabt. Man kann schon während der Freilegung des Fossils durch mäßiges Bestreichen mit Warmluft die Oberflächenfeuchtigkeit der Matrix beseitigen, jedoch nur so weit, dass die sichtbare Nässe verschwindet. Allzu leicht verwandelt sich nämlich unter dem Einfluss der Trockenluft die glatte Oberfläche in die bereits erwähnten Schuppen, durch die der Fund rasch verdorben sein kann. Man vermeidet dies, indem man die leicht abgetrocknete, das Fossil umgebende Ölschieferfläche mit Zaponlack dick bestreicht.

Waren das Fossil und der es umgebende Ölschiefer bis zum Beginn der Konservierungsarbeiten möglichst nass oder zumindest feucht zu halten, so gilt es nun, vor allem das Fossil gründlich und vollständig zu trocknen, ohne dass es dabei zu Beschädigungen kommt. Dieses geschieht am zweckmäßigsten mit Warmluft, die mit einem Fön erzeugt wird. Das Fossil wird vor der Warmluftzufuhr gründlich mit Azeton getränkt. Mit einem weichen Pinsel lässt sich diese Flüssigkeit leicht auftragen, wobei darauf geachtet werden muss dass das Azeton möglichst nur mit dem Fossil in Berührung kommt.

Konservierung eines Messel-Fossils
Konservierung eines Messel-Fossils
Trocknungsvorgang
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Lexikon: Transfer-Methode
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Konservierung eines Messel-Fossils

Trocknungsvorgang

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Da Azeton die Eigenschaft hat, Wasser an sich zu reißen, andererseits aber durch Erwärmen verdunstet, wird das Fossil bereits nach wenigen Minuten trocken sein. Normalerweise nimmt es im trockenen Zustand eine hellbraune Färbung an. Nun gilt es rasch zu handeln. Mit weichem Glaserkitt wird eine Abgrenzung der zu gießenden Kunstharzplatte in der Form eines Rahmens geknetet und fest auf die Schieferplatte auf-gedrückt. Dabei ist darauf zu achten, dass zwischen Kitt und Schiefer keine Zwischenräume bleiben, durch welche das Gießharz aus der Form herauslaufen könnte. Ferner sollte der Kittrahmen einige Millimeter höher sein als die Stärke der zu gießenden Platte.

Konservierung eines Messel-Fossils
Konservierung eines Messel-Fossils
Einfüllen von Epoxidharz
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Konservierung eines Messel-Fossils

Einfüllen von Epoxidharz

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Die benötigte Menge Epoxidharz wird zusammen mit dem entsprechenden Härter in einem Glasgefäß (kein Kunststoff!) so lange umgerührt, bis sich der Härter völlig aufgelöst hat, d.h. die Mischung transparent geworden ist. Das Anrühren und Mischen nimmt etwa eine Minute in Anspruch. Bei der Verwendung von Härtern sollte darauf geachtet werden, dass in etwa das richtige Mischungsverhältnis eingehalten wird. Bleibt man nämlich unter der vorgeschriebenen Härtermenge, so wird der Trocknungsprozess sehr lange dauern, ja es kann unter Umständen passieren, dass die Gießmasse, überhaupt nicht abbindet. Andererseits sollte aber auch nicht zu viel Härter genommen werden, da dann das Harz unter starker Wärmeabgabe so schnell abbindet, dass die Platte reißt. Der Erstarrungsvorgang läuft also abhängig von der Härtermenge schneller oder langsamer ab.

Danach wird die Kunstharzmasse vorsichtig in den Rahmen eingegossen, wobei das Fossil vollständig verschwindet. Zur Erhöhung der Bruchsicherheit der fertigen Platte können in die noch frische Gießharzmasse Lagen streifenförmig passend zugeschnittener Matten aus dünnem Glasfaservlies eingelegt werden.

Konservierung eines Messel-Fossils
Konservierung eines Messel-Fossils
Einlegen von Glasfaser-Vlies
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Konservierung eines Messel-Fossils

Einlegen von Glasfaser-Vlies

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Nachdem die Gießharzplatte völlig trocken und fest geworden ist, wird das Präparat gedreht und der Kittrahmen abgenommen. Danach wird die Platte zusammen mit dem Fossil vorsichtig mit einem Spachtel oder einem Messer von der Ölschiefermasse gelöst. Das Fossil wird jetzt immer noch unter einer dünnen Ölschieferschicht verborgen liegen.

Es gilt nun, alle Ölschieferreste von der Kunstharzplatte zu entfernen und das Fossil endgültig freizulegen. Zu diesem Zweck taucht man das Präparat in einen Eimer Wasser und beseitigt zunächst mit einer nicht zu harten Metallbürste, später mit einer weichen Handbürste alle das Fossil umgebenden oder es bedeckenden Fremdstoffe.

