Changsha 2013 Mineral & Gem Show Messebericht
Ein Kommentar und Messebericht von stoanklopfer
Zusammenfassende Betrachtung
Changsha - allgemein bekannt als ein Zentrum des Mineralienhandels in China - hat gerufen. Als Hauptstadt einer der an Bergbau und Mineralfundstellen reichsten Provinzen lud die Stadt zur ersten International Mineral & Gem Show vom 16. bis 20.5.2013. Die Ankündigungen eines "Tucson des Fernen Ostens" ließen natürlich hohe Erwartungen aufkeimen. Die von den Veranstaltern selbst gesteckten Ziele wurden aber nur teilweise erreicht, was aber auf Grund der relativ kurzen Vorbereitungszeit und der fehlenden Erfahrung nicht weiter verwunderlich ist. Das Ergebnis war ein in vieler Hinsicht gut organisiertes Event, das großes Bemühen und auch große Ziele erkennen lässt. Wenn die "Kinderkrankheiten" bis zum nächsten Mal ausgemerzt oder zumindest verringert werden, steht der Changsha-Show als einer der großen Mineralienmessen nicht mehr viel im Weg. Mineralienmäßig natürlich mit Schwerpunkt China, war aber durch die internationale Beteiligung auch ein bunt gemischtes Spektrum von Ausstellungs- und Verkaúfsexponaten vorhanden. Typisch chinesisch: alles muß groß sein! Leider waren es auch die Preise, die auch bei den chinesischen Händlern durch die "großen Vorbilder" aus dem Westen teilweise exorbitant waren. Da natürlich vorwiegend für die finanziell sehr potente chinesische Oberschicht ausgerichtet (diese stellt den größten Konsumentenkreis), ist das nicht weiter verwunderlich. Geld spielt in diesen Kreisen keine Rolle, aber es interessiert auch niemanden, was man kauft, oder woher es kommt. Hauptsache, es klotzt! Natürlich war auch für den "normalen" Sammler einiges geboten, wenn man auch lange nach erschwinglichen Stücken suchen musste. Resumee: Changsha ist allemal eine große, interessante und gelungene Schau, der man für die Zukunft nur das Beste wünschen kann. Einige Adaptionen, einige Erleichterungen für ausländische Teilnehmer, und man wird auch in Zukunft wieder gerne zu dieser Messe am anderen Ende der Welt kommen.
Erwartungen und erste Eindrücke
Die schon lange angekündigte Show war für mich fast ein Muss, nachdem ich mich nun schon 7 Jahre in China aufhalte und die chinesische Einstellung, sich zu präsentieren, einigermaßen kenne. Alleine die Ankündigung, den anderen Shows in Tucson, München oder St. Marie irgendwann den Rang abzulaufen, ließ einiges erwarten. Immerhin war die Rede von 1000 bis 1200 Ausstellern und erwarteten 200.000 Besuchern. Nun ja, Zahlen sind in China immer mit Vorsicht zu betrachten, wie sich weiter unten noch zeigen wird.
Jedenfalls war das Medieninteresse sehr groß (es handelte sich ja schließlich um eine nationale Angelegenheit) und auch die öffentliche Werbung war bestens organisiert. Schon bei meiner Ankunft am neuen Südbahnhof von Changsha konnte man Videos zur Show betrachten, auf der Fahrt in die Stadt und dann speziell zur Show war praktisch jeder Laternenmast mit Werbebannern behängt. Schließlich wurde die Show ja als eines der ganz großen Events der letzten Jahre hingestellt (nach Olympiade und Expo).
Ich erreichte das riesige Hunan International Convention Center um die Mittagszeit und war etwas enttäuscht über die geringe Zahl von Leuten davor. Allerdings - ganz chinesisch - es war Lunchzeit, da geht man essen, egal was gerade passiert. Nach Kauf des Tagestickets (ca. 5 Euro) wird beim Eingang erst einmal der mitgebrachte Rucksack gecheckt und wie am Flughafen (nur halb so streng) wird man mit einem Metalldetektor untersucht. Es interessiert allerdings niemanden, was man mit hinein nimmt.
Eintritt geschafft. Erster Eindruck innen: riesige Videowall und viel Platz, dahinter ahnt man schon die eigentliche Show. Als erstes bekommt man die Stände von The Arkenstone, Kristalle, Minerama, Collector's Edge, Zhengs Fine Minerals zu sehen und ahnt schon, was dort ausgestellt und angeboten wird. Erst dahinter öffnet sich der für Otto Normalverbraucher interessante Teil mit den kleinen Händlern. Vorwiegend natürlich Chinesen, aber auch Pakistanis, Inder, Japaner etc. bieten in ihren Ständen Gewohntes, Bekanntes, aber auch selten Neues an.
Nach einem ersten Orientierungsrundgang konnte ich mit dem Fotografieren beginnen, allerdings waren da schon wieder einige Leute vom Mittagessen zurück und drängten sich fallweise vor einzelnen Exponaten. Als erstes muss man feststellen, dass chinaüblich vorwiegend große (teilweise wirklich sehr große) Stücke ausgestellt wurden. Kleinkram, wie er unsereins interessiert, also Kleinstufen, gabs auch genug, hier war auch genug Platz, sich umzusehen. Auffallend, aber nicht überraschend: es gab nirgendwo Micromounts.
Im Erdgeschoss konzentrierten sich alle Mineralienhändler, sowie die wenigen Fossilienhändler. Dazu die Sonderschauen der Hunan Nonferrous Metals Holding Group Co. Ltd., eine Schau der Stadt Chenzhou - city of mineral and crystals across China, ein Informationsstand des Zhangjiajie World Geological Parks, sowie die Restaurantecke.
Die Sonderschau der Fossilien (mit einem Archaeopteryx-Exemplar) war größer als der Bereich mit Fossilienhändlern.
Der zweite Stock beherbergte neben der Opal-Sonderschau ausschließlich Juwelen- und Schmuckhändler.
Nächster Eindruck: Die Masse der Besucher hielt sich für mein Empfinden in Grenzen (auch am 2. öffentlichen Tag). In München hatte ich nie soviel Platz mich zu bewegen wie hier. Einen guten Teil des Publikums machten auch herumwandernde und fotografierende Helfer der Organisation sowie Securityleute (und von beiden gabs mehr als genug) aus. Lediglich die waffentragenden Securities hatten offenbar keine Hand frei für Fotos, dafür immer eine am Drücker.
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Auch der Spass kam nicht zu kurz: Nach dem Vorbild von München war auch eine Goldwasch-Ecke für Kinder eingerichtet, und auch das Geodenknacken fand regen Zulauf. Wobei mir beim Geodenknacken wieder einmal eine grundlegende chinesische Eigenschaft aufgefallen ist - die Neugier. Nach dem Öffnen der Geode stürmten plötzlich alle Umstehenden hin, um sie als erste in der Hand halten zu können, egal, wer dafür bezahlt hat. Und die Preise für eine ungeöffnete Kugel gingen bis zu 600 RMB! Aber man muss keine Angst haben, es kommt letztlich nichts abhanden.
Exponate
Was es zu sehen gab, war schon beeindruckend. Neben den besonders angekündigten Stufen (Rhodochrosit "Empress of China" aus Wutong, die größte in Privateigentum befindliche Goldstufe, das "Ausrox Nugget") war der ebenfalls angekündigte größte schwarze Opal der Welt nur schwer zu finden, dieser war irgendwo am Rande der Ausstellung relativ lieblos untergebracht.
Die renommierten Händler hatten natürlich einiges in ihren Vitrinen zu bieten. Vom größten je in Pakistan gefundenen Morganit bis hin zu brasilianischen Turmalinen und den Klassikern aus der Sweet Home Mine und aus Rogerley war wirklich alles vorhanden.
Der für mich interessantere Teil - der "leistbare" - hatte auch einiges zu bieten, v.a. natürlich chinesische Funde (die mich naturgemäß besonders interessieren).
Was mich überraschte war, dass von einzelnen Neufunden, von denen ich gehört habe, nichts oder nur sehr wenig zu sehen war (wahrscheinlich wurde an den Händlertagen schon alles aufgekauft). So bekam ich keine Stufe der neuen mit realgarhältigem Calcit umwachsenen Antimonite zu sehen. Auch die angeblichen Stolzite aus China (Hunan) waren selbst chinesischen Händlern wie Dr. Chen aus Xiamen nicht bekannt, dafür zeigte dieser mir das einzige noch verfügbare Exemplar von neuem Wulfenit aus Hunan (allerdings zu einem horrenden Preis).
Ansonsten kann man zu den Exponaten nur sagen: groß, größer, chinesisch. Und gerade diese größten Stücke, für die man für jedes einzelne eine eigene Garage bräuchte, gingen offenbar gut weg. Die chinesische Klientel, die sich für Mineralien "interessiert", hat auch entsprechend viel Geld und daher auch Platz. Uninteressant, was es ist oder woher es kommt, Hauptsache es ist groß (zum Protzen) und teuer (nochmals zum Protzen), auch wenn immer wieder um den Preis gefeilscht wurde (give me this, but make best, best, best price!). So verwundert es nicht weiter, dass ein indischer Händler mit ausschließlich Großstufen der allseits bekannten Trapp-Basalt-Geoden als einziger total ausverkauft war!
Noch etwas zu den Größenangaben (wie gesagt, sind Zahlen in diesem Land mit Vorsicht zu geniessen): wenn man den Beschriftungen vieler Großstufen glaubt, bräuchte man nicht nur eine Garage, sondern eine Lagerhalle für ein Exemplar. Chinesen verwechseln gerne cm und mm, daher regt die Angabe z.B. 3700cmx1200cmx470cm schlicht zum Schmunzeln an... Aber es fällt niemandem auf!
Was mir aber angenehm aufgefallen ist, es fehlt scheinbar der gesamte Esoterik- und Heilsteinschrott, der die europäischen Börsen langsam überschwemmt. Dafür sind hier vielerlei bearbeitete und auch künstlerisch verarbeitete Steine zu sehen. So hat z.B. Stone Art Gifts einen der am meisten besuchten Stände gehabt mit einer runden Tafel, wie sie in chinesischen Restaurants üblich sind. Alle Speisen waren aus Stein hergestellt und entsprechend drapiert! Ein wirklich gelungenes Bild, das viele Leute zum Staunen brachte.
Weitere Bilder der diversen Sonderschauen und Händlerstände:
Preise
Nun, das ist ein ganz eigenes Thema. Von den großen Händlern ist man ja einiges gewohnt. Aber was ich selbst in den "hinteren Reihen" erlebt habe, ist schlicht unverschämt. Chinesische Händler (so gut wie alle, auch die Kleinhändler) glauben offensichtlich, ihre Preisgestaltung an die großen Vorbilder angleichen zu müssen, ohne allerdings irgendeinen Hintergrund zu haben. So habe ich z.B. eine nette Kleinstufe mit einem schönen Cinnabarit aus Tongren in der Hand gehabt, die mir gefallen hätte. Ich habe ähnliche Stücke schon vor Jahren bei einem befreundeten Händler in Guangzhou erworben, das Stück für 100 bis 200 RMB (zugegeben ein Freundschaftspreis), deshalb rechnete ich mit einem Preis von ca. 500 bis 600 RMB nach Changsha-Maßstäben. Nach der Preisangabe (8.000 RMB) des Händlers bekam ich kurzfristig einen Lachanfall und legte das Stück wieder zurück. Bei einem anderen war die Diskrepanz noch viel größer: keine Zinnoberstufe unter 30.000 RMB (ca. 3.750 Euro)!
Genug des Zinnobers. Diese Preisgestaltung zog sich wie ein roter Faden durch die gesamte Show. Das bei oben erwähntem Händler aus Xiamen gesehene Wulfenitexemplar (ein 4 mm Kristall auf Matrix) war mit 500 ausgezeichnet. Ich wollte schon zugreifen, aber auf die Frage RMB oder Dollar, bekam ich die Antwort: "Natürlich Dollars!". Allerdings fand ich nach einigem Suchen doch noch Händler, bei denen ich mir die wenigen Stücke nach enigem Verhandeln doch noch leisten konnte, ohne ins Schwitzen zu geraten.
Infrastruktur
In einer Ecke im Erdgeschoss war der sogenannte Restaurantbereich eingerichtet. D.h., ein lieblos zusammengestelltes Potpourri aus (wahrscheinlich) ehemaliger Bahnhofseinrichtung, einem kleinen Buffet, einer Versorgung mit "Essen auf Rädern" (fertiges Plastikmenü - "Fish or beef?" - für 20 RMB, ich kann um 10 RMB in einer Straßenküche besser essen), sowie dem kleinsten McDonald-Stand der Welt (an dem nur Bestellungen aufgenommen wurde, worauf einer in einen nahegelegenen McDoof gedüst ist um die Bestellung zu bringen). Auf den Tischen türmte sich der Müll, der nur sporadisch entfernt wurde, und der Essensbereich wurde auch ausgiebig als Raucherecke benutzt. Dazu der Ausblick und fallweise auch eine Geruchsfahne aus den gegenüberliegenden Toilleten. Alles das stört zwar keinen Chinesen, aber für eine internationale Show sollte hier doch noch einiges dazugelernt werden.
Es gab im gesamten Ausstellungsbereich keinen Geldausgabeautomaten. Als ich Geld abheben wollte, schickte man mich zur Bank of China, deren Niederlassung aber außerhalb des Showbereichs ist (wenn auch innerhalb des Gebäudes). Da aus unerfindlichen Gründen meine Kreditkarte nach langen Telefonaten abgelehnt wurde (wie sich herausstellte, gab es keinen Grund und ich bekam mein Geld am nächsten Tag problemlos), wollte ich wieder zurück in die Ausstellung. Eines der vielen Helferlein ließ mich aber nicht mehr zurück, sondern behauptete, ich müsste ein neues Ticket besorgen, da jedes Ticket nur zum einmaligen Eintritt berechtigt. Nach langem Hin und Her durfte ich dann doch noch ohne erneute Zahlung zurück. Vielleicht sollte man das nächste Mal den Security-Schranken doch nach der Bank installieren...
Resumee
Die immer wieder erwähnten 1000 bis 1200 Händler (Crystalclassics spricht sogar von kolportierten 1600) kann ich auf keinen Fall bestätigen. Meine Schätzung geht bis 400, vielleicht 500 Mineralien- und Fossilienhändler, dazu vielleicht 300 Schmuckhändler. Insgesamt wurden vom Veranstalter 1200 "booths" zur Verfügung gestellt. Wenn man bedenkt, dass nicht wenige Händler 2 oder mehr dieser Stände gemietet haben, können die 1200 nie erreicht worden sein. Die Zahlen kommen wahrscheinlich dadurch zustande, dass auch die ausschließlichen Einkäufer als Händler registriert waren. Von 200.000 Besuchern konnte ich auch nicht viel erkennen. Ich denke, die Angabe von 100.000 Besuchern an allen 5 Tagen, die Crystalclassics erwähnt, kommen schon eher hin. Aber in China muss eben alles (mindestens!) wie angekündigt sein, oder man findet schon einen Weg, auf die Zahlen zu kommen.
Mein Eindruck ist, die Changsha-Show ist vielleicht größenmäßig vergleichbar mit München. Wobei das Flair der Münchner Mineralientage (oder von Tucson, das ich nicht persönlich kenne) bei weitem nicht erreicht wird. Für mich war die Show zwar sehr interessant, es gab teilweise atemberaubende Stücke zu sehen, allerdings waren die Preise auch atemberaubend. Ich glaube (ohne zu wissen, was an den Händlertagen abgelaufen ist), dass die Changsha-Show in erster Linie für viele westliche Händler eine neue Chance ist, günstig an chinesisches Material zu kommen. Allerdings wenn man die von Crystalclassics beschriebenen Probleme mit Zoll und Finanz in Betracht zieht, wird es wohl in Zukunft nur mehr wenige Westler geben, die sich diesen Stress antun, sich in Changsha zu beteiligen. Hier sollte sich wirlich noch einiges ändern (inklusive Preisregulierung), um das angestrebte Ziel, eine der weltweit renommiertesten Shows zu werden, auch zu erreichen. Man merkt das Bemühen, allerdings ist die Idee und v.a. die Ausführung wie so vieles in den letzten Jahren einfach zu schnell gegangen. Einiges ist auch sicher auf die unterschiedliche Kultur und Auffassung von "Lebensstil" zurückzuführen und sollte daher auch von westlichen Besuchern akzeptiert werden. Es wäre wirklich arrogant zu verlangen, dass man alles auf westliche Ansprüche ausrichtet. Allerdings gibt es noch genügend Knackpunkte, die ausgeräumt werden können und sollten. Bleibt nur zu hoffen, dass die Veranstalter von anderen Shows und aus ihren eigenen Fehlern lernen, dann ist auch der Changsha-Show eine große Zukunft gewiss.
Und weil es so schön war, hier noch einige bunt gemischte Bilder zum Abschluss:
Einordnung