Glück Auf!
Serpentin ist ein Gestein, dass durch Metamorphose aus basischen bis ultrabasischen Gesteinen hervorgeht. Genauer gesagt handelt es sich um eine retrograde Metamorphose, bei der Wasser während der Mineralumwandlung aufgenommen wird, chemisch mit dem Ausgangsgestein reagiert und in die neuen Minerale eingebaut wird. Druck und Temperatur sind deutlich geringer als bei der Bildung der Ausgangsgesteine, aus denen sich der Serpentin bildete. Um hier mal zwei Nummern in den Raum zu werfen: 200°C und 5 kbar. Mir ist aber gerade wieder ein Serpentin vorgestellt worden, der Temperaturen von über 400°C gesehen haben soll. Wie so oft, darf man es nicht eng nehmen mit den Zahlen. Manche Prozesse können über einen weiten Wertebereich ablaufen, ohne das Ergebnis nennenswert zu beinflussen.
Bei der Umwandlung werden ein Großteil der ursprünglich vorhandenen Minerale wie Pyroxene und Olivin (Forsterit-Fayalit-Serie) zersetzt und deren Bestandteile zu neuen Mineralien (Chrysotil, Antigorit, Lizardit,...) umgebaut. Auch wenn die Metamorphose zum Serpentinit kein geschlossenen System ist, da ja mindestens Wasser zugeführt wurd, und auch Stoffe abgeführt werden können, so muss doch alles was an Bausteinen da ist, wieder in neue Minerale irgendwie verbaut werden. Aus einem Überschuss an Eisen und Sauerstoff, die nicht anderweitig in den Silikaten eingebaut werden, kann sich Magnetit bilden.
Dass der Magnetit dabei eine bestechend schöne oktaedrische Form annimmt, hat seine Ursachen in seiner Kristallstruktur und dem Streben unter den gegebenen Bildungsbedingungen ein energetisch niedriges und damit stabiles Niveau anzunehmen. Würde die Bildung des Magnetits keiner kristallografischen Ordnung folgen, wäre seine energetisch günstigste Form eine Kugel. Die Oberflächenenergie ist dabei am kleinsten. Viele kleine Magnetite werden sich auch zu einem einzigen Kristall zusammenfinden, um dadurch ihre gemeinsame Oberfläche zu minimieren. Dabei hilft, dass der Serpentin während seiner Bildung ohnehin fast alle seine Bestandteile auflöst und zu neuen Mineralien umbaut. Das erlaubt für einige Mobilität des überschüssigen Eisens und überschüssigen Sauerstoffs sich so zu großen Magnetiten zusammenzufinden. Beim Zusammenfinden spielt das Konzept des thermodynamischen Gleichgewichts eine große Rolle. Das thermodynamische Gleichgewicht beschreibt in welche Richtung Auflösung und Kristallisation verschoben sind. Auflösen und Kristallisation finden ständig parallel statt. Gerade an den Kristallgrenzen herscht viel Bewegung und ein ständiges Ausprobieren, um den energetischen Zustand zu minimieren. Nun hat der Magnetit aber auch eine kristallographische Struktur, die die Anordnung von Eisen und Sauerstoff festlegt. Und auch hier gibt es energetisch günstige Anbaustellen und energetisch ungünstige Anbaustellen. An den Kanten ist es energetisch günstig, was zur Bildung sehr glatter großer Oktaederflächen führt. Direkt auf den Oktaederflächen ist das Anbauen neuer Bausteine energetisch von Nachteil. Hier wird das Weiterwachsen also erst dann wahrscheinlicher, wenn die Wachstumsmöglichkeiten an den Kanten weitestgehend ausgeschöft sind.
Und der energetische Vorteil der Magnetitbildung ist sogar besser als beim Bau der ihn umgebenden Silikate. In der Wechselwirkung von Magnetit und Silikat wird also das Magnetitwachstum bevorteilt, so dass der Magnetit idiomorph wachsen kann. Noch zwei Anmerkungen zur Temperatur. Die Curie-Temperatur beschreibt eine Temperatur oberhalb derer Stoffe ihre permanentmagnetischen Eigenschaften verlieren. Bei Magnetit liegt sie bei 585°C, also recht hoch gemessen am üblichen Temperaurfenster für die Serpentinitbildung. Magnetit hat einen Bildungstemperaturebereich von grob 200 bis 600°C. Die oben genannten 200 °C für die Serpentinbildung dürften also hier etwas höher gelegen haben, um solch schöne Kristalle zu ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen
Das Felsenmammut