Je nach Empfindlichkeit des zu präparierenden Fossils sollte bei der Freilegung äußerst vorsichtig und gewissenhaft vorgegangen werden. Unter Umständen werden die letzten Feinheiten etwa bei einem Vogel oder bei einer Fledermaus sorgfältig mit einer Zahnbürste herauspräpariert. Nach der Säuberung liegt ein Epoxidharz - "Rohling" vor, der die Stelle der Ölschieferplatte eingenommen hat und mit dem das Fossil jetzt fest verbunden ist. Nun müssen alle Wasserrückstände von der Platte beseitigt werden, wobei der Fön wieder gute Dienste leistet. Eine Trocknung durch Warmluft hat den Vorteil, dass eventuell noch auf oder an dem Fossil verborgene Ölschieferreste abblättern und leicht zu entfernen sind.

Im trockenen Zustand sieht die Gießplatte grau und eher schmutzig aus und das Fossil hebt sich noch recht farblos und unscheinbar von seiner neuen Umgebung ab. Die Ränder der Platte zeigen sich grob und noch so unregelmäßig wie sie aus der Kittumrahmung herausgekommen sind. In der Umgebung des Fossils gibt die Kunststoffmasse alle Unebenheiten der ursprünglichen Ölschieferplatte deutlich wieder. Die Unebenheiten der Plattenränder werden mit einer Handsäge vorsichtig gerade geschnitten und mit feinem Schmirgelpapier glatt geschliffen.

Zum Schluss kann die gesamte, das Fossil umgebende Harzplatte mit unverdünnter schwarzer Plaka-Farbe angestrichen werden, durch die nach dem Abtrocknen der Eindruck entsteht, als sei das Fossil in seine ursprüngliche Umgebung, nämlich den Ölschiefer, zurückgekehrt. Viele der in den 1970er-Jahren entstandenen Präparate wurden auf diese Weise behandelt. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet sollte auf die Anwendung von Farbe allerdings verzichtet werden, damit evtl. wichtige Details nicht „übertüncht“ werden. Anschließend kann die Platte mit einer weichen Haarbürste behandelt werden, die dem Fund den letzten Schliff gibt.

Ölschiefergrube Messel - fertig präpariertes Fossil
Ölschiefergrube Messel - fertig präpariertes Fossil
Ergebnis der Bergung und Konservierung mittels der Transfer-Methode
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Lexikon: Transfer-Methode
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Ölschiefergrube Messel - fertig präpariertes Fossil

Ergebnis der Bergung und Konservierung mittels der Transfer-Methode

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Aktuelle Entwicklung

Die Transfer-Methode wird durch die führenden Forschungsinstitutionen seit den 1970er-Jahren nahezu unverändert für die Konservierung von Wirbeltier-Funden angewendet.[4] Zur Anfertigung völlig freitragender, dreidimensionaler Präparate bei sehr kompakten Skeletten wie z.B. Krokodilen oder Schildkröten wurde die Transfer-Methode modifiziert. Nach dem Freilegen des Fossils von einer Seite wird dieses durch Injizieren von Epoxidharz gehärtet. Nach dem Abdecken mit Aluminiumfolie wird eine Stützform aus Silikonkautschuk aufgebracht. Nach dem Entfernen des Ölschiefers auf der Gegenseite wird das Fossil nochmals getränkt und ausgehärtet. Danach kann es als freitragendes Präparat aus der Stützform genommen werden.[5]

Quellen:

  • Gruber, G.; Micklich, N. (2007 Hrsg.). Messel - Schätze der Urzeit. Hessisches Landesmuseum Darmstadt. 3. Aufl. 2011, ISBN 978-3-534-24695-3;
  • Bastelberger, T. (2012) in: www.Steinkern.de
  • Schaal, F.K., Smith, K.T. & Habersetzer, J. (2018 Hrsg.): MESSEL - ein fossiles Tropenökosystem. Senckenberg-Buch 79. ISBN 978-3-510-61410-3

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Einordnung


 

Einzelnachweise

  • 1. Gruber, G.; Micklich, N. (2007 Hrsg.). Messel - Schätze der Urzeit; S. 18-20
  • 2. Schaal, F.K., Smith, K.T. & Habersetzer, J. (2018 Hrsg.): MESSEL - ein fossiles Tropenökosystem; S. 36
  • 3. Bastelberger, T. (2012) in: Steinkern; https://www.steinkern.de/steinkern-de-galerie/messel/palaeochiropteryx-tupaiodon-revilliod-1917-11029.html(aufgerufen am 18.10.2020)
  • 4. Schaal, F.K., Smith, K.T. & Habersetzer, J. (2018 Hrsg.): MESSEL - ein fossiles Tropenökosystem; S. 36-37
  • 5. Gruber, G.; Micklich, N. (2007 Hrsg.). Messel - Schätze der Urzeit; S. 